Rapsöl im Test

Interview: „Öl hat ein gutes sensorisches Gedächt­nis“

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Rapsöl im Test - Viele sind gut, zwei mangelhaft

Bertrand Matthäus ist Experte für Speiseöl am Max-Rubner-Institut in Detmold. © Stiftung Warentest / Hendrik Rauch

Kaum jemand kennt sich so gut mit Rapsöl aus wie Bertrand Matthäus. Seit Jahren erforscht er Sensorik und Qualität der Produkte. Im Gespräch mit test.de erklärt er, wie schwierig die Herstellung von kalt­gepressten Ölen ist und woran man ein gutes Rapsöl erkennt.

Rapsöl im Test Alle Testergebnisse für Rapsöl 11/2018

Warum manche Öle komisch schme­cken oder riechen

Kalt­gepresste Öle fallen oft durch sensorische Fehler auf. Ist es so schwer, sie fehler­frei herzu­stellen?

Ja, es ist schwierig. Der Hersteller muss sich um die Qualität der Saat kümmern, sie von der Ernte bis zum Press­prozess im Blick haben. Alles, was der Saat widerfährt, wird sich im Öl nieder­schlagen.

Was kann passieren?

Kommt die Saat lange mit Feuchtig­keit in Kontakt, ist sie für die Kalt­pressung nicht mehr geeignet. Dann hat man ratzfatz sensorische Defizite. Öl hat ein gutes sensorisches Gedächt­nis und hält Aroma­stoffe aus der Luft oder dem Samen fest. Wir haben fest­gestellt: Wenn Saaten neben einem Güllehaufen gelagert werden, kann man das anschließend im Öl heraus­schme­cken.

Die zwei Verlierer-Öle im Test schme­cken stichig-modrig. Wie entstehen solche Noten?

Im Prinzip durch feuchte Lagerung. Kommt der Samen mit Feuchtig­keit in Kontakt, wird sein Stoff­wechsel angeregt, es bilden sich Abbau­produkte – das ruft das Stichig-Modrige hervor. Das kann auch passieren, wenn Saat nach der Ernte feucht wird. Nach­träglich lässt sich das nicht beheben.

Warum Rapsöl heute viel besser ist als früher

Als Leiter der Arbeits­gruppe Lipid­forschung tüfteln Sie an der Qualität von Rapsöl. Mit Erfolg?

Ja, sie ist deutlich besser geworden. Als wir vor 15 Jahren Raps­öle verkostet haben, waren drei Viertel gnadenlos modrig-stichig und fielen einem wieder aus dem Mund. Heute macht man nicht mehr die Ölmühle für schlechten Geschmack verantwort­lich, sondern weiß: Die Ursachen beginnen deutlich früher.

Im Test war kein Rapsöl in der Verkostung sehr gut. Was braucht es dafür?

Es geht um das Zusammen­spiel von nussig und saatig. Es gibt nur ganz wenige Öle, bei denen das sehr gut zusammenpasst. Die lassen erkennen, dass es ein Rapsöl ist, haben im Nachgeschmack etwas leicht Nussiges, aber nichts Holzig-Strohiges und Adstringierendes.

Kalt­gepresste und raffinierte Raps­öle haben identische Fett­säurespektren. Wie sieht es bei anderen Inhalts­stoffen aus?

Beim Raffinations­prozess werden 20 bis 30 Prozent der Phytosterine und des Vitamins E entfernt. Karotinoide und pheno­lische Verbindungen verschwinden weitest­gehend. Ernährungs­physiologisch relevant ist das aber nicht. Ein Rapsöl ist keine gute Quelle für bioaktive Substanzen. Da sollte man eher einen Apfel essen.

Raffiniert oder kalt­gepresst?

Was haben raffinierte Raps­öle zu bieten?

Durch den stan­dardisierten Verarbeitungs­prozess ist ihre Qualität vergleich­bar. Sie sind universell einsetz­bar, preis­wert und nicht schlechter als kalt­gepresste.

Kalt­gepresste waren im Test hitze­stabil. Viele raten aber, raffinierte Öle zum Braten zu verwenden. Was ist richtig?

