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DIN EN ISO 9001, LQW oder EFQM – wer eine Weiterbildung sucht, stößt bei der Recherche häufig auf Qualitätssiegel, mit denen Bildungsanbieter für ihre Angebote werben. Die kryptischen Kürzel stehen für bestimmte Qualitätsmanagementsysteme. Diese helfen Bildungsträgern, ihre Angebote zu verbessern – und zeigen Weiterbildungswilligen, dass der Anbieter sich um Qualität bemüht. test.de gibt Antworten auf die zehn wichtigsten Fragen zum Thema.
Alle Testergebnisse für Qualitätsmanagementsysteme in der Weiterbildung
Liste der 11 getesteten Produkte
- ArtSet Lernerorientierte Qualitätstestierung in der Weiterbildung
- Bundesarbeitskreis Arbeit und Leben QVB-Branchenmodell
- Dachverband der Weiterbildungsorganisationen Geprüfte und ausgezeichnete Fach-Qualität in der Weiterbildung
- Deutsches Institut für Normung DIN EN ISO 9001:2008
- Deutsches Institut für Normung DIN ISO 29990:2010
- European Foundation for Quality Management EFQM-Excellence-Modell
- Gütesiegelverbund Weiterbildung Qualitätsmanagement-System nach Gütesiegelverbund
- Qualität in Bildung und Beratung QESplus
- Qualitätsgemeinschaft Berufliche Bildung Mitglied der Qualitätsgemeinschaft
- Weiterbildung Hamburg Geprüfte Weiterbildungseinrichtung Weiterbildung Hamburg
- Weiterbildung Hessen Geprüfte Weiterbildungseinrichtung Weiterbildung Hessen
1. Was bedeutet Qualitätsmanagement in der Weiterbildung?
Das bedeutet, dass ein Bildungsinstitut seine Prozesse, also alle Arbeitsabläufe und Aufgaben systematisch plant und steuert, um gute Weiterbildungen zu gewährleisten. Im Vordergrund steht dabei der Gedanke, die Qualität der Produkte und Leistungen kontinuierlich zu verbessern und an den Erwartungen der Kunden auszurichten – das Grundprinzip von Qualitätsmanagement. Das Bildungsinstitut beschreibt also seine Ziele, plant seine Prozesse, setzt sie um, überprüft und bewertet sie kritisch, auch mithilfe des Feedbacks der Kunden. Die Logik dahinter: Wer seine Prozesse kontinuierlich optimiert, verbessert auch seine Produkte oder Dienstleistungen. Und das sorgt für zufriedene Kunden. Qualitätsmanagement ist also ein stetiger Verbesserungskreislauf.
2. Was sind Qualitätsmanagementsysteme?
Bildungsanbieter, die Qualitätsmanagement betreiben möchten, können dafür auf standardisierte Verfahren zurückgreifen, so genannte Qualitätsmanagementsysteme. Im Grunde ist ein solches System eine Art Vorlage oder Schablone. Es benennt die Bereiche, Abläufe und Aufgaben, die es zu definieren und zu planen gilt, um gute Qualität bieten zu können. Jedes Bildungsinstitut muss diese dann anhand eigener Ziele individuell ausgestalten. Eine Sprachschule für Business Englisch zum Beispiel könnte für sich festlegen, dass als Lehrer nur englische Muttersprachler mit pädagogischer Qualifikation infrage kommen oder dass die verwendeten Lehrbücher nicht älter als zwei Jahre sein dürfen. Ist alles geregelt und dokumentiert, die „Schablone“ also gefüllt, kann sich das Bildungsinstitut durch externe Gutachter, die vom Herausgeber des Qualitätsmanagementsystems oder von einer Zertifizierungsstelle beauftragt sind, überprüfen lassen.
3. Wie läuft die Überprüfung durch externe Gutachter ab?
Bei der Überprüfung, auch Audit genannt, schauen die Gutachter, ob das Bildungsinstitut die Anforderungen des Qualitätsmanagementsystems umsetzt. Die zentrale Frage lautet: Ist das Bildungsinstitut so organisiert, dass gute Weiterbildungen theoretisch möglich sind? Im positiven Fall vergeben die Gutachter ein Qualitäts- oder Gütesiegel oder ein so genanntes Zertifikat, das dann vom Bildungsanbieter öffentlich genutzt werden kann, etwa für Werbezwecke. „Wir sind seit 2013 nach LQW (Lernerorientierte Qualitätstestierung in der Weiterbildung) zertifiziert“, heißt es dann zum Beispiel auf der Webseite. In regelmäßigen Abständen muss das Bildungsinstitut die externe Überprüfung wiederholen lassen, sonst darf es das Siegel nicht weiter verwenden (siehe Tabelle).

