
Produktfehler an Waschmaschinen können teuer werden - wenn zum Beispiel Wasser oder Waschlauge ausläuft.
Brüchige Schrauben, gefährliche Fehlkonstruktionen, missverständliche Bedienungsanleitungen, fehlende Sicherheitshinweise, mit Bakterien verseuchte Lebensmittel: Kommt jemand wegen eines Produktmangels zu schaden, haftet der Hersteller. Ihn muss nicht mal ein Verschulden treffen. Die Rechtsexperten der Stiftung Warentest erklären, wie die Produkthaftung funktioniert und wie Opfer Schadenersatzansprüche gegen den Hersteller durchsetzen.
- Allgemeine Regeln für Produkthaftung
- Produkt versagt wegen gefährlicher Qualitätsmängel
- Gefährliche Fehlkonstruktionen
- Konzeptionsfehler: Produkt funktioniert, ist aber gefährlich
- Haftung für fehlerhafte Prothesen und andere Medizintechnik
- Naheliegender Fehlgebrauch
- Warnpflicht missachtet – Hersteller haftet
- Aktuelle Urteile
Allgemeine Regeln für Produkthaftung
Die gesetzliche Haftung für Produktfehler ist streng. Der Hersteller oder, falls der außerhalb der Europäischen Union sitzt, der Importeur zahlen, wenn jemand durch einen Produktfehler zu Schaden kommt. Kann der Hersteller nicht ermittelt werden, haftet der Händler, der die Ware geliefert hat. Bei Sachschäden werden zwar nur über 500 Euro hinausgehende Schäden ersetzt und fürs fehlerhafte Produkt gibts keinen Ersatz. Bei Verletzungen gibt es aber volle Entschädigung für etwaige Behandlungskosten und auch Verdienstausfall und sogar ein Schmerzensgeld. Der Hersteller haftet auch dann, wenn er nicht schuldhaft gehandelt hat. Entscheidend ist, dass der Schaden durch einen Produktfehler entstanden ist.
Was zählt als Produktfehler?
Produktfehler sind nicht nur gefährliche Qualitätsmängel und Konstruktionsfehler, sondern auch fehlende Sicherheitsvorkehrungen und -hinweise sowie unzureichende Bedienungsanleitungen. Sogar für bei naheliegendem Fehlgebrauch auftretende Schäden müssen Hersteller und Importeure ausgleichen. Erst zehn Jahre, nachdem das fehlerhafte Produkt erstmals zum Verkauf angeboten wurde, erlischt die Haftung.
Tipp: Belege aufbewahren und mit Fehlern rechnen
Bewahren Sie Belege sowie Gebrauchsanweisung und sonstige Unterlagen zu Produkten, die Ihnen gefährlich werden könnten, zehn Jahre lang auf.Verkehrs-, Arbeits- und Haushaltsunfälle oder Krankheitssymptome können immer auch Folge von Produktfehlern und unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen sein. Gehen Sie der Sache nach, wenn Ihnen etwas komisch vorkommt!
Produkt versagt wegen gefährlicher Qualitätsmängel
Der Klassiker: Ungeeignetes Kleinteil führte zu Unfall

Rahmenbruch. Qualitätsmängel an Fahrrädern können zu gefährlichen Stürzen führen.
Kleine Ursache, große Wirkung: Eine unscheinbare Schraube, für den Zweck ungeeignet, verursachte einen schweren Fahrradunfall. Der Sattel brach ab, der Fahrer stürzte. Er konnte sich tagelang vor Schmerzen kaum rühren, an Arbeit war nicht zu denken. Erst nach vier Wochen war er wieder einsatzfähig. Zunächst glaubte er an einen normalen Unfall. Dann fand er heraus: Der Fahrradteilehersteller hat die von ihm verwendete Federsattelstütze wegen Bruchgefahr zurückgerufen. Der Radfahrer forderte daraufhin Schadenersatz. 20 500 Euro Schmerzensgeld und Verdienstausfall erhielt er schließlich, nachdem er einen Rechtsanwalt eingeschaltet hatte. Der Rückruf der gefährlichen Sattelstützen änderte daran nichts, weil der Radfahrer von ihm zu spät erfahren hatte. Es ist Sache des Herstellers, Verbraucher vor mangelhaften Produktion zu warnen und so Unfälle zu verhindern.
Wichtig: Wer gefährliche Ware trotz Kenntnis vom Rückruf weiter benutzt, erhält keinen Schadenersatz.
