
Für den PSA-Test wird Blut abgenommen und im Labor untersucht. © Alamy Stock Photo
Ein Bluttest soll helfen, Prostatakrebs früh zu erkennen und ein langes Leben zu sichern. Doch der PSA-Test kann auch falschen Alarm auslösen. Oft werden Tumore entdeckt, die keiner Behandlung bedürfen. Der Nutzen eines regelmäßigen PSA-Screenings kann den Schaden durch Überdiagnosen nicht aufwiegen. Zu diesem Schluss kam kürzlich das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Männer sollten die Vor- und Nachteile der Untersuchung gründlich abwägen.
Prostatakrebs: Häufigste Tumorerkrankung bei Männern
Das Prostatakarzinom ist in Deutschland die häufigste Tumorerkrankung des Mannes. Jedes Jahr sterben etwa 14 000 Männer an den Folgen von Prostatakrebs. Früherkennungsuntersuchungen sollen helfen, schnell voranschreitende Tumore zu entdecken, um den Krebs zu heilen.
Gesunde Männer müssen PSA-Test selbst zahlen
Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen Männern ab dem 45. Lebensjahr regelmäßig eine Tastuntersuchung zur Krebsfrüherkennung, aber nicht die Blutuntersuchung auf das prostataspezifische Antigen (PSA). Der PSA-Test ist für gesunde, beschwerdefreien Männer eine individuelle Gesundheitsleistung (IGeL), das heißt die Kosten muss jeder Versicherte selbst übernehmen.
Tipp: Wie der Test funktioniert, welche Faktoren das Ergebnis beeinflussen können und was passiert, wenn der gemessene PSA-Wert erhöht ist, lesen Sie in unserem Special Prostatakrebs früh erkennen - wann ist ein PSA-Test sinnvoll?.
Was bringt ein PSA-Screening?
Soll der PSA-Test bei beschwerdefreien Männern bevölkerungsweit und regelmäßig eingesetzt werden, sprechen Fachleute von einem PSA-Screening. Doch welchen Nutzen hätte so eine Reihenuntersuchung? Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hat kürzlich eine Auswertung von elf hochwertigen Studien mit weltweit mehr als 400 000 Teilnehmern veröffentlicht.
IQWiG: Nutzen wiegt Schaden nicht auf
Das Institut kam zu dem Schluss: Der Nutzen eines generellen PSA-Screenings für Männer ohne Verdacht auf Prostatakrebs kann den Schaden nicht aufwiegen, der durch Überdiagnosen und Therapiekomplikationen entsteht. Anders ausgedrückt: Insgesamt schade es deutlich mehr Männern, als es Männern nutzt, die durch eine frühere Diagnose den Krebs erfolgreich behandeln lassen können. Wie das IQWiG sprechen sich weltweit nahezu alle nationalen Gesundheitsbehörden und auch Fachgesellschaften gegen ein allgemeines PSA-Screening aus.
Frühe Diagnose ist unter Umständen problematisch
Ein generelles PSA-Screening kann zwei Gruppen schaden:
- Männern mit Überdiagnose: Das sind Männer mit einem Prostatakarzinom, das aber keiner Behandlung bedarf. Der Test erkennt nämlich auch langsam wachsende Tumore, die zu Lebzeiten der Betroffenen wahrscheinlich niemals zu Beschwerden, geschweige denn zum Tod führen werden. Wenn diese Männer sich operieren lassen, drohen Komplikationen wie Inkontinenz und Impotenz.
- Männern mit einem falsch-positiven Screeningbefund: Das sind Männer, die gar kein Prostatakarzinom haben, aber einen erhöhten PSA-Wert. Das besorgniserregende Testergebnis zieht bei ihnen oft eine Prostatabiopsie nach sich. Die Zeit, bis der Krebs-Verdacht ausgeräumt ist, kann für diese Männer psychisch sehr belastend sein.
Wer profitiert von einem PSA-Screening?
Immerhin einige Männer mit einem Prostatakarzinom würden von einem routinemäßigen PSA-Screening profitieren – nämlich diejenigen mit einem schnell wachsenden und aggressiven Prostatakrebs: Früh erkannt, kann dieser behandelt werden, so dass den Männern eine metastasierte Krebserkrankung erspart bleibt oder diese zeitlich verzögert wird. Es ist laut IQWiG aber unklar, ob das Screening bei diesen Männern insgesamt zu einer Lebensverlängerung führt.
Prostatakrebs aktiv überwachen
Erhöhte PSA-Werte können auf ein Prostatakarzinom hindeuten. Erhärtet sich der Krebsverdacht, etwa durch die Untersuchung einer Gewebeprobe, hängt die Therapie davon ab, in welchem Stadium die Erkrankung entdeckt wurde. Bei einem früh entdeckten Karzinom, das auf die Prostata begrenzt ist, gibt es mehrere Möglichkeiten: Unter Umständen kann es gerechtfertigt sein, den Tumor zunächst nicht zu behandeln, sondern engmaschig zu überwachen, wie er sich entwickelt.
Operation birgt viele Risiken
Weitere Behandlungsmöglichkeiten sind etwa Bestrahlung oder das Entfernen der Prostata. Eine Operation sollten sich Betroffene aber gut überlegen – auch wegen der zum Teil als gravierend empfundenen Neben- und Folgewirkungen. Wie Befragungsergebnisse des Barmer GEK Reports Krankenhaus 2012 zeigen, ist die Lebensqualität nach einer Prostataoperation oft eingeschränkt: Rund 16 Prozent der Betroffenen klagen über Inkontinenz, 70 Prozent über Erektionsprobleme und 54 Prozent über nachlassendes sexuelles Interesse. Außerdem bestehen die üblichen Risiken von Operationen wie Infektionen, Blutungen und Verletzungen angrenzender Organe wie dem Darm.
