
Prokon hat ein riesiges Genussrechteangebot für Privatanleger auf den Markt gebracht. Gigantische zehn Milliarden Euro will der umstrittene Windkraftspezialist und Stromanbieter damit einsammeln. Doch auf konkrete Investments legt sich das Unternehmen nicht fest. Die Stiftung Warentest erklärt, warum risikoscheue Anleger lieber die Finger von dieser Geldanlage lassen sollten.
Fast jeder kennt Prokon: Der Windkraftspezialist aus Itzehoe verschickt Werbebriefe in Massen, wirbt im Fernsehen und in S-Bahnen für 6 Prozent Zinsen und mehr pro Jahr. Der neueste Coup: Wer mindestens 250 Euro bei Prokon investiert und Stromkunde des Unternehmens ist, bekommt jede Kilowattstunde billiger.
Mehr als 68 000 Privatanleger haben Prokon über 1 Milliarde Euro anvertraut. Allein 2012 kamen nach einer Studie des Analysehauses Feri 331 Millionen Euro hinzu. Damit hat Prokon erstmals mehr Geld eingesammelt als jeder andere bankenunabhängige Anbieter in Deutschland.
Nun greift das Unternehmen nach den Sternen: 10 Milliarden Euro will die Prokon Regenerative Energien GmbH in den kommenden Jahren einwerben. Das Unternehmen legt dafür Genussrechte auf, eine Geldanlage, die ihm große Freiheit bei der Gestaltung lässt.
Im Verkaufsprospekt behaupten die Geschäftsführer, das Geld der Anleger sei „in Zeiten von Inflationsgefahr und Spekulationsblasen deutlich sicherer angelegt als auf Bankkonten und Sparbüchern oder in Versicherungspolicen“. Das sehen wir nicht so.
Früher stellte Prokon die vermeintliche Sicherheit solcher Papiere so offensiv heraus, dass Verbraucherschützer vor Gericht zogen. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht gab ihnen 2012 recht und verbot einem Unternehmen der Gruppe einige Werbeaussagen, wenn nicht auch auf die damit verbundenen Risiken hingewiesen wird. Seit 2011 verwendet es sie nicht mehr.
Prokon stellt Pressearbeit ein
Die Gruppe, die neben Wind unter anderem auf Biomasse und Biodiesel setzt, hat sich auch umstrukturiert. Bisher bemängelten Kritiker, dass die Gesellschaft, von der die Genussrechte stammten, Darlehen an andere Firmen der Gruppe vergab, die Anlagen für erneuerbare Energien hatten. Die neue Gesellschaft besitzt nun aber selbst solche Anlagen.
Prokon fühlt sich aber nach wie vor schnell unverstanden, wenn Außenstehende die Geschäfte und die Konstruktion der Gruppe hinterfragen. Ende Mai verkündete die Gruppe auf ihrer Internetseite sogar, „für Anfragen der Medien nicht mehr zur Verfügung zu stehen“. Dabei wirft allein die Dimension des neuen Angebots Fragen auf. Auch Finanztest erhielt keine inhaltlichen Antworten aus Itzehoe.
Bis 2018 will Prokon 10 Milliarden Euro Genussrechtskapital verwalten, achtmal so viel wie heute. Wird das Unternehmen in dieser Zeit ausreichend Projekte finden, die genug abwerfen, um die fälligen Zins- und Rückzahlungen an die Anleger dauerhaft zu stemmen? Das lässt sich schwer beurteilen, denn Prokon legt sich im Verkaufsprospekt auf kein einziges konkretes Investment fest, in das die Anlegermilliarden fließen sollen.
Indizien stimmen nicht euphorisch
Schnell wachsende Gesellschaften werden manchmal trotz voller Auftragsbücher und ausgewiesener Gewinne zahlungsunfähig, weil mehr Geld für den Aufbau des Geschäfts abfließt, als in die Kassen kommt. Das neue Kapitalanlagegesetzbuch schreibt seit 22. Juli 2013 vielen Verwaltern von Geldanlagen ausdrücklich vor, die Liquiditätslage besonders im Blick zu behalten. Prokon fällt nach eigener Einschätzung allerdings nicht unter die neue Regulierung.
Der Prokon-Verkaufsprospekt enthält keine Kapitalflussrechnung. Das ist schade: Denn sie würde zeigen, ob durch das normale Geschäft genug Geld zugeflossen ist, um die Abflüsse abzudecken. Es ist kein gutes Zeichen, wenn das bei einer Gesellschaft über viele Jahre nicht der Fall ist und sie in hohem Umfang neue Finanzmittel, etwa von Banken oder Anlegern, gebraucht hat.
Für 2012 muss Prokon erstmals einen Konzernabschluss veröffentlichen. Dazu gehört eine Kapitalflussrechnung. Bei Redaktionsschluss lag erst ein Konzernbilanzentwurf per 1. Januar 2012 vor. Anleger sind bislang auf Indizien zu den Geldflüssen angewiesen. Die begeistern nicht: Im Geschäftsbericht für 2011 ist zum Bilanzstichtag von einer „Liquiditätsunterdeckung“ die Rede. Zu berücksichtigen seien aber die „eingeworbenen sowie zu erwartenden Neuzeichnungen“ von Genussrechten, also die Zuflüsse von Anlegergeld.
Prokon darf Auszahlung kürzen
Die Zinsen für 2012 zahlte Prokon laut Prospekt aus Erträgen und „der Aufdeckung stiller Reserven“. Letztere entstünden, weil etwa Windparks mehr wert seien als die Herstellungskosten, zu denen sie bilanziert werden müssten. Problem: Das Aufdecken stiller Reserven bringt kein Geld in die Kasse.
Auch der Geschäftsbericht 2011 zählt „die Wertschöpfung aus der Planung und Errichtung der Windparks“ zu den Erträgen.
Windparks und andere Anlagen erneuerbarer Energien lassen sich zudem schlecht kurzfristig verkaufen, wenn einmal viele Anleger im gleichen Zeitraum Genussrechte kündigen. Das Risiko, zum gewünschten Termin nicht an das Geld zu kommen, tragen sie: Wenn Prokon nicht genug flüssige Mittel hat, um die Ansprüche zu erfüllen, hat das Unternehmen das Recht, später, nur teilweise oder gar nicht zu zahlen.
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