Problem: Nachweis nicht immer möglich
Dass ein Produktfehler vorliegt, muss feststehen. Geschädigte müssen im Zweifel nachweisen, dass das Produkt einen Fehler hatte. Schwierig ist das zum Beispiel bei mit Salmonellen verseuchten Lebensmitteln. Oft gibt es keine Proben mehr. Eine Untersuchung des Mageninhalts hilft nur, wenn Wissenschaftler eindeutig feststellen können, welches der Lebensmittel im Magen Salmonellen enthielt. Es muss außerdem feststehen, dass die Verseuchung trotz sachgemäßer Lagerung und Verzehr vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums auftraten. Dieser Nachweis gelingt selten.
Produkthaftung wegen Überspannungsschaden
Sogar elektrischer Strom ist ein Produkt, dass fehlerhaft sein kann. Das Oberlandesgericht Brandenburg verurteilte einen Stromversorger, einem Kunden einen Teil der Schäden an einer Brennwerttherme, einer Dunstabzugshaube, einem Radio und einer ganzen Reihe weiterer Geräte zu ersetzen, die wegen Überspannung irreparabel beschädigt wurden. Er muss sich aber ein Mitverschulden anrechnen lassen, weil er die Elektrik in dem Haus von 1934 nicht auf den aktuellen Stand hatte bringen lassen. Außerdem erhält er nicht den Neuwert der Geräte ersetzt.
Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 26.02.2019
Aktenzeichen: 6 U 26/18
Klägervertreter: Dr. Kischkel Rechtsanwälte, Rostock
Nachweis zuweilen schwierig

Zu Schnittverletzungen im Gesicht führte die Explosion einer Sektflasche.
Doch selbst klassische Qualitätsmängel sind zuweilen schwer nachzuweisen. Eine Lehrerin aus München erlitt schwere Schnittverletzungen im Gesicht und in der Folge mehrere Hörstürze, nachdem beim Umtrunk nach Schulschluss am letzten Tag vor den Ferien eine Sektflasche explodierte. Nicht ein Produktfehler, sondern Transport- oder Lagerschäden seien Ursache für die Tragödie, argumentierten die Anwälte des Sekt- und des Flaschenherstellers. Ein Sachverständigengutachten musste her. Das Geld dafür musste die Lehrerin zunächst vorstrecken. Gut für Rechtsschutzversicherte: Der Versicherer springt ein. Der vom Gericht bestellte Gutachter kam schließlich zu dem Ergebnis: Ohne Produktfehler ist die Explosion der Flasche nicht denkbar. Die Lehrerin bekam daraufhin Schadenersatz. Auch das für den Gutachter gezahlte Geld mussten die beiden Unternehmen ihr erstatten. Wie viel Schmerzensgeld und Schadenersatz die Lehrerin bekam, blieb unbekannt. Auf die Summe einigten sich die Beteiligten unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Landgericht München II, Urteil vom 14.04.2010
Aktenzeichen: 14 O 5672/06
Oberlandesgericht München, Urteil vom 11.01.2011
Aktenzeichen: 5 U 3158/10
Klägerinvertreter: Glock Liphart Probst & Partner Rechtsanwälte, München
Gefährliche Fehlkonstruktionen
Ebenfalls ein klassischer Produkthaftungsfall sind gefährliche Fehlkonstruktionen. Der Ethanolkamin eines Händlers aus dem Raum Göttingen. Brennspiritus wird in drei kleine Tanks gefüllt und angezündet. Sie lassen sich kaum nachfüllen, ohne das etwas Spiritus daneben geht, ins Gehäuse läuft und verdunstet. Alkoholdampf und Luft bildeten bei mindestens einem der Käufer ein explosives Gemisch. Beim Anzünden des Kamins entzündete sich das Gas. Die Flamme schlug ihm ins Gesicht. Zwei Wochen lag er im Krankenhaus. Problem bei der Produkthaftung: Der Hersteller des gefährlichen Kamins ließ sich nicht ermitteln. Der verletzte Käufer verklagte schließlich den Händler – und hatte Erfolg. Das Landgericht Göttingen urteilte: Der Verkäufer muss 7 500 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld zahlen.
Landgericht Göttingen, Urteil vom 02.03.2011
Aktenzeichen: 2 O 218/09
Konzeptionsfehler: Produkt funktioniert, ist aber gefährlich

Soll für Sicherheit sorgen, ist aber selbst gefährlich: Airbag in einem Auto.
