
Arbeitsunfähig. Privat Versicherte sollten unbedingt mit einer Krankentagegeldversicherung gegen den krankheitsbedingten Verlust ihres Einkommens vorsorgen. © Adobe Stock / Andrey Popov
Krankentagegeldpolicen ersetzen Verdienstausfall bei langer Krankheit – für Selbstständige und privat versicherte Angestellte existenziell. Wann kürzen Versicherer?
Versicherer darf nicht erst im Krankheitsfall kürzen
Versicherer dürfen vereinbarte Krankentagegeldsätze nicht kürzen, wenn der Versicherte bereits erkrankt ist und deswegen weniger verdient. Das entschied der Bundesgerichtshof. Ein selbstständiger Fliesenleger und Ofensetzer hatte 100 Euro Tagegeld vereinbart, zuletzt aber nur 62 Euro am Tag verdient (Az. IV ZR 44/15).
Die entsprechende Klausel im Versicherungsvertrag ist unwirksam: Sie sei intransparent und benachteilige Kunden unangemessen, so die obersten Richter. Es sei nicht zulässig, dass ein Versicherer bis zum Krankheitsfall die Beiträge für einen höheren Versicherungsschutz verlange und erst dann Leistungen und Beiträge herabsetze. Das Krankentagegeld solle ja gerade dazu dienen, Einkommensverluste bei Arbeitsunfähigkeit zu mildern.
Informationen und Tests zum Krankentagegeld
Weitere Informationen rund um die private Krankentagegeldversicherung und das Krankengeld für gesetzlich Krankenversicherte gibt es auf unserer Themenseite Krankengeld, Krankentagegeld. In unserem Test Krankentagegeldversicherung vergleichen wir Policen für gesetzlich krankenversicherte Angestellte und Selbstständige. Privat Versicherte schließen das Krankentagegeld als Bestandteil ihrer privaten Krankenversicherung ab.
Pilot bekommt Nachzahlung von 10 700 Euro
Zahlt eine Krankentagegeldversicherung zunächst anstandslos, kann sie nicht nachträglich die Erkrankung anzweifeln und die Zahlung verweigern. Das entschieden Richter im Fall eines Hubschrauberpiloten im Rettungsdienst (Oberlandesgericht Köln, Az. 9 U 32/18). Der Versicherer muss ihm rund 10 700 Euro Krankentagegeld nachzahlen. Das Luftfahrtbundesamt hatte angeordnet, dass der Pilot nach einer erfolgreich behandelten Venenthrombose ein knappes Jahr ein blutverdünnendes Mittel nehmen muss und nicht fliegen darf.
Der Versicherer zahlte zunächst, wollte dann aber den Vertrag beenden, weil der Pilot aus einer speziellen Lizenzverlustversicherung sechs Monate lang eine Rente bezog. Dies sei eine Berufsunfähigkeitsrente, der Mann sei also berufsunfähig. Weiter führt der Versicherer an, der Pilot sei nicht aus medizinischen, sondern formellen Gründen arbeitsunfähig. Ihm stehe kein Krankentagegeld zu. Das Gericht entschied: Der Schutz bei Lizenzverlust sei kein Schutz für Berufsunfähigkeit, sondern decke ein spezielles Risiko von Piloten ab.
Police vergessen – trotzdem gibt es Geld
Manchmal muss eine private Krankentagegeldversicherung sogar dann rückwirkend zahlen, wenn ein Kunde seine Arbeitsunfähigkeit viel zu spät gemeldet hat. Ein im Außendienst tätiger Verkaufsleiter war wegen eines Bandscheibenvorfalls fast ein Jahr lang nicht einsatzfähig. Seiner Versicherung meldete er die Arbeitsunfähigkeit erst nach etwa zehn Monaten.
Er war von den Krankheitsfolgen so belastet, dass er nicht mehr an die Versicherung gedacht hatte. Als er den Fall dann meldete, wollte ihm der Versicherer für die verspätet gemeldete Zeit nur den halben Tagessatz zahlen. Doch das Oberlandesgericht Saarbrücken urteilte: Der Mann konnte beweisen, dass er die ganze Zeit über arbeitsunfähig war. Die Patientenunterlagen hatte er dem Versicherer lückenlos zur Prüfung eingereicht, und dieser hatte seine Leistungspflicht auch anerkannt.
Der Kunde hat zwar seine Pflicht zur rechtzeitigen Meldung verletzt, doch der Versicherer konnte aus den Unterlagen alle relevanten Informationen entnehmen. Die Kürzung war deshalb nicht rechtens, der Versicherer muss rund 10 000 Euro nachzahlen (Az. 5 U 19/19).
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