Viele Bildungsinstitute werben mit Qualitätssiegeln wie diesen. Das Siegel bescheinigt dem Bildungsträger, dass es ein Qualitätsmanagementsystem etabliert hat - in unseren Beispielen sind das (v.l.n.r.): LQW, Geprüfte Weiterbildungseinrichtung Weiterbildung Hessen und DIN EN ISO 9001. Das Qualitätssiegel bestätigt zudem, dass der Herausgeber des Siegels - hier Artset und Weiterbildung Hessen - oder eine befugte unabhängige Stelle - hier EQ Zert - das Bildungsinstitut überprüft haben.
4. Welche Qualitätsmanagementsysteme gibt es? Und warum sind es so viele?
Es gibt etwas mehr als ein Dutzend Qualitätsmanagementsysteme, die in der Weiterbildung zum Einsatz kommen. Die wichtigsten listet unsere Tabelle auf. Darunter sind Systeme, die in jeder Branche, jeder Organisation und jedem Unternehmen anwendbar sind, zum Beispiel die ursprünglich für die Industrie entwickelte DIN EN ISO 9001. Nutzt ein Bildungsinstitut ein branchenübergreifendes System, muss es die dort formulierten Anforderungen für den Bereich Weiterbildung „übersetzen“, also verständlich machen und auf die eigenen Unternehmensschwerpunkte – hier Bildung – übertragen und anwenden. Deshalb sind in den vergangenen Jahren zunehmend Systeme speziell für Weiterbildungsinstitute entwickelt worden, die sprachlich leichter zugängig sein können. Häufig sind das Varianten branchenübergreifender Systeme.
Unsere Tabelle zeigt unter anderem, wo die aufgeführten Qualitätsmanagementsysteme verbreitet sind und ob sie unabhängig von der Branche oder nur in der Weiterbildung eingesetzt werden können. Außerdem erfahren Sie, an welche Voraussetzungen die Vergabe von Qualitätssiegeln geknüpft ist, und was auf Bildungsinstitute bei Erst- und Wiederholungsprüfungen zukommt.
5. Sind branchenspezifische besser als übergreifende Systeme?
Nein. Kein System ist besser als ein anderes. Im Grunde ist es auch nicht entscheidend, welches System ein Bildungsinstitut nutzt. Es kommt vielmehr darauf an, wie sehr es das eingesetzte System „lebt“, also wie ernsthaft und konsequent es sein Qualitätsmanagement in der täglichen Praxis umsetzt. Für Verbraucher auf der Suche nach einem Weiterbildungskurs ist das allerdings nicht so leicht zu erkennen. Indizien für „gelebtes“ Qualitätsmanagement lassen sich zum Beispiel auf der Webseite oder in Broschüren aufspüren: Formuliert der Bildungsträger dort ein Leitbild? Gibt er ein Leistungsversprechen? Beschreibt er Lernziele und Lernergebnisse? Stellt er die Dozenten mit ihren Qualifikationen vor? Trifft er Aussagen zu Lehrmethoden und Lehrmaterialien? Gibt er Erfolgsquoten bekannt? Kommen frühere Teilnehmer zu Wort?
6. Kann ich bei Bildungsinstituten, die mit Qualitätssiegeln werben, automatisch mit guten Kursen rechnen?
Nein. Denn ein Qualitätssiegel zeichnet in der Regel nicht einzelne Kurse aus, sondern das Bildungsinstitut an sich. Das Siegel bestätigt:
- dass das Bildungsinstitut ein Qualitätsmanagementsystem etabliert hat,
- dass es seine Arbeitsabläufe, Produkte und Dienstleistungen systematisch plant, steuert und regelmäßig überprüft und damit theoretisch in der Lage ist, gute Kurse anzubieten,
- dass es vom Herausgeber des Systems oder von einer befugten unabhängigen Stelle überprüft wurde.