Ein Unterfall des Konstruktionsfehlers ist der Konzeptionsfehler. Sogar Konstruktionen, die genau wie vorgesehen funktionieren, können Benutzern gefährlich werden, wie das folgende Beispiel zeigt.
Fehlauslösung bei Airbag
Der Airbag seines BMW verletzte einen Mann aus Thüringen schwer. Als er im Jahr 2000 mit seinem Wagen einem unvermutet auftauchenden Hindernis auswich, geriet er mit seiner Limousine auf den holperigen Randstreifen. Der Wagen wurde heftig durchgeschüttelt. Die Sensoren der Airbags reagierten wie auf einen Unfall und die Gaspatronen zündeten. Einer der Seitenairbags traf den Fahrer am Hals, drückte auf die Schlagader und löste einen Hirninfarkt aus. An den Folgen leidet der Mann auch 20 Jahre nach dem Unfall noch.
Produktfehler oder nicht?
Das Landgericht in Erfurt und das Oberlandesgericht in Jena sahen keinen Produktfehler und wiesen seine Klage auf Schadenersatz und Schmerzensgeld ab. Doch das überzeugte den Bundesgerichtshof nicht. Rechtlich entscheidender Punkt aus Sicht der Bundesrichter: War es BMW zumutbar, zusätzliche Sensoren zu installieren, die Fehlauslösungen nur aufgrund von Erschütterungen verhindern? Und falls nicht: Hat BMW den Nutzen der Seitenairbags bei einem Unfall einerseits und das Risiko bei einer Fehlauslösung andererseits richtig abgewogen? Sie hoben die Klagabweisung auf und verwiesen die Sache zurück ans Oberlandesgericht in Jena.
BMW zahlt Schadenersatz und Schmerzensgeld
Doch das Verfahren endete ohne Urteil. Das Airbag-Opfer und BMW einigten sich auf einen Vergleich. BMW zahlte Schadenersatz und Schmerzensgeld. Wie viel, blieb allerdings unbekannt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 16.06.2009
Aktenzeichen: VI ZR 107/ 08
Haftung für fehlerhafte Prothesen und andere Medizintechnik
Besonders tragische Folgen haben Konstruktionsfehler an Hüftprothesen oder anderen Implantaten. Für Betroffene ist es besonders schwierig, den Fehler zu erkennen. Selbst wenn das gelingt, ist es oft ein weiter Weg bis zur Entschädigung, wie das folgende Beispiel zeigt.
Metall löst sich aus Hüftprothese
Bis zum Jahr 2009 bekamen im Freiburger Loretto-Krankenhaus rund 800 Patienten Hüftprothesen vom Typ „Durom-Großkopf“ des US-Unternehmens Zimmer Biomet Prothesen implantiert. Ein Patient bekam bald nach der Operation heftige Schmerzen. Untersuchungen ergaben: Aus der Prothese löste sich durch Abrieb und Korrosion Metall und schädigte die Knochen. Eine erneute OP war nötig.
Falsch konstruiert. Wie sich herausstellt, ist die Prothese falsch konstruiert. Es ist für Ärzte praktisch unmöglich, sie bei der Operation so zusammenzufügen, dass alle Teile richtig sitzen. In der Folge schabten diese aneinander und korrodierten. Ein Produktfehler, urteilte das Oberlandesgericht Karlsruhe schließlich. Das Unternehmen muss dem Geschädigten 25 000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Doch der Weg dahin war lang. Zimmer-Biomet verteidigte sich nach Kräften. Auf Gutachten folgten Gegengutachten. Acht Jahre lange hat sich der Produkthaftungs-Prozess bisher hingezogen und ist auch nach dem Urteil des Oberlandesgerichts noch nicht zu Ende. Zimmer Biomet ist vor den Bundesgerichtshof gezogen.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 8. Juni 2020
Aktenzeichen: 14 U 171/18 (nicht rechtskräftig)
Klägervertreter: Rechtsanwalt Sascha Berst-Frediani, Freiburg
Was Betroffene tun können
Insgesamt seien rund 1 000 Patienten betroffen, schätzt Hanspeter Hauke, Vorsitzender der Selbsthilfegruppe von Patienten mit Durom-Prothesen. Außerhalb der Freiburger Klinik wurden die Problemprothesen nicht so oft eingesetzt. Betroffene haben gute Chancen, eine Entschädigung zu bekommen, erklärt Rechtsanwalt Sascha Berst-Frediani. Selbst Forderungen von Patienten, die noch nichts unternommen haben, seien noch nicht unbedingt verjährt.