Kalt­gepresste Öle verfügen über mehr antioxidative Substanzen, das macht sie hitze­stabil. Es kann aber passieren, dass sie eher anfangen zu rauchen. Dabei entweichen die Aroma­stoffe, die der Hersteller zuvor mühevoll erhalten hat. Eigentlich sind sie zu teuer dafür. Die Empfehlung lautet, kalt­gepresstes Rapsöl für die kalte Küche, raffiniertes für die warme Küche zu verwenden. Wer will, gibt Kalt­gepresstes über das fertige Stück Fleisch.

Wann sollte Rapsöl entsorgt werden?

Verlassen Sie sich auf die eigene Nase. Dazu etwas Öl auf einen Löffel geben und daran riechen. Riecht es nach Fens­terkitt, Firnis oder Ölfarbe: Weg damit.

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Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

Profilbild Stiftung_Warentest am 24.01.2022 um 15:30 Uhr
Bewertung Brändle Vita Rapsöl,

@nils1896: Wir prüfen und bewerten den Schadstoffgehalt entsprechend der Anforderung, in diesem Fall für die Zubreitung von Baby-Beikost.

nils1896 am 22.01.2022 um 08:57 Uhr
Bewertung Brändle Vita Rapsöl

Brändle Vita wurde ja strenger bei den Schadstoffen bewertet, da es für Baby-Beikost beworben wird. Wie wäre das Unterergebnis bei den Schadstoffen denn nach dem normalen Maßstab gewesen?

Profilbild Stiftung_Warentest am 20.04.2020 um 10:53 Uhr
Spritzverhalten

@Uschi8888: Wir haben das Spritzverhalten von Rapsöl untersucht und können Ihre Aussage nicht bestätigen. Soweit die auf den Packungen abge­druckten Verwendungs­empfehlungen das Braten nicht ausschließen, wurde das Spritzverhalten unter stan­dardisierten Bedingungen beim Braten von Hack­fleisch in der Pfanne geprüft. Bis auf ein Rapsöl zeichneten sich alle Öle durch ein" sehr gutes" und "gutes" Spritzverhalten beim Braten aus.(bp)

Uschi8888 am 18.04.2020 um 22:14 Uhr
Rapsöl - es gibt besseres Öl zum Braten

Aufgrund Ihres Artikels habe ich Raspsöl gekauft und zum Braten verwendet - das war keine gute Idee ! Das spritzt ja fürchterlich und der Reinigungsaufwand ist entsprechend hoch. Es gibt besseres Öl zum Braten, vielleicht finden Sie das bei weiteres Tests heraus.

Profilbild Stiftung_Warentest am 13.01.2020 um 11:22 Uhr
Rapsöl und Erucasäure

@tinotin: Den 2018 geltenden gesetzlichen Höchstwert hatten sämtliche Rapsöle sehr deutlich unterschritten. Inzwischen wird aufgrund der von Ihnen zitierten EFSA-Stellungnahme diskutiert, diesen gesetzlichen Höchstwert noch weiter abzusenken. Auch diesen hätten bei unserem Test bereits alle Produkte problemlos eingehalten.
Noch strenger ist der gesetzliche Höchstgehalt für Säuglingsanfangs- und Folgenahrung. Selbst dieser Wert soll aufgrund der EFSA-Stellungnahme nun noch weiter abgesenkt werden. Bei unserem letzten Test von Babymilchpulver (7/2016) war meist Erukasäure gar nicht nachweisbar. Wenn doch etwas gefunden wurde, dann wurden sowohl die damaligen gesetzlichen Höchstgehalte als auch die jetzt diskutierten Werte deutlich unterschritten.
An dieser Stelle noch ein allgemeiner Hinweis:
Alte Rapssorten enthielten mengenmäßige Anteile an Erucasäure, die als gesundheitlich bedenklich galten. Heute werden zur Herstellung von Rapsöl neu gezüchtete erukasäurearme Rapssorten verwendet. Schon 1974 gelang es, die einfach ungesättigte Erukasäure auf nahezu null zu senken („00-Raps“). (jw/cr)