Ein Qualitätssiegel ist damit ein Indiz dafür, dass sich ein Bildungsinstitut um Qualität bemüht und die Interessen seiner Kunden berücksichtigt.
7. Sind Bildungsinstitute ohne ein Qualitätsmanagementsystem unseriös?
Nein. Bildungsinstitute ohne ein solches System arbeiten weder unprofessionell, noch bieten sie schlechtere Kurse. Das zeigt auch eine Analyse der Stiftung Warentest: Weiterbildungen von Anbietern mit einem Qualitätsmanagementsystem schnitten in unseren Tests nicht besser ab als Kurse von Bildungsinstituten ohne. Fakt ist: Ein Qualitätsmanagementsystem zu etablieren, ist aufwendig und teuer. Je nach System und Unternehmensgröße fallen allein für die Einführung bis zu 10 000 Euro an. Die Überprüfungen oder Audits durch externe Gutachter, die dann je nach System alle zwei bis vier Jahre anstehen (siehe Tabelle), kosten immer wieder extra. Vor allem kleinere Anbieter können sich das oft nicht leisten. Aus Kostengründen gehen deshalb manche Bildungsinstitute einen Kompromiss ein: Sie etablieren zwar ein Qualitätsmanagementsystem, verzichten aber auf eine unabhängige Bewertung von außen und auf das Qualitätssiegel.
8. Lässt sich Qualitätsmanagement auch ohne eines der in der Tabelle aufgeführten Systeme betreiben?
Ja, das ist möglich. Dafür formulieren Bildungsinstitute eigene Qualitätsstandards und überprüfen regelmäßig, ob sie ihnen gerecht werden, zum Beispiel indem sie Erfolgs- und Durchfallquoten ihrer Kursbesucher bei externen Prüfungen ermitteln oder Teilnehmer und Dozenten regelmäßig befragen.
9. Wie viele Bildungsinstitute in Deutschland verfügen über ein Qualitätsmanagementsystem?
Rund 80 Prozent der Weiterbildungsanbieter in Deutschland haben ein Qualitätsmanagementsystem etabliert, zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung und des Bundesinstituts für Berufsbildung. Am weitesten verbreitet ist die DIN EN ISO 9001, die rund 36 Prozent der Bildungsträger nutzen. Jeder zehnte Weiterbildungsanbieter wendet eines der speziell für die Weiterbildung entwickelten Systeme an.
10. Sollte ich meine Weiterbildung nur bei einem Bildungsinstitut buchen, das ein Qualitätsmanagementsystem etabliert hat?
Nein. Es ist zwar zweifellos gut, wenn der Bildungsanbieter ein solches System – ob mit oder ohne Siegel – etabliert hat. Denn das zeigt, dass sich das Bildungsinstitut um Qualität bemüht. Was für die Auswahl eines Kurses aber vor allem wichtig ist: Verschaffen Sie sich selbst ein Bild von den Bildungsträgern, die Sie in Betracht ziehen. Das gilt insbesondere dann, wenn es um eine lange und teure Weiterbildung geht. Lassen Sie sich vor der Buchung unbedingt beim Anbieter beraten, am besten vor Ort, also dort, wo der Kurs stattfindet. Unsere Checkliste zeigt, welche Fragen Sie in der Beratung stellen sollten. Auch der kostenlose Leitfaden Kurse finden listet Kriterien auf, die gute Kurse erfüllen sollten. Im Übrigen sollten Sie eines bedenken: Ob Lernen erfolgreich ist, hängt von vielen Faktoren ab – von dem Dozenten, der Gruppenkonstellation, der Teilnehmerzahl. Doch nicht zuletzt hängt es auch von Ihnen selbst ab – von Ihrem Lernziel, Ihrer Motivation und Ihrem Engagement.
Diese Untersuchung wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
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- Arbeitgeber müssen unter bestimmten Bedingungen einen Yogakurs als Bildungsurlaub anerkennen – das entschied das Berliner Landesarbeitsgericht (Az. 10 Sa 2076/18)....
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- Vielen Arbeitnehmern ist nicht bewusst, dass sie ein Recht auf Bildungsurlaub haben. Die konkreten Regelungen sind von Bundesland zu Bundesland verschieden.