Giftige Keramikprothese
Auch andere Hüftprothesen machen Schwierigkeiten. Der Hersteller DePuy rief Prothesen vom Typ ASR zurück und entschädigte betroffene Patienten. Bei einem aus zunächst unklaren Gründen schwer erkrankten Patienten entdeckte der behandelnde Arzt in der Uniklinik Marburg, inspiriert durch einen Fall aus der US-Serie „Dr. House“, dass nachträglich implantierte Metallersatzteile für eine Keramikprothese den Mann vergiftet hatten (mehr zu diesem Fall in der Ärztezeitung).
Naheliegender Fehlgebrauch
Sogar für den sogenannten „naheliegenden Fehlgebrauch“ ihrer Produkte haften Hersteller, selbst wenn die Hinweise zur Benutzung eigentlich korrekt sind. Ein berühmtes Beispiel dafür ist der Fall Milupa, der 1991 vor dem Bundesgerichtshof landete.
Karies durch Dauernuckeln an der Trinkflasche
Milupa bot Anfang der 80er Jahre einen zuckerhaltigen Tee für Kleinkinder an, nebst dazugehöriger Nuckelflasche. Diese hatte einen besonders geformten Sauger, der zwar orthopädisch günstig war, aber die Zähne schützende Wirkung des Speichelflusses verringerte. Bereits zehn Jahre zuvor hatten Wissenschaftler das „Nursing-Bottle-Syndrom“ entdeckt: Werden Zähne dauerhaft mit zuckerhaltigen Getränken umspült, entsteht Karies.
Unzureichende Warnung
Als 1981 ein deutscher Forscher einen Aufsatz dazu veröffentlichte, ergänzte Milupa die Zubereitungsanleitung um einen Hinweis, ohne besondere Hervorhebung allerdings: Eltern sollten die Flasche mit Milupa-Tee selbst halten, um für die Zähne gefährliches Dauernuckeln zu verhindern. Das reicht nicht, urteilte der Bundesgerichtshof schließlich. Milupa hätte vor dem Karies-Risiko sehr viel deutlicher warnen müssen, um den Fehlgebrauch der Zuckertees (als Einschlafhilfe und zur Beruhigung) zu verhindern.
Kein Mitverschulden der Mutter
Das Unternehmen musste Schadenersatz- und Schmerzensgeld an einen Jungen zahlen, der jahrelang bis zu 1,2 Liter süßen Tee täglich genuckelt hatte und sich dabei schmerzhafte Karies zugezogen hatte. Nicht mal ein Mitverschulden der Mutter hielten die Bundesrichter dem Hersteller zugute. Sie konnte aufgrund der dürftigen Hinweise des Herstellers nicht erkennen, wie sehr die Zähne ihres Sohnes in Gefahr waren. Außerdem habe Milupa keine Höchstmenge für den täglichen Konsum genannt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.11.1991
Aktenzeichen: VI ZR 7/91
Warnpflicht missachtet – Hersteller haftet
Hersteller müssen vor mit der Benutzung ihrer Produkte verbundenen Gefahren warnen, wenn diese nicht gerade offensichtlich sind. Der nachstehende Fall ist typisch.
Ätzender Flüssigbeton
Ein Baumaterialienhändler lieferte einem Heimwerker Flüssigbeton für dessen Garage. Was der Mann nicht wusste: Der Beton ist stark ätzend. Er machte sich nur mit Stoffhose bekleidet an die Arbeit und kniete sich buchstäblich in sein Projekt hinein. Nach drei Stunden Arbeit hatte sich die Haut an seinen Beinen tiefschwarz verfärbt. Mehr als einen Monat lag er im Krankenhaus und brauchte mehrere Hauttransplantationen.
Kunde mangelhaft aufgeklärt
Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg: 6 000 Euro Schmerzensgeld musste der Betonlieferant zahlen. Das Unternehmen hätte den Heimwerker warnen müssen. Allenfalls bei Profis dürfen sich Lieferanten darauf verlassen, dass ihre Kunden Bescheid wissen.
Oberlandesgericht Bamberg, Urteil vom 26.10.2009
Aktenzeichen: 4 U 250/ 08
Aktuelle Urteile
Immer wieder kommt es wegen möglicher Produktfehler zum Gerichtsstreit. Hier fassen wir beispielhafte Fälle zusammen.
Sicherheitsschloss nicht sicher genug?
