
Gesetzlich krankenversicherte Patienten sollen nicht mehr so lange auf einen Termin beim Psychotherapeuten warten müssen wie bisher. Über die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen sollen sie binnen vier Wochen einen Termin bekommen. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss kürzlich beschlossen. Die neue Regelung wird allerdings erst ab April nächsten Jahres gelten. test.de hat die Details.
Langes Warten bis zum Termin
Derzeit warten Patienten im Durchschnitt drei Monate bis zu einem Erstgespräch mit einem Psychotherapeuten, so die Bundespsychotherapeutenkammer. Um diese Zeit zu verkürzen, sollen die Psychotherapeuten eine psychotherapeutische Sprechstunde anbieten. Eine entsprechende Änderung der Psychotherapie-Richtlinie hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) beschlossen. Der GBA ist das entscheidende Gremium für die Leistungen, auf die gesetzlich Krankenversicherte Anspruch haben. Er bestimmt, welche Therapien und Medikament von den Krankenkassen bezahlt werden. Die Sprechstunden sollen „zeitnah einen niedrigschwelligen Zugang der Patienten zur ambulanten Versorgung ermöglichen“, so der GBA. Nach einer langen Übergangsfrist, die den Psychotherapeuten Zeit für die Einrichtung der Sprechstunden gibt, sollen die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen ab April 2017 Termine vermitteln. Ursprünglich war dies bereits für Anfang 2017 geplant.
Nachzügler ambulante Psychotherapie
Für Termine bei Fachärzten wie Augenärzten, Orthopäden oder Neurologen gibt es den Terminservice bereits seit Anfang 2016 (siehe unser Special Termin beim Facharzt). Patienten mit einer Überweisung vom Hausarzt (für Frauenärzte und Augenärzte ist keine Überweisung notwendig), dürfen nicht länger als vier Wochen vertröstet werden – wenn der Hausarzt die Überweisung mit einem Code aus Zahlen und Buchstaben als dringlich gekennzeichnet hat. Fehlt dieser Code, müssen die Terminservicestellen auch einen Termin vermitteln, allerdings gilt laut Versorgungsstärkungsgesetz in diesem Fall: „In einer angemessenen Frist“, also in etwa sechs bis acht Wochen. Bis dahin muss der Patient einen Facharzt zu Gesicht bekommen. Für einen Termin beim Psychotherapeuten gilt die Vier-Wochen-Frist. Eine Überweisung des Hausarztes braucht der Patient für die Terminvergabe nicht.
Mehr Gruppentherapie, weniger Probesitzungen
Außer der psychotherapeutischen Sprechstunde hat der GBA noch weitere Verbesserungen für die Versorgung psychisch Kranker beschlossen. So sollen Gruppentherapien künftig bereits für drei Patienten möglich sein. Bisher mussten mindestens sechs Patienten in einer Gruppe sein. Die neue Regelung soll Gruppentherapien leichter möglich machen. Derzeit werden sie nur von 2 Prozent aller ambulanten Psychotherapie-Patienten genutzt. Wer eine Therapie macht, muss sich künftig aber spätestens nach der vierten Sitzung entscheiden, ob er nicht doch lieber einen anderen Therapeuten möchte. Bislang ist der Wechsel des Therapeuten bis nach der fünften Sitzung erlaubt.
Volkskrankheit Depression
Psychische Erkrankungen gehören zu den Hauptgründen für längere Fehlzeiten am Arbeitsplatz und vorzeitige dauerhafte Arbeitsunfähigkeit. Allein auf die Diagnose Depression entfielen 2014 rund 23,5 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage. Häufiger wurden nur Rückenprobleme genannt, mit 31,4 Millionen Tagen. Je schneller eine Depression, eine Angststörung oder eine andere psychische Krankheit behandelt wird, desto besser.
Tipp: Wie Sie schon jetzt, vor Inkrafttreten der neuen Regelung, schneller drankommen können, steht in unserem Special Psychotherapie: Neue Ansprüche für gesetzliche Krankenversicherte.
Leseraufruf: Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen
Haben Sie schon einmal einen Termin beim Psychotherapeuten gesucht? Wie viele Versuche haben Sie gebraucht, um einen zu bekommen? Haben Sie auch einen privat abrechnenden Therapeuten gesucht? Hat Ihre Kasse die Kosten problemlos erstattet? Welche anderen Erfahrungen haben Sie bei der Psychotherapeutensuche gemacht? Schreiben Sie uns bitte eine Mail an: psychotherapie@stiftung-warentest.de. Sie helfen uns damit bei der Berichterstattung. Ihre Angaben behandeln wir selbstverständlich vertraulich.