Vor- und Nachteile abwägen
Testen oder nicht? Auch wenn die Blutabnahme für den PSA-Test harmlos ist: Bedenken Sie mögliche Folgen und treffen Sie die Entscheidung in Ruhe. Seien Sie sich im Klaren, dass bei einem positiven PSA-Test kein akut behandlungsbedürftiger Krebs vorliegen muss. Ein positiver Test kann aber psychisch sehr belastend sein und eine diagnostisch-therapeutische Lawine lostreten.
Operieren oder nicht? Wenn bei Ihnen eine Frühform von Prostatakrebs festgestellt wurde, nehmen Sie sich die Zeit, um über Alternativen zu einer Operation nachzudenken. Über Therapiemöglichkeiten informiert zum Beispiel der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums. Besprechen Sie mit Ihrem Arzt die Möglichkeit einer aktiven Überwachung und langfristigen Beobachtung. Holen Sie gegebenenfalls bei einem anderen Arzt eine Zweitmeinung ein.
Tipp: Ärzte klären über Vor- und Nachteile von Früherkennungsuntersuchungen auf. Unser Test 2015 zur Beratung in Arztpraxen war aber ernüchternd. Männer sollten sich auch selbst informieren. Bei der Entscheidung für oder gegen eine Untersuchung Ihres PSA-Wertes kann der Besuch der Webseite des IGeL-Monitors vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen helfen. Auch der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums informiert über die Früherkennung von Prostatakrebs und den PSA-Test.
Diese Meldung ist erstmals am 13. August 2012 auf test.de erschienen. Sie wurde am 27. August 2020 aktualisiert.
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Die GKV-Leistung zur Früherkennung von Prostatakrebs gaukelt oftmals nur falsche Sicherheit vor und ist nicht ausreichend. Ab 45 sollte jeder Mann seinen PSA-Wert kennen und in Abständen wiederholen. Die paar Euro Selbstzahlung sollte ihm die Gesundheit wert sein. Wenn der Wert dauerhaft erhöht ist oder schnell steigt, bringt eine multiparametrische MRT bessere Klarheit, ob ein Karzinom vorhanden ist und überhaupt eine Biopsie stattfinden muss. Wenn ein Karzinom sichtbar ist, dann kann nach dieser Bildgebung gezielt biopsiert werden. Es ist sehr fraglich, ob die bisher übliche standardisierte Biopsie gerade den Tumorherd trifft. Je nach Ergebnis der Biopsie kann die richtige Therapie dann wesentlich besser und sicherer ausgewählt und eine Übertherapie vermieden werden, da die Anzahl und die Größe der Herde aus der Bildgebung bekannt ist.
Von daher ist Ihre Überschrift irreführend. Der PSA-Wert allein ist wenig aussagekräftig, zusammen mit anderen Faktoren aber schon sehr hilfreich.
Bei sämtlichen Berichten über den Bluttest PSA, bekommt man immer wieder den Eindruck, dass auch der Test ausschlaggebend für eine Operation ist.
Das ist aber nie der Fall.
Also ich finde jeder Mann, z.B. über 50, sollte seinen PSA-Wert kennen, sich aber nicht, bei einem erhöhten Wert, verrückt machen, das hat erstmal wenig zu sagen. Einfach weiterhin nüchtern beobachten.
Vielleicht auch mal über seine Lebensweise nachdenken und evtl. ändern.
Warum übernehmen Sie gedankenlos das Statement des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, welches offensichtlich die Darstellung der Kassenärztlichen Vereinigung wiedergibt. Sie wissen doch, dass Prostatakrebs zu den schnell wachsenden, früh streuenden Tumoren mit hohem Sterblichkeitsrisiko gehört.
Warum beachten Sie nicht die AWMF-Leitlinien, die vorgeben, dass nach einem auffälligen PSA-Test eine Biopsie fällig und erst danach über die weiteren, geeigneten Maßnahmen zu entscheiden ist.
Bei mir trat nach längerem moderatem Ansteigen plötzlich eine deutliche Progression auf. Die anschließende Biopsie zeigte von 12 Proben eine mit einem derart hohen Gleason Score, dass ich mich von der Notwendigkeit einer Operation überzeugen ließ. Die Histologische Untersuchung des entfernten Gewebes offenbarte einen dispers verteilten hochaggressiven Tumor, der unbehandelt in kurzer Zeit gestreut und dadurch mit großer Wahrscheinlichkeit bald zum Tode geführt hätte.
Kommentar vom Autor gelöscht.
Es ist kaum zu glauben aber in dieser ganzen Diskussion über die Wertigkeit des PSA-Screenings werden doch tatsächlich die negativen Folgen der Übertherapie, wie Inkontinenz und Erektionsstörungen auf der eine Seite, dem geretteten Leben auf der anderen Seite gegenübergestellt. So nach dem Motto, wieviele unnötige Erektionsstörungen ist ein Menschenleben wert. Das ist an Zynismus nicht zu überbieten. Aber ist ja klar, kommt ja vom Institut für Qualität und vor Allem Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen!!!
Natürlich bedeutet ein erhöhter PSA nicht gleich Prostatakrebs, das ist aber nun wirklich keine Neuigkeit mehr. Ich selbst hatte vor drei Jahren eine radikale Prostatektomie und ich bin sehr glücklich darüber, dass der Tumor gerade noch entfernt wurde, bevor er über die Kapsel hinausgewuchert ist. Wie kam es dazu?
Weil bei einer Vorsorgeuntersuchung ich auf eine PSA-Untersuchung bestanden habe. Ich hatte keinerlei Beschwerden und die Tastuntersuchung war unauffällig. Ich lebe!