Jede dritte Behandlung können Psychotherapeuten online per Video durchführen. Für wen sich dieses Therapieformat eignet und wo seine Grenzen liegen, erklärt Psychotherapie-Professorin Antje Gumz.

Antje Gumz ist ärztliche Psychotherapeutin und Psychotherapie-Forscherin. Sie forscht und lehrt an der Psychologischen Hochschule Berlin. © Janine Guldener
Welchen Stellenwert hat die Videobehandlung in der Psychotherapie?
Im Zuge der Pandemie durften Psychotherapien vorübergehend unbegrenzt online durchgeführt werden, um die Kontinuität der Behandlungen sicherzustellen. Viele Therapeuten begannen in dieser Zeit erstmals damit – auch jene, die ohne Pandemie große Vorbehalte gegenüber einer Videotherapie gehabt und es nie ausprobiert hätten. Seit 1. April 2022 gibt es wieder eine Obergrenze für die Videotherapie: 30 Prozent aller Behandlungen dürfen per Video stattfinden.
Was kann in Videoschalten gemacht werden?
Nicht jede psychotherapeutische Leistung darf in diesem Rahmen durchgeführt werden. Die Psychotherapeutische Sprechstunde und Probesitzungen (Probatorik) dürfen nicht auf diesem Weg stattfinden. Ein persönlicher Kontakt zwischen Patient und Therapeut ist für den Beginn einer Psychotherapie zwingend erforderlich. Erst danach darf die Therapie per Video durchgeführt werden – und nur dann, wenn aus therapeutischer Sicht kein unmittelbarer persönlicher Kontakt erforderlich ist. Sitzungen per Video sind bei Akutbehandlungen und Gruppentherapien möglich.
Wirkt Videotherapie?
Die Wirksamkeit wurde durch Studien belegt. Die Videotherapie kann grundsätzlich empfohlen werden.
Verändert der neue Rahmen die Therapie?
Ein großer Teil der von uns befragten Therapeuten hat berichtet, dass wesentliche Aspekte der nonverbalen Kommunikation fehlen, also die Körpersprache und das, was sich durch den Körper, Bewegungen, Blicke oder auch Gerüche überträgt. In der Videotherapie sehen wir nur einen begrenzten Teil der Realität. Es fehlt das komplexe Ganze, das Atmosphärische, was man normalerweise gemeinsam in einem realen Raum fühlt. Technische Probleme erschwerten mitunter die Umsetzung der Therapie.
Und: Manche Interventionen wie Konfrontationsübungen sind per Video nicht durchführbar.
Welche Hürden gibt es noch bei dem Format?
Viele Vorbehalte von Psychotherapeuten haben sich Umfragen zufolge nicht bewahrheitet. Sie zeigten sich prinzipiell zufrieden mit der Videotherapie, und auch die meisten Patienten nahmen sie gut an. Aber: Die Zufriedenheit der Therapeuten war unserer Befragung zufolge mit Face-to-Face-Therapien höher. Einige Patienten lehnten zudem eine Videotherapie ganz oder nach wenigen Sitzungen ab oder brachen die Therapie ab.
Worauf sollten Patienten achten?
Die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Es muss abgesichert sein, dass Familienmitglieder beim Gespräch nicht zuhören können. Es braucht also einen geschützten Raum, in den Familienmitglieder nicht eintreten können, wo der Lärmpegel niedrig ist und sonst nichts stört.
Für wen ist Videotherapie sinnvoll?
Sie kann eine Lösung für Versorgungsprobleme sein, etwa auf dem Land, bei Patienten, die in ihrer Mobilität eingeschränkt oder krank sind, oder bei Frauen im Wochenbett, die einen Therapeuten nicht persönlich aufsuchen können. Bei Kindern oder Jugendlichen mit getrennten Eltern, die weit voneinander entfernt wohnen. Eine Videotherapie kann Anfahrtswege, Kosten und Zeit sparen.
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@alle: Unsere Berichterstattung zum Problem des Rechts auf eine Leistungsverweigerung seitens des Versicherers, wenn Antragsstellende die Gesundheitsfragen absichtlich oder versehentlich falsch beantwortet haben, finden Sie unter dem folgenden Link:
www.test.de/Versicherungsantrag-Mit-Gesundheitsfragen-optimal-umgehen-4648167-0
Die Stiftung Warentest rät, die Gesundheitsfragen sorgfältig und wahrheitsgemäß auszufüllen. Die Versicherten können nicht davon ausgehen, dass ein Versicherer im Leistungsfall auf keinen Fall etwas über eine verschwiegene Behandlung / Erkrankung erfährt. Versicherte riskieren mit einer Falschauskunft ihren Schutz, was z.B. beim Eintritt einer Berufsunfähigkeit sehr gravierende Folgen haben kann.
Ich wünsche jedem, dass er schnelle Hilfe für die Seele findet, seine Probleme löst und beruflich mit seinem Leben durchstarten kann. Wer aber dann einen Kredit für den Kauf einer (Arzt-)Praxis oder für eine andere Existenzgründung aufnehmen will, bekommt massive Probleme. Für einen solchen Kredit verlangt die Bank zur Absicherung immer den Abschluss einer Lebensversicherung. Oft ist zur Absicherung auch noch eine Berufsunfähigkeits- oder eine Krankentagegeldversicherung nötig oder sinnvoll. Diese Versicherungen kann man nach einer Psychotherapie nur mit sehr schwer finanzierbaren Risikoaufschlägen oder gar nicht mehr abschließen. Denn in der vorgeschalteten Gesundheitsprüfung wird von jeder Versicherung gefragt: „Haben Sie (in den letzten 5 Jahren) eine Psychotherapie gemacht?“ Auch vor einer Verbeamtung steht eine solche Gesundheitsprüfung. Das alles wurde verschwiegen, mein Leserbrief nicht gedruckt. Weitere Infos unter https://www.meg-frankfurt.de/fuer-klientencoachees/
Hallo,
die Seiten haben kein Impressum, und bei der ersten Suche keine Referenzen.
Bitte mal überprüfen.
Zeitschrift PSYCHOTHERAPIE : Was ist das?
Viele Leute brauchen einfach einen Ansprechpartner und nicht die psychiatrische Chemiekeule, die auf Dauer ohnehin nichts bringt.
Sprechstunden und Videokonferenz sind hier brauchbare Optionen.
Richtig wird festgestellt, dass "die Pandemie eine positive Veränderung" brachte. Dies war jedoch nicht nur die Videobehandlung, denn die gab es auch schon vorher. Die echte Psychotherapie-Innovation war die TOP-Verhaltenstherapie, die von der Zeitschrift PSYCHOTHERAPIE (https://psychotherapie.de) als "Beste Psychotherapie 2022" bezeichnet wird. Das Erstaunliche an dieser Psychotherapie ist, dass es sie nach Aussage der Zeitschrift noch ohne Wartezeiten gibt. Das liegt aber wohl daran, dass die TOP-Verhaltenstherapie nicht video-basiert, sondern text-basiert ist. "Tatsächlich nutzte ein Großteil der Psychotherapeuten während der Corona-Zeit Videoschalten für Therapiesitzungen", schreibt test.de. Das ist natürlich einfacher, denn wer mag heute noch schreiben, wo selbst Autoren, die früher Bücher schrieben, auf Youtube-Videos umsteigen. Erstaunlich, dass den Autoren von test.de diese Entwicklung der Krisen- bzw. Pandemie-Psychotherapie unbekannt geblieben ist.