Viele Banken haben zum 1. Januar 2018 neue Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) angekündigt. Die Kunden sollen darin auf die Herausgabe von Provisionen verzichten. Kunden, die den neuen AGB widersprechen, riskieren allerdings eine Kündigung seitens der Bank. Betroffene sollten diese Praxis der Bank zum Anlass nehmen, einen Wechsel zur günstigeren Konkurrenz zu erwägen.
Neue Banken-AGB ab Januar 2018
Viele Kunden erhalten derzeit Post von ihrer Bank. In umfangreichen Broschüren werden sie über neue Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) informiert. Ab Bekanntgabe der Änderungen haben die Kunden sechs Wochen Zeit zu widersprechen. Erfolgt kein rechtzeitiger Widerspruch, gilt die Änderung der AGB als genehmigt. Eine Klausel in den neuen Bedingungen hat bei einigen Lesern besonders zu Verwirrung geführt. Sie ist überschrieben mit „Verzicht des Kunden auf die Herausgabe von Vertriebsvergütungen“. Viele fragen sich, ob sie Geld verlieren, wenn sie jetzt nicht widersprechen.
Widerspruch bringt wahrscheinlich nichts
Die traurige Antwort auf diese Frage lautet: ein Widerspruch bringt sehr wahrscheinlich nichts. Wenn Banken ihre Geschäftsbedingungen ändern, ist der Widerspruch oftmals ein stumpfes Schwert. Denn wer tatsächlich widerspricht, wird in der Folge von der Bank oftmals die Kündigung erhalten. So hat uns zum Beispiel die Fondsgesellschaft DWS, die als Depotbank Fondsanteile ihrer Kunden verwahrt, auf Anfrage von test.de mitgeteilt: „Bei Widersprüchen gegen eine AGB-Änderung werden wir, wie auch bislang in der Regel, den Kunden noch einmal anschreiben und in detaillierterer Form die Hintergründe der Änderung erläutern. Gleichzeitig bitten wir ihn, den Widerspruch noch einmal zu überdenken und zurückzunehmen. Sollten wir nach angemessener Zeit keine Reaktion erhalten haben, schreiben wir den Kunden erneut an und sprechen dann gegebenenfalls eine Kündigung gemäß AGB aus.“
Sparkassen als Vorreiter
Ganz neu ist diese Bankenpraxis nicht. 2015 zwangen bereits zum Beispiel Sparkassen Kunden zum Verzicht (Wertpapierdepot: Neue Klausel – Sparkasse macht Kunden Druck). Offenbar ziehen jetzt die Banken nach, die das bis heute noch nicht getan haben.
Verbraucherschützer: Provisionen stehen Kunden zu
Worum geht es in dem Verzicht überhaupt? Vertriebsvergütungen sind Provisionen, die die Bank erhält, wenn sie Kunden Investmentfonds vermittelt oder für diese im Depot verwahrt. Die Banken bekommen zum Beispiel von einer Fondsgesellschaft jährlich eine sogenannte Bestandsprovision von meist 0,1 bis 1 Prozent des Werts der Fondsanteile des Kunden (Provisionsrechner: So viel Provisionen kassiert die Bank für ihre Geldanlage). Nach Ansicht von Verbraucherschützern wie Dorothea Mohn, Leiterin des Teams Finanzen beim Verbraucherzentrale Bundesverband, stehen solche Provisionen grundsätzlich den Kunden zu. Über diese Frage streiten Verbraucherschützer und Banken seit Jahren.
