Auf der Gläubigerversammlung des insolventen Windkraftspezialisten Prokon Regenerative Energien stimmen die Anleger mit überwältigender Mehrheit dafür, das Unternehmen fortzuführen. Sie lassen sich nicht vom Störfeuer durch Ex-Prokon-Chef Carsten Rodbertus beirren. Bis Mitte September haben Anleger Zeit, ihre Forderungen anzumelden.
Abfuhr für den Prokon-Gründer
Die Weichen für die Zukunft des insolventen Windkraftspezialisten Prokon Regenerative Energien aus Itzehoe sind gestellt. Auf der Gläubigerversammlung am 22. Juli in Hamburg bestätigten die Gläubiger den Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin im Amt und beauftragten ihn, einen Insolvenzplan zu erstellen. Damit soll die Gesellschaft saniert werden und ihre Kerngeschäfte Windkraft und Strom an Endkunden weiterbetreiben („Prokon 2.0“). Sie erteilten damit dem Gründer und Ex-Chef von Prokon, Carsten Rodbertus, eine Abfuhr. Er hatte bis zuletzt gegen die Pläne Penzlins Stimmung gemacht und die Anleger dazu aufgerufen, dem Rodbertus-Vertrauten Alfons Sattler eine Vollmacht zur Stimmabgabe zu erteilen. Das Insolvenzverfahren zählt zu den größten in der Geschichte der Bundesrepublik. Gut 75 000 Anleger haben 1,4 Milliarden Euro in Genussrechte des Unternehmens investiert. Zur Versammlung in den Hamburger Messehallen kamen 2 350 Gläubiger, die mehr als 28 000 Gläubiger mit 850 Millionen Euro Forderungen vertraten, und hörten sich den Bericht des Insolvenzverwalters und seines Teams an.
Tipp: Einen Überblick über die jüngste Entwicklung bei Prokon bietet die Themenseite Prokon.
Kein Einfluss auf das Ergebnis
Für Rodbertus’ Vertrauten Alfons Sattler hatten Anleger Vollmachten über 191 Millionen Euro ausgestellt. Das Insolvenzgericht Itzehoe wertete ihre Stimmen aber mit Null, weil Sattler nur als Strohmann für Rodbertus fungiere. Als Vertreter der Schuldnerin Prokon dürfe dieser aber nicht zugleich auch Gläubiger vertreten. Rodbertus beklagte sich darüber in seiner Stellungnahme bitter: 17 000 Anleger würden damit ihrer Stimmrechte beraubt. Wären die Stimmen voll gezählt worden, hätte das aber am Ergebnis nichts geändert, denn alle Beschlüsse wurden mit überwältigenden Mehrheiten gefasst. Die Unternehmensfortführung und die Erstellung eines Insolvenzplans etwa wurden mit mehr als 98 Prozent der Stimmen befürwortet.
Staatsanwalt ermittelt gegen Rodbertus
Rodbertus führte den Niedergang auf eine „mediale Hetzkampagne“ im zweiten Halbjahr 2013 zurück, die zu einer Kündigungswelle bei den Genussrechten geführt habe. Es sei ein Fehler gewesen, die Kündigungsfristen dafür auf wenige Wochen zu verkürzen. Den Insolvenzverwalter griff er frontal an. Dieser rede alles schlecht. „Aus meiner Sicht ist es Untreue, wie hier mit Ihrem Geld umgegangen wird“, rief er dem Publikum zu. Derzeit ermittelt die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität in Lübeck aber gegen Rodbertus wegen verschiedener Delikte, darunter Betrug und Untreue in einem besonders schwerem Fall. Denn Prokon hatte unbesicherte Kredite in Millionenhöhe vergeben. „Hierdurch ist den Genussrechtsinhabern schwerer Schaden zugefügt worden“, urteilte Penzlin schon vor der Gläubigerversammlung. Es gebe „viele Anhaltspunkte für Pflichtverstöße“. Er rechnet damit, dass noch in diesem Jahr eine umfangreiche Schadensersatzklage gegen Rodbertus eingereicht wird. Es gebe auch Anhaltspunkte für eine Insolvenzverschleppung. In der Versammlung widersprach Penzlin auch Rodbertus’ Sicht, die Kündigungswelle bei den Genussrechten habe die Insolvenz ausgelöst. Auch ohne diese hätten dem Unternehmen Zahlungsprobleme gedroht. Wegen schwerwiegender Mängel sei der Jahresabschluss 2012 nichtig, dem Abschluss für 2013 werde der Wirtschaftsprüfer wohl erneut das Testat versagen.
Polemische Vorwürfe
Punkt für Punkt entgegnete Penzlin den zum Teil polemischen Vorwürfen von Rodbertus. Dessen Störfeuer habe dem Unternehmen in den vergangenen Wochen geschadet. Die Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses lobten die Zusammenarbeit mit dem Insolvenzverwalter. Der vorläufige Gläubigerausschuss setzte sich zusammen aus jeweils einem Vertreter der Anlegervereinigungen Freunde von Prokon e.V. und Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW), der Banken, der Bundesagentur für Arbeit sowie der Belegschaft von Prokon. Sie gehören auch dem Gläubigerausschuss an, den die Versammlung um zwei Mitglieder erweiterte: Dem Gremium gehören künftig auch ein Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK) und ein Prokon-Genussrechtsinhaber an.
Anleger setzen weiter auf das Unternehmen
Ungewöhnlich kooperativ zeigte sich die Mehrzahl der Gläubiger. In einer Fragestunde betonten viele, wie wichtig es ihnen sei, dass das Unternehmen fortgeführt werde und seine ökologischen Ziele verwirklicht würden, nämlich die Energiewende voranzutreiben. Möglichst bis Ende Januar 2015 soll der Insolvenzverwalter einen Insolvenzplan ausarbeiten. Erste Eckpunkte stellte Penzlin bereits vor. So soll Genussrechtsinhabern die Möglichkeit gegeben werden, Gesellschafter zu werden. Prokon müsse sich auf die Kernbereiche Windkraft und Strom konzentrieren und andere Unternehmensbereiche abstoßen, wie etwa die Pflanzenölproduktion und die Finanzierung von Wäldern.
Was Anleger jetzt tun sollten
Melden Sie Ihre Forderungen bis zum 15. September 2014 an. Das ist einfach. Der Insolvenzverwalter hat dafür allen Anlegern vorausgefüllte Formulare zugeschickt. Prüfen Sie, ob darauf alle Daten korrekt erfasst sind. Ist das der Fall, brauchen Sie nur noch zu unterschreiben und fristgerecht zurückzuschicken. Mit den Unterlagen erhalten Sie außerdem eine persönliche PIN, mit der Sie sich auf der Website des Insolvenzverwalters anmelden und Informationen zum Insolvenzverfahren einsehen können.
Tipp: Einen Überblick über dubiose, unseriöse oder sehr riskante Geldanlageangebote bietet die Warnliste Geldanlage, die regelmäßig aktualisiert wird.