
Raucherpause. Eine Chance, mit Kolleginnen und Kollegen zu quatschen, ohne Glimmstengel wäre das natürlich besser. © Getty Images / ONOKY - Fabrice LEROUGE
Nichtraucher sind am Arbeitsplatz vorm Qualm der rauchenden Kollegen geschützt. Aber müssen Raucher zur Zigarettenpause ausstempeln? test klärt über die Rechtslage auf.
40 Minuten pro Tag
Raucherpausen während der Arbeitszeit – dazu hat fast jeder eine Meinung.„Die Zigarette zwischendurch und der Plausch mit Kollegen sind produktive Zeit“, sagen die Raucher. „Durch diese Extrapausen fühlen wir uns benachteiligt“, meint so mancher Nichtraucher. Gegner dieser Arbeitsunterbrechungen verweisen gern auf die hohen Kosten. „Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Kollegen in der Raucherpause zu 75 Prozent über den Job sprechen, kosten diese Pausen immer noch 6,8 Milliarden Euro jährlich“, sagt Professor Michael Adams von der Universität Hamburg. Seine Rechnung unterstellt, dass sich die Raucherpausen – wie von Arbeitgeberseite genannt – auf 40 Minuten pro Tag summieren.
Zum Rauchen ausstempeln
Angesichts der Milliardenkosten kommt so mancher Chef in Versuchung, die Extrapause für Raucher abzuschaffen. Darf er das? „Ja“, sagt Martina Perreng, Rechtsexpertin beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). „Der Arbeitgeber hat in seiner Firma ein Weisungsrecht. Außerdem ist Rauchen keine zulässige Arbeitsunterbrechung, wie etwa der Gang zur Toilette“, erläutert sie. Wenn jemand jede Stunde fünf Minuten eine Raucherpause einlegt, ist das rechtlich nicht anders zu bewerten als Einkaufen während der Arbeitszeit. Ob Raucherpausen bezahlte Arbeitszeit sind, darf ein Arbeitgeber selbst entscheiden, ohne Betriebsrat (Landesarbeitsgericht Schleswig Holstein 4 TaBV 12/07). Viele erlauben Raucherpausen während der Arbeit, es gibt aber keinen Rechtsanspruch darauf. Unternehmen dürfen von ihren Mitarbeitern verlangen, zum Rauchen auszustempeln oder ein Pausenbuch zu führen. Wer das Ausstempeln vergisst oder sich nicht an ein Rauchverbot hält, riskiert eine Abmahnung, bei mehreren Verstößen sogar eine Kündigung (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Az. 10SA 712/09 ).
Freiheit in der gesetzlichen Pause
Zumindest ein Raucherzimmer müsse der Arbeitgeber doch zur Verfügung stellen, fordern Raucher oft. „Auch das ist ein freiwilliges Zugeständnis des Arbeitgebers“, sagt Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Anders sieht es mit den gesetzlichen Pausen aus. Sie sind im Arbeitszeitgesetz geregelt: Jedem, der zwischen sechs und neun Stunden arbeitet, steht eine Pause von mindestens 30 Minuten zu. Über diese Zeit dürfen Mitarbeiter frei bestimmen und natürlich hier auch rauchen. Gestattet der Chef das nicht in der Firma, müssen sie das Betriebsgelände verlassen.
Raucherpausen immer unversichert
Was viele vielleicht nicht wissen: „Die Zigarettenpause und der Weg dorthin fallen nicht unter den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung“, sagt Stefan Boltz, Pressesprecher der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Das gilt sowohl für Mitarbeiter, die ausstempeln müssen, als auch für jene, die kurz eine Zigarette rauchen dürfen. Sollte ein Mitarbeiter nach einem solchen Unfall lange erkranken oder einen dauerhaften Schaden erleiden, bekäme er kein Verletztengeld und auch keine Rente. Eine gute Nachricht gibt es aber: Im Vorstellungsgespräch darf der Chef nicht fragen, ob der Bewerber Raucher ist. Fragt er trotzdem, darf man die Unwahrheit sagen.
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