Mit einem Beitragsentlastungstarif können Kunden für hohe Beiträge im Alter vorsorgen. Das eingezahlte Geld ist damit jedoch dauerhaft gebunden.
Alle Testergebnisse für Beitragsentlastungstarife für privat Krankenversicherte 09/2017
Was muss ich tun, damit ich mir die private Krankenversicherung auch als Rentner leisten kann? Diese Frage stellen Finanztest-Leser uns oft. Einer von ihnen ist Thomas Pradel. Der 53-Jährige zahlt bereits jetzt etwa das Dreifache des Beitrags, den er beim Abschluss im Jahr 1999 zahlen musste. Mit 406 Euro für Kranken- und Pflegeversicherung kommt der selbstständige Buchgestalter zwar trotz einer jährlichen Selbstbeteiligung von 600 Euro immer noch deutlich günstiger weg, als wenn er gesetzlich versichert wäre. Aber ihm ist klar, dass er vorsorgen muss: „Rechne ich die bisherige Steigerung so weiter, müsste ich mit 80 Jahren rund 2 370 Euro Beitrag monatlich zahlen. Das kann ja – hoffentlich – nicht sein!“
So extrem wird der Anstieg wohl nicht, denn es gibt auch beitragssenkende Faktoren:
- Rentner benötigen keine Krankentagegeldversicherung mehr. Der Beitrag dafür entfällt.
- Auch der Zehn-Prozent-Zuschlag (Glossar) entfällt ab dem 61. Lebensjahr.
- Ab einem Alter von 65 Jahren werden verschiedene gesetzliche Regelungen zur Beitragsbegrenzung wirksam (Glossar).
Allerdings sinkt im Unterschied zur gesetzlichen Krankenversicherung der Beitrag im Rentenalter nicht mit dem nun niedrigeren Einkommen.
Private Krankenversicherer bieten ihren Kunden daher Beitragsentlastungstarife an. Der Grundgedanke ist: Jetzt mehr zahlen, um später weniger zu zahlen.
Finanztest hat Angebote von 22 Versicherern unter die Lupe genommen. Unsere Modellkunden sind beim Abschluss 40 Jahre alt und wollen später eine monatliche Beitragsentlastung um 100 Euro. Diese Tarife gibt es jeweils nur zum Hauptvertrag in der privaten Krankenversicherung. In unserer Tabelle Beitragsentlastungstarife für privat Krankenversicherte mit Beiträgen und Leistungen sind also nur die Angaben zum eigenen Versicherer relevant.
Vorteile des Entlastungstarifs
Größter Vorteil dieses Angebots: Kunden haben damit keine Arbeit. Der Versicherer bucht alle monatlichen Beiträge zusammen ab und verrechnet später die Entlastung mit dem dann zu zahlenden Krankenversicherungsbeitrag. Manchen Menschen hilft das auch, sich selbst zu disziplinieren. Das Geld kann nicht mehr für anderes ausgegeben werden.
Finanziell interessant kann ein Entlastungstarif für Arbeitnehmer sein. Denn sie erhalten einen Zuschuss ihres Arbeitgebers zum Krankenversicherungsbeitrag.
Der Zuschuss darf die Hälfte der tatsächlichen Beiträge nicht übersteigen. Maximal beträgt er derzeit 317,55 Euro im Monat, die Hälfte des Höchstbeitrags der gesetzlichen Krankenkassen. Ist diese Summe mit dem halben eigenen Krankenversicherungsbeitrag noch nicht ausgeschöpft, bezuschusst der Arbeitgeber auch Beiträge für ebenfalls privat versicherte Kinder – oder eben für einen Entlastungstarif.
Beiträge schmälern die Entlastung
Finanztest-Leser Jörn-Helge Bolle hat ein Angebot für einen Entlastungstarif erhalten. Doch trotz des möglichen Zuschusses seines Arbeitgebers ist er skeptisch: „Bei der Vertragsgestaltung bleibt die Nettorendite extrem nebulös, was wohl auch beabsichtigt ist.“
Insgesamt sind die Bedingungen dieser Verträge oft schwer verständlich und an wichtigen Stellen ungenau, zum Beispiel, wenn es um die Verwendung des Geldes bei vorzeitigem Vertragsende geht.
Zudem ist die tatsächliche Entlastung deutlich geringer, als es zunächst scheint: Versicherte müssen nämlich für einen Beