
Nichtraucherschutz. Auch im Freien darf nicht grenzenlos gequalmt werden. © Getty Images / Westend61
Wer darf wo rauchen? Mit dieser Frage beschäftigen sich Gerichte immer wieder. Gerade in der Nachbarschaft bietet das Thema jede Menge Zündstoff.
In Deutschland Raucher zu sein, ist kein Spaß. In Bars und Restaurants ist die Qualmerei ohnehin verboten und Mieter, die zu Hause exzessiv rauchen, riskieren die Kündigung ihres Mietverhältnisses (Landgericht Düsseldorf, Az. 21 S 240/13). Wer zum Quarzen auf Balkon oder Terrasse ausweicht, kann ebenfalls Ärger bekommen. Nachbarn müssen es der aktuellen Rechtslage zufolge nicht hinnehmen, dass Qualm zu ihnen zieht.
Rauchen nach Stundenplan
Eine Entscheidung vom Juni 2017: Ein Ehepaar aus einer Reihenhaussiedlung darf nur noch im Drei-Stunden-Takt draußen rauchen. Die Zigarette darf von 6 bis 9 Uhr nicht brennen, auch nicht von 12 bis 15 Uhr, von 18 bis 21 Uhr sowie von 0 bis 3 Uhr (Landgericht Dortmund, Az. 1 S 451/15).
Raucher müssen Rücksicht auf andere Anwohner nehmen
Der Bundesgerichtshof urteilte schon 2015, dass Raucher im Freien Rücksicht auf andere Anwohner nehmen müssen. Sie können verpflichtet werden, nur zu bestimmten Uhrzeiten zu rauchen (Az. V ZR 110/14). Wie eine Frau aus Berlin-Hellersdorf: Seit Januar 2017 darf sie von 20 Uhr bis 6 Uhr morgens nicht mehr auf ihrem Balkon rauchen. Tut sie es doch, drohen ihr 250 000 Euro Ordnungsgeld.
Nur da, wo es nicht stört
Rauchern kann auch vorgeschrieben werden, nur dort zu qualmen, wo sie keinen stören. Ein Wohnungseigentümer bat seinen Nachbarn, dessen Wohnung zwei Balkone hat, auf dem anderen zu rauchen, weil Qualm in sein Schlafzimmer zieht. Der Raucher weigerte sich und verlor vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Az. 2–09 S 71/13). Nun muss er sich fügen.
Zigarettenqualm rechtfertigt Mietminderung
Rauchende Nachbarn können Grund für eine Mietminderung sein (Landgericht Hamburg, Az. 311 S 92/10). Die Richter werteten die Geruchsbelästigung durch Zigarettenqualm als „erheblichen Mangel“ und sprachen einem Anwohner eine Mietminderung von 5 Prozent zu. Sein Nachbar hatte abends stündlich zwei Zigaretten auf dem Balkon geraucht.
Im offenen Zelt darf geraucht werden
Wird in teilweise geöffneten Partyzelten geraucht, ist das kein Verstoß gegen das Nichtraucherschutzgesetz, so das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Az. 4 B 63/20). Ein Wirt hatte 2019 im Innenhof seines Lokals Zelte aufgestellt, die
zu einer Seite hin offen waren. Wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Gesetz kassierte er ein Zwangsgeld und wehrte sich. Geöffnete Zelte seien keine geschlossenen Räume, so das Gericht.
Special „So werden Sie Nichtraucher“
Besser als die Nachbarn zu ärgern ist es, das Rauchen ganz aufzugeben. Dabei hilft Ihnen unser Special Mit dem Rauchen aufhören: So werden Sie Nichtraucher. Leicht fällt der Rauchstopp nur wenigen, doch er verbessert die Gesundheit in jedem Lebensalter. Eine Menge Geld sparen lässt sich auf diesem Weg auch. Wenn Sie es schaffen, mit dem Rauchen aufzuhören, sind sie in bester Gesellschaft: Die Zahl der Raucher sinkt in Deutschland kontinuierlich. Derzeit raucht noch etwa 25 Prozent der Bevölkerung.
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Sehr geehrte Damen und Herren, mittlerweile sind 6 Jahre nach dem Grundsatzurteil des BGH vergangen. Ich fände es sehr hilfreich, wenn Sie einige Urteile der letzten Jahre beispielhaft betr. 1. den situativen Bedingungen und 2. entspechend den konkreten Lösungen zu nennen; um als Betroffene daraus Anregungen und Informationen über den Spielraum und die Tendenz der Urteile zu ziehen. Bis auf die 2 Nennungen von 2017 (m.E. entschieden zu wenig) fand ich im gesamten Internet nur Urteile, die v o r dem BGH-Urteil datieren. Wie ist in 2018, 2019, 2020 entschieden worden?
Mit freundlichen Grüßen
IngridG
Leider werden die Leser des Artikels nicht darüber informiert, wie furchtbar rückschrittlich Deutschland in Sachen Nichtraucherschutz und Tabakkontrolle im europäischen Vergleich dasteht!
Die Association of European Cancer Leagues veröffentlicht etwa alle drei Jahre eine Tobacco Control Scale (siehe tobaccocontrolscale.org). Deutschland belegt in der TCS von 2016 unter 35 untersuchten europäischen Staaten nur einen beschämenden vorletzten Platz! Bereits 2013 gab es nur ein Land, das noch schlechter bewertet wurde als Deutschland.
Ich würde mich sehr freuen, wenn es möglich wäre, diese Information nach Überprüfung noch in den Artikel aufzunehmen!
Ich habe bei einer anderen rechtlichen Sache einen Rat bekommen, den ich hier auch anwenden würde:
1. erst reden
2. wenn reden nicht hilft, einen netten Brief schreiben, mit der Bitte die Taten bis Datum x zu unterlassen und den Dreck bis Datum y zu beseitigen, und mit dem Hinweis, dass Sie Hausverwaltung/Vermieter/Anwalt konsultieren werden, wenn es nicht wird. Kopie des Briefes geht an Hausverwaltung/Vermieter/Anwalt zur Info.
3. wenn sich ca. 2-3 Tage nach Datum x und y nichts getan hat, Versprechen halten und Hausverwaltung/Vermieter/Anwalt einschalten.
@subVert_skateboarding: Versuchen Sie zunächst in einem unverbindlichen, freundlichen Gespräch den Nachbarn auf sein Fehlverhalten hinzuweisen. Das wirkt manchmal schon. (TK)
Was kann man tun, wenn Nachbarn aus dem 3. Stock immer wieder Zigarettenstummel in unseren Garten fallen lassen?