Banken verweigern die Herausgabe schon seit Jahren
Ob die Kreditinstitute zur Herausgabe von solchen Bestandsprovisionen nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (insbesondere nach Paragraf 667) verpflichtet sind, ist nicht höchstrichterlich geklärt. Damit es nie zu einer Herausgabe kommen wird – auch dann nicht, wenn der Bundesgerichtshof doch eines Tages eine Herausgabepflicht grundsätzlich bejahen sollte – vereinbaren die Banken mit ihren Kunden jetzt vorsichtshalber diesen Verzicht. Individuelle Vereinbarungen verdrängen in der Regel die Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Berliner Volksbank will Zusatzvereinbarung
Einige Banken wie etwa die Berliner Volksbank gehen einen anderen Weg. Sie schreiben den Kunden an und fordern von ihm die Unterschrift unter eine „Zusatzvereinbarung zu Wertpapiergeschäften“. Darin soll der Kunde erklären, dass die Bank Vertriebsvergütungen wie eine Bestandsprovision behalten darf. Diesen Weg über eine spezielle Zusatzvereinbarung hat der Bundesgerichtshof 2014 für wirksam erklärt. Damals hatte die Deutsche Bank ihren Kunden eine „Rahmenvereinbarung“ zur Unterschrift vorgelegt (Az. XI ZR 355/12; Urteil im Volltext). Interessanterweise will die Berliner Volksbank Kunden, die die Zusatzvereinbarung nicht unterschreiben, nicht kündigen. Auch ohne Unterschrift werde der Kunde „in Zukunft den umfänglichen Service und unsere Beratungsleistungen uneingeschränkt erhalten“, so eine Volksbank-Sprecherin. Das klingt zunächst gut. Aber: Auch ohne Unterschrift des Kunden sieht sich die Berliner Volksbank nicht zur Herausgabe von Provisionen verpflichtet. Ergebnis: Auch wer sich weigert, die Zusatzvereinbarung zu unterschreiben, erhält die jährlichen Bestandsprovisionen nicht ausgezahlt.
Ausweg: Wechsel der Bank
Das traurige Fazit lautet: In der Vergangenheit haben Kunden die von den Banken vereinnahmten Bestandsprovisionen nicht erhalten und in Zukunft werden sie freiwillig von dort auch nichts bekommen. Und ob die Gerichte irgendwann einmal einheitlich zugunsten der Verbraucher urteilen, steht in den Sternen. Mit den Verzichtsklauseln ab 2018 wird das jedenfalls noch unwahrscheinlicher als zuvor. Anleger, die sich das Gebaren ihrer Bank nicht gefallen lassen wollen, sollten überdenken, ob sie ihre Wertpapiere künftig nicht über andere, günstigere Vertriebskanäle erwerben. Haben sie bisher bei einer Bank ein kostenpflichtiges Depot für ihre Fondsanteile geführt, können sie zum Beispiel zu einem Anbieter wechseln, der die Wertpapiere kostenlos verwahrt (Test Wertpapierdepots). Das Übertragen der Wertpapiere kostet nichts.
Honorar statt Provision
Eine Alternative zum provisionsbelasteten Fonds- und Wertpapierkauf ist der Kauf in Verbindung mit einer Honorarberatung. Anleger zahlen direkt für die Beratung und erhalten im Gegenzug alle Provisionen zurück, die der Verkäufer von Anbietern erhält. Allerdings ist Honorarberatung mitunter recht kostspielig.
Teilerstattung bei Fondsvermittlern
Für Anleger attraktiv sind sogenannte Fondsvermittler im Internet, die aktiv gemanagte Fonds meist ohne Ausgabeaufschlag anbieten. Die Bestandsprovisionen gehören hier zum Geschäftsmodell. Dennoch gibt es einige Vermittler, die ihren Kunden zumindest einen Teil der Provisionen erstatten.
Provisionsfrei in ETF anlegen
Anleger können Provisionen bei Investmentfonds aber ganz einfach vermeiden. Bei börsengehandelten Indexfonds, sogenannten ETF, gibt es in der Regel keine Bestandsprovisionen. Auch die Verwaltungskosten sind deutlich niedriger als bei gemanagten Fonds. Anleger sparen also dauerhaft Geld und haben zusätzlich den Vorteil, dass sie, anders als bei gemanagten Fonds, die Entwicklung nicht regelmäßig kontrollieren müssen.
Tipp: Im aktuellen Finanztest Spezial „Anlegen mit ETF“ erfahren Sie, welche ETF sich als Geldanlage für Einsteiger und Profis eignen. Im Heft haben wir mehr als 700 ETF aus mehr als 160 Fondsgruppen analysiert. Das 130-seitige Heft kostet 8,80 Euro (Download als PDF 6,80 Euro). Im großen Fonds-Vergleich auf test.de finden Sie Bewertungen für 3 637 aktiv gemanagte Fonds und ETF aus 38 Fondsgruppen – von Aktienfonds Welt bis Rohstofffonds. Aber auch für Fonds, die nicht bewertet werden, etwa weil sie zu jung oder zu klein sind, gibt es Rendite- und Risikoeinstufungen. Ausgewertet werden über 18 000 Fonds aus rund 200 Fondsgruppen.