Das Oberlandesgericht Düsseldorf muss klären, ob ein Sicherheitsschloss hielt, was der Hersteller versprach. Die Witwe des Käufer behauptet: Ein Einbrecher öffnete das Schloss innerhalb weniger Minuten durch so genanntes „Lockpicking“, obwohl das Schloss laut Hersteller so nicht zu öffnen war. Fast 70 000 Euro Schaden entstand bei dem Einbruch. Land- und Oberlandesgericht hatten die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe nicht ausreichend genau vorgetragen, dass das Schloss einen Produktfehler hatte. Doch, das hat sie, entschied der Bundesgerichtshof. Genauer könne die Klägerin nicht wissen, wie sicher das Schloss ist. Es habe daher ausgereicht, dass sie auf Versuche des Landeskriminalamts verwies und die Einholung eines Sachverständigengutachtens forderte. Der BGH verwies die Sache zurück an Oberlandesgericht in Düsseldorf.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.07.2019
Aktenzeichen: VI ZR 42/18
Entstellung durch Enthaarungscreme
Der Hersteller eines „Gesicht Haarentfernungs-Creme Set“ der Marke Veet muss gut 4 000 Euro Schadenersatz an eine Frau zahlen, die trotz vorschriftsmäßiger Anwendung im Jahr 2015 einen heftigen Ausschlag bekam, nachdem sie das Mittel verwendet hatte. Sie habe nach einigen Stunden ein Brennen verspürt, so als ob sich Säure in ihr Gesicht fressen würde, klagte die Frau. Der Ausschlag habe geblutet, ohne dass sie gekratzt habe. Sie habe sich aus Scham 17 Tage lang nicht getraut, das Haus zu verlassen. Der Ausschlag sei auch bei Klageerhebung noch zu sehen gewesen und beeinträchtigte sie in ihrer Lebensführung. Mit einer derart heftigen Reaktion brauchte die Klägerin nicht zu rechnen, urteilten die Richter in Heidelberg. Zwar habe der Hersteller auf Risiken hingewiesen. Die reichten aber angesichts der heftigen Folgen nicht aus. test.de fragte beim Hersteller nach, ob er die Rezeptur und/oder die Sicherheitshinweise inzwischen geändert hat, erhielt aber keine Antwort. Man wolle das Gerichtsurteil nicht kommentieren, hieß es nur.
Landgericht Heidelberg, Urteil vom 25.11.2016
Aktenzeichen: 3 O 5/16
Klägerinvertreter: Rechtsanwalt Erich Müller, Herrenberg
Kontaminierte Silage – Pferd erkrankt
Ein Landwirt muss einen Pferdebesitzer entschädigen, dessen Westernreitpferd schwer erkrankte, nachdem es auf dem Hof des Landwirts durch Botulismus-Erreger kontaminierte Silage gefressen hatte. Fast 16 000 Euro kostete die Behandlung des Pferds. Mehrere weitere Pferde waren gleichzeitig erkrankt, einige starben.
Landgericht Hagen (Westfalen), Urteil vom 27.11.2015
Aktenzeichen: 8 O 166/11
Oberlandesgericht Hamm (Westfalen), Beschluss vom 02.11.2016
Aktenzeichen: 21 U 14/16
Formaldehyd in Möbeln
Wegen womöglich durch Formaldehyd in einer 2015 gelieferten „Wohnlandschaft“ hervorgerufenen Gesundheitsschäden hatte ein Mann vor dem Landgericht Essen auf Schadenersatz geklagt. Klare Ansage des Gerichts: Mit Formaldehyd jenseits der Grenzwerte belastete Möbel sind fehlerhaft und können Schadenersatzforderungen begründen. Allerdings: Ein vom Gericht bestellter Gutachter wies bei Untersuchungen drei Jahre nach der Lieferung der Möbel Formaldehyd-Ausdünstungen nur weit unterhalb der Grenzwerte nach. Ob die Möbel bei Lieferung Formaldehyd jenseits der Grenzwerte ausdünsteten, lasse sich nicht mehr klären. Das Gericht wies die Klage ab.
Landgericht Essen, Urteil vom 25.02.2020
Aktenzeichen: 4 O 108/19
Dieses Special ist erstmals am 24. Januar 2013 auf test.de erschienen. Wir haben es seitdem mehrfach aktualisiert, zuletzt am 10. September 2020.
Dieser Artikel ist hilfreich. 58 Nutzer finden das hilfreich.