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- Sie haben den Weiterbildungsguide der Stiftung Warentest aufgerufen. Der Betrieb dieser Seite ist eingestellt. Der Weiterbildungsguide wurde vom Bundesministerium für...
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@nutzer-4711: Wie Sie richtig schreiben, ist die AZAV eine Verordnung. Sie ist aber kein Qualitätsmanagementsystem – daher haben wir sie auch nicht in die Liste dieser Systeme mit aufgenommen. Die AZAV bildet die rechtliche Grundlage, auf der Bildungsmaßnahmen nach SGBIII zugelassen werden. Laut SGBIII §178 erfordert diese Zulassung, dass der Bildungsträger ein Qualitätsmanagementsystem besitzt. In der AZAV selbst sind lediglich Anforderungen an ein solches System formuliert. (AK)
Die weitaus meisten Systeme bei Bildungsanbietern sind nach AZAV (unabhängig) zertifiziert. Ich kann nicht verstehen, warum Sie diese "Norm" außer acht lassen? Obwohl die AZAV zwar eher eine Verordnung als eine Norm ist, so fordert sie von den Bildungsanbietern ein "System zur Sicherung der Qualität ... liegt vor, wenn ...zielgerichtete und systematische Verfahren und Maßnahmen angewendet werden und dadurch die Qualität ... jederzeit gewährleistet u. kontinuierlich verbessert wird."
Auch hier werden Managementreviews, Ziele, Audits, Verfahren und ziemlich strenge Anforderungen an die Dozenten und Schulungsräume gestellt.
Eine Zertifizierung ist teuer, aber wenn Sie mit den kleinen Anbietern argumentieren, sollten Sie die Kosten nicht mit "bis zu 10000,-€ angeben, hier entstehen auch abhängig von der Unternehmensgröße weitaus geringere Kosten die bei ca. 3.000,- starten. Außerdem fallen diese Kosten auch nicht sofort oder jährlich an, sondern verteilen sich auf 3-5 J.
Karin
Ihr Kommentar (Daniel-2) ist nachvollziehbar. Leider betrachten viele Unternehmen die Zertifizierung lediglich als Wettbewerbsvorteil zur besseren Akquise von Aufträgen. Wenn das Zertifikat erteilt ist, fällt man wieder in den alten Trott zurück. Langfristig überleben allerdings nur die Anbieter am Markt, die auch tatsächlich effektive Prozesse nach innen und außen leben. Unzufriedene Kunden kommen nicht wieder. Letztlich bedeutet QM ja nichts anderes als sein Unternehmen effektiv aufzustellen und durch gute Dienstleistungsqualität die Kunden von der Leistungsfähigkeit und letztlich vom Produkt zu überzeugen. Auch die Mitarbeiter werden gelebtes QM als Arbeitserleichterung und Motivation empfinden. Fehlt allerdings das Commitment der Geschäftsführung zum QM dann sollten die Auditoren wirklich genauer hinschauen und das Zertifikat eben auch mal nicht vergeben.
Wie kann man nur so einen Quatsch verzapfen? Sie denken offensichtlich nicht weiter als Ihre Geschäftsführung. Sonst könnten Sie nicht solch eine Schlussfolgerung aus einem Einzelfallerlebnis ziehen. Dass es Geschäftsführungen gibt, die diese Bezeichnung nur zu Showzwecken tragen, ist ja nicht Neues.
QM, das ernst genommen und gelebt wird, ist eine riesige Arbeitserleichterung, motiviert und hebt die berufliche Kompetenz, mit der alle Beteiligten ihrer Arbeit nachgehen.
Vor einige Jahren habe ich als Angestellter eines Bildungsträgers selbst an dem Audit mitgearbeitet. Die ganze Zeit ging es eigentlich nur darum, die Formulare voll zu bekommen und die Dokumentation zusammenzukopieren. Ein ganzheitliches Verständnis für das QM habe ich auf keiner Ebene zu keine Zeit erkennen können. Eher im Gegenteil: es hatte für mich den Anschein, dass die GF das ganze nur als unliebsame Pflichtaufgabe sah und so auch an die Mitarbeiter kommuniziert hat.
Auf dem Papier ist dann alles schön nach QM-Richtlinien manifestiert. Leider nur in einer Parallel-Struktur. In der Realität hat der Prozess keine Entsprechung. Letztlich profitiert nur die Zertifizierungs-Industrie.