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Am 24. März 2015 haben wir an dieser Stelle eine Meldung zum selben Thema veröffentlicht. Sie wurde am 7. Dezember 2017 durch das vorliegende Stück ersetzt. Ältere Nutzerkommentare beziehen sich auf einen früheren Stand.
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- Wer oft aktiv gemanagte Fonds kauft, sollte sich eine günstige Quelle suchen. In Fondsshops werden Sparfüchse fündig.
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- Mit Neobrokern kostenlos Aktien und ETF handeln – wie gut klappt das? Finanzen.net Zero, Justtrade, Scalable Capital und Trade Republic im Vergleich.
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@anon: Sie haben Recht. Die Rahmen- bzw. Zusatzvereinbarungen, die die Banken den Kunden zur Unterschrift vorlegen, sind AGB und gerade keine "Individualabreden" im Sinne von Paragraf 305b BGB. Der BGH hat eine Verzichts-AGB der Deutschen Bank (eine vom Kunden zu unterschreibende Rahmenvereinbarung) 2014 für wirksam erklärt. Die Formulierung im Text "Individuelle Vereinbarungen verdrängen..." war allerdings nicht als Synonym für das rechtliche Fachwort "Individualabrede" gemeint, sondern als eine "vertragliche Regelung" zwischen Kunde und Bank. Und diese geht (sofern es sich um wirksame AGB handelt) einer gesetzlichen Regelung vor (sofern diese abdingbar ist). Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, haben wir die Textstelle nun präziser formuliert.
(sit/aci)
Es wird im Artikel gesagt "Damit es nie zu einer Herausgabe kommen wird [...] vereinbaren die Banken mit ihren Kunden jetzt vorsichtshalber diesen Verzicht. Individuelle Vereinbarungen verdrängen in der Regel die Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuchs." Eine AGB ist aber gerade keine individuelle Vereinbarung.
Auch im BGH-Urteil, auf das verwiesen wird (Az. XI ZR 355/12), ging es um AGB. Der BGH hat die Klausel in der "Rahmenvereinbarung" nämlich gerade nicht als individuelle Vereinbarung angesehen. Er hat sie als zulässige und wirksame AGB angesehen, selbst für den Fall, dass nach § 667 BGB normalerweise ein Herausgabeanspruch bestehen sollte (was er offen gelassen hat).
Deshalb bauen die Banken nun die Klausel in ihre AGB ein. Der BGH hat ja schon entschieden, dass sie in jedem Fall wirksam ist.
Der BGH war hier zu feige, den Herausgabeanspruch nach § 667 BGB zu bejahen, die AGB für unzulässig zu erklären und so das Provisionssystem zu köpfen.
@guenter13579: Die Kommentarfunktion ist nicht der Ort für individuelle Beratungen. Diese erhalten Sie in der Anlageberatung einer Verbraucherzentrale. Wenn Sie sich einen Überblick verschaffen möchten, empfehlen wir Ihnen unseren Produktfinder Investmentfonds: www.test.de/Fonds-im-Test-Fuenf-Punkte-fuer-die-Besten-4331006-0/
Dort finden Sie neben den Fondsbewertungen bereits zahlreiche Informationen zum Einstieg in die Materie.
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Kommentar vom Autor gelöscht.
Kassieren denn die Banken doppelt? Depotgebühren gibts fast keine mehr. Transaktionskosten decken gerade mal die Kosten. Und wer zahlt für die Beratung bzw Erläuterung durch die Bank, wenn der Kunde den von der Finanztest empfohlenen und deshalb gekauften Fonds nicht versteht? Wer erklärt dem Kunden denn die Steuerbescheinigungen etc? Der Artikel ist sehr enttäuschend. Beim aufmerksamen Lesen wird man feststellen, dass Finanztest auch keine Lösung hat, alles umsonst zu bekommen, sowie es Finanztest gerne hätte. Sich immer nur das beste raussuchen, diese Mentalität wird hier gefördert. Bei der Postbank gibt es ein kostenloses Depot wird hier propagiert. Im nächsten Artikel wird die Postbank verteufelt, weil sie 99 cent für eine Überweisung möchte. Geiz ist Geil. Super!!!