Eine Flasche mit 118 Milliliter Inhalt kostet 16,90 Euro.
Viele fliegen jetzt noch in den Badeurlaub und brauchen einen Sonnenschutz. Apotheken bieten eine Lotion an, die mehr als nur Schutz vor UV-Strahlen verspricht: Der „Quallen + Sonnenschutz Canea“ soll auch Hautirritationen durch Quallen, Seeanemonen und Feuerkorallen vorbeugen. Im Test fällt das teure Produkt durch: Es erreicht den ausgelobten Sonnenschutzfaktor nicht und bietet zu wenig Schutz vor UVA-Strahlen. Auch auf den Quallenschutz sollten sich Wasserratten nicht verlassen.
Hohes Risiko für Sonnenbrand bei Fernreisen
Bade- und Strandurlaub ist mit Abstand die beliebteste Urlaubsform der Deutschen. Auch im Herbst und Winter zieht es viele in sonnige Gebiete – etwa ans Mittelmeer, nach Ägypten, auf die Kanarischen Inseln, die Malediven oder in die Karibik. Sonnige Reiseziele bergen jedoch ein hohes Sonnenbrandrisiko. Deshalb ist ein gutes Sonnenschutzmittel unerlässlich (siehe Tabelle: Noch zu haben). Wer sich den Badespaß im Meer auch nicht von Quallen verderben lassen möchte, dem verspricht der „Quallen + Sonnenschutz“ mit Sonnenschutzfaktor 30 von Canea Pharma gleich doppelten Schutz. Die Lotion aus der Apotheke soll laut Etikett der „weltweit einzige Sonnenschutz mit integriertem Quallenschutz“ sein. Kann das Produkt wirklich beides bieten? Ist der empfohlene, stolze Preis von 16,90 Euro für 118 Milliliter gerechtfertigt?
Statt Sonnenschutzfaktor 30 nur 20
Die Kosmetiktester der Stiftung Warentest prüften, ob die Lotion den angegebenen Sonnenschutzfaktor einhält. Dieser gibt an, wie stark das Produkt vor den kurzwelligen Ultraviolett-B-Strahlen schützt, die Sonnenbrand und Hautkrebs verursachen können. Das Ergebnis: Das Produkt bietet nicht den ausgelobten Faktor 30 – das wäre ein hoher Schutz –, sondern nur einen mittleren Schutz, nämlich Sonnenschutzfaktor 20. Diese starke Abweichung bewertet die Stiftung Warentest als mangelhaft. Mit dem Mittel kann man früher einen Sonnenbrand bekommen, als nach der Auslobung zu erwarten wäre.
Auch der UVA-Schutz ist mangelhaft
Ebenfalls mangelhaft, weil nicht ausreichend vorhanden, ist der Schutz vor langwelligen UVA-Strahlen. Es fehlt auch die Auslobung des UVA-Schutzes, obwohl diese mittlerweile eine Pflichtangabe auf Sonnenschutzmitteln ist. UVA-Strahlen werden für frühzeitige Hautalterung und Faltenbildung verantwortlich gemacht. Langfristig können sie auch Hautkrebs verursachen. Für einen wirkungsvollen Schutz sollten UVA-Schutz und UVB-Faktor in einem Verhältnis von mindestens 1 : 3 stehen. Dieses Verhältnis erreicht der Canea „Quallen + Sonnenschutz“ nicht.
Wasserfestigkeit gerade so bestanden
Auf dem Etikett steht, dass die Lotion wasserfest sei. Auch das haben die Tester überprüft. Laut allgemeiner Prüfvorschrift ist ein Sonnenschutzmittel bereits dann „wasserfest“, wenn es nach zweimal 20 Minuten Baden noch die Hälfte der ursprünglich gemessenen UVB-Schutzleistung bietet. Der Canea „Quallen + Sonnenschutz“ erreichte dies knapp, aber auch nur, weil sich diese Prüfung nicht auf den deklarierten, sondern auf den gemessenen Sonnenschutzfaktor bezieht.
Schutz gegen Quallen ist kaum belegt
Bleibt noch die Frage, was vom versprochenen Quallenschutz zu halten ist. Laut Canea-Webseite entwickelten israelische Forscher ihn nach dem Vorbild des bunten Clownfisches. Dieser lebt zwischen Seeanemonen, die vergleichbare Nesselzellen wie Quallen besitzen. Eine Schutzschicht bewahrt den Fisch vor dem Gift, das die Seeanemonen bei Berührung mit ihren Tentakeln abgeben. Den Forschern soll es gelungen sein, das Sekret des Clownfisches zu analysieren und Stoffe zu produzieren, die angeblich für den Menschen denselben Schutzeffekt haben. Canea Pharma preist das Produkt auf der Firmenwebseite als „Weltsensation“ an. Bei unseren Recherchen haben wir nur wenige Belege für die Wirksamkeit gegen Quallen gefunden. In den uns bekannten Studien haben Forscher Quallenschutzmittel mit unterschiedlichen Methoden und unterschiedlichen Quallen untersucht. Außerdem verwendeten sie Produkte, deren Sonnenschutzfaktor oder Rezeptur nicht dem von uns getesteten Canea-Produkt entsprach. Der Toxikologe Professor Dr. Dietrich Mebs schreibt in der diesjährigen Oktober-Ausgabe der Zeitschrift „Der Hautarzt“ in seinem Artikel „Durch Quallen verursachte Verletzungen“: „Lotionen, die in manchen Ländern als Schutz vor Vernesselung angeboten werden, haben sich als wenig wirksam bis wirkungslos erwiesen.“
Nicht gegen zwei gefährliche Quallenarten getestet

Canea Pharma gibt sich vorsichtig und warnt auf der Rückseite der Flasche: Das Produkt solle „nicht als Aufforderung verstanden werden, sich Quallen mutwillig auszusetzen“ (siehe Abbildung oben). Vor welchen Quallenarten die Lotion schützen soll, ist nicht explizit angegeben. Doch laut Packungsangabe wurde das Mittel noch nicht gegen die Portugiesische Galeere und Würfelqualle getestet. Diese beiden gehören aber zu den gefährlichsten Quallenarten: Der Kontakt kann zu schweren Vergiftungen sogar mit Todesfolgen führen.
Empfohlene Warnhinweise fehlen
So ausführlich die Warnungen vor Quallen ausfallen, so unvollständig sind sie, was schädigendes UV-Licht betrifft. Für Sonnenschutzmittel empfiehlt die EU-Kommission bestimmte Herstellerangaben. Hier fehlen wichtige empfohlene Warnhinweise – etwa, dass exzessive Sonnenexposition ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko darstellen kann und dass man trotz Verwendung eines Sonnenschutzmittels nicht zu lange in der Sonne bleiben soll.
Fazit: Lotion hält nicht, was sie verspricht
Der „Quallen + Sonnenschutz“ von Canea Pharma fällt im Schnelltest durch: Er bietet nicht den versprochenen Sonnenschutzfaktor und schützt nicht ausreichend vor UVA-Strahlen. Der stolze Preis von 16,90 Euro für 118 Milliliter ist auch nicht durch den ausgelobten Quallenschutz gerechtfertigt. Auf die Wirksamkeit gegen zwei lebensgefährliche Quallenarten wurde das Produkt laut Etikett überhaupt nicht getestet. Wie wasserfest ein etwaiger Quallenschutz ist, bleibt ebenfalls offen. Wer also im Urlaub wirklich sicher vor lebensgefährlichen Quallen baden will, sollte sich nicht auf die Lotion verlassen. Guten Schutz bieten dagegen Neoprenanzüge.