Wegen Spionagegefahr hat die Bundesnetzagentur die Spielzeugpuppe „My friend Cayla“ aus dem Verkehr gezogen. Die Behörde betrachtet die Kinderpuppe als eine „unerlaubte funkfähige Sendeanlage“. Eltern sollten „die Puppe unschädlich“ machen, rät die Bundesnetzagentur. test.de erläutert, was an der kommunikativen Cayla so gefährlich ist. *
Eine Puppe für den Talk mit Kindern
„My friend Cayla“ ist ein sogenanntes smartes – sprich onlinefähiges – Spielzeug. Sie ist mit einem Mikrofon, einem Lautsprecher und einer Spracherkennungssoftware ausgestattet. Die Puppe wird mittels der Funktechnik Bluetooth mit einem Smartphone oder Tablet verbunden, welches über eine App eine Verbindung zum Internet herstellt. Kinder können sich dann mit der Puppe „unterhalten“. Zur Beantwortung von Fragen greift die Cayla auf eine eigene Datenbank zu und ist so in der Lage, beispielsweise Wissensfragen, mathematische Aufgaben und „persönliche“ Fragen zu beantworten. Auf die Frage „Was essen Pandas?“ antwortet Cayla so beispielsweise „Pandas essen meistens Bambus“. Auf die Frage „Wollen wir Freunde sein?“ reagiert sie mit der Antwort „Wir sind doch schon Freunde“.
Verbindung zwischen Puppe und Smartphone ungesichert
Doch falsche Freunde können die Freude trüben: Weil die Bluetooth-Verbindung zwischen Puppe und Smartphone beziehungsweise Tablet nicht gesichert ist, können sich unbefugte Dritte in die Verbindung einklinken und die Gespräche der Kinder ohne Kenntnis der Eltern abhören. Sie können sie auch aufnehmen oder weiterleiten, so die Bundesnetzagentur. Auch könnten Unternehmen über das Spielzeug die Kinder oder Eltern individuell mit Werbung ansprechen.
Cayla ist ein verbotenes Spionagegerät
Für die Bundesnetzagentur ist damit der Fall klar: Die Puppe ist ein verbotenes Spionagegerät, das in seiner Form einen anderen Gegenstand vortäuscht als es tatsächlich ist. Es kann dazu genutzt werden, private Äußerungen abzuhören oder aufzunehmen. Wer ein verbotenes Spionagegerät besitzt, verstößt gegen das Telekommunikationsgesetz und macht sich strafbar. Die Bundesnetzagentur sagt jedoch, dass sie die Einleitung von Verwaltungsverfahren gegen die Eltern, die ihren Kindern eine solche Puppe gekauft haben, derzeit nicht plane. Sie gehe vielmehr davon aus – Zitat –, „dass Eltern eigenverantwortlich die Puppe unschädlich machen.“
Übrigens: Cayla ist nicht die erste Multimedia-Puppe, die unangenehm auffällt. So berichteten wir bereits 2016 über eine Barbie mit Datenschutz-Manko.
Student gab entscheidende Hinweise
Dass die Bundesnetzagentur aktiv geworden ist, geht auf den Jura-Studenten Stefan Hessel von der Universität des Saarlandes zurück. Er hatte Ende des vergangenen Jahres ein Gutachten veröffentlicht. Darin stellte er fest, dass es sich bei Cayla nicht um ein harmloses Spielzeug handele, sondern um eine „getarnte Sendeanlage“. Sein Gutachten hatte er an die Bundesnetzagentur weitergereicht, die daraufhin aktiv geworden ist.
Auszeichnung als TOP-10-Spielzeug des Jahres 2014
My Friend Cayla ist bereits seit mehreren Jahren auf dem Markt. 2014 zeichnete sie der Bundesverband des Spielwaren Einzelhandels e. V. als eines der TOP-10-Spielzeuge des Jahres aus und sparte nicht mit Lob: „Cayla ist nicht nur eine Puppe, sie ist fast wie eine Freundin, die Millionen Dinge zu erzählen hat. (...) Mit Googles SafeSearch-Sucheinstellungen und einer zusätzlich integrierten Kindersicherung, die sogar durch die Eltern ergänzt werden kann, kommuniziert Cayla keine Inhalte, die nicht ins Kinderzimmer gehören.“ Bleibt zu hoffen, dass der Verband zukünftig kritischer auf internetfähiges Spielzeug schaut, bevor er Preise vergibt. Auch für den Kindersoftwarepreis Tommi war Cayla 2014 nominiert.
Vivid GmbH will „Fragestellung gerichtlich prüfen lassen“
Vertrieben wird My friend Carly von der Vivid Deutschland GmbH mit Sitz in Nauheim. Für eine Stellungnahme konnten wir dort zunächst niemanden erreichen. Mittlerweile hat die Firma mit einer Pressemitteilung reagiert. Ein Verbot des Verkaufs von My Friend Cayla entbehre jeder rechtlichen Grundlage, teilt die Vivid Deutschland GmbH mit. „Es ist unser Ziel, diesen bedauerlichen Fall so schnell wie möglich zu klären. Wir beabsichtigen hierfür, die Fragestellung gerichtlich prüfen zu lassen.“
Newsletter: Bleiben Sie auf dem Laufenden
Die Bundesnetzagentur will jetzt noch mehr interaktives Spielzeug prüfen und wenn nötig dagegen vorgehen. Sie wollen davon erfahren? Mit den Newslettern der Stiftung Warentest haben Sie die neuesten Nachrichten für Verbraucher immer im Blick. Sie haben die Möglichkeit, Newsletter aus verschiedenen Themengebieten auszuwählen test.de-Newsletter bestellen.
* Diese Meldung ist am 17. Februar 2017 auf test.de erschienen. Wir haben sie am 20. Februar 2017 aktualisiert.