Realitätsferne Vorgaben
Das Energiesparlabel, das den Stromverbrauch eines Kühlschranks nennt, beruht auf lebensfremden Messungen. In einer normalen Küche ist der Kühlschrank mal voller, mal leerer. Die Besitzer öffnen ihn, um ungekühlte oder gar warme Speisen und Getränke hineinzustellen.
Hersteller optimieren auf unrealistische Bedingungen
Nichts davon berücksichtigt die Welt der Prüfnormen. Da ist der Kühlschrank leer, die Tür bleibt zu. Der Stromverbrauch wird gemessen, wenn im Inneren 5 Grad Celsius herrschen. Auf diese Bedingungen optimieren Hersteller ihre Geräte, um möglichst das beste Energielabel zu bekommen, in diesem Fall A+++.
Stiftung Warentest geht von der alltäglichen Praxis aus
Wenn die Stiftung Warentest einen Test plant, checkt sie, wie praxisnah die Prüfvorgaben sind. Haben sie, wie bei Kühlschränken, wenig mit der alltäglichen Nutzung zu tun, stellen wir eigene Anforderungen. Wir bepacken Kühlschränke mit backsteingroßen Prüfpaketen, gefüllt mit einer Gelsubstanz. Die Geräte müssen zeigen, wie schnell und mit welchem Stromverbrauch sie warme Prüfpakete abkühlen. Viele als sparsam gekennzeichnete Modelle verbrauchen unter diesen Alltagsbedingungen mehr Strom, als das Label verspricht.
Beispiel Fahrrad-Test
Die Vielfalt des wirklichen Lebens blenden auch die Prüfvorgaben für die Stabilität von Fahrrädern aus. Nach Norm müssen die Bauteile nur einzeln getestet werden, nicht das komplette Fahrrad. Außerdem werden die Teile immer nur mit einer gleichbleibenden Belastung geprüft. Mit dem Alltag auf der Straße hat das nichts zu tun. Da schüttelt Kopfsteinpflaster das Fahrrad durch, müssen Rahmen, Gabel und Sattelstütze einen kräftigen Schlag verkraften, wenn es über den Bordstein geht. Die Stiftung Warentest misst zunächst, welche Kräfte auf Fahrräder auf der Straße einwirken, Holperstellen eingeschlossen. Mit einem eigens entwickelten Verfahren werden diese Alltagsbelastungen in einem speziellen Prüfaufbau im Labor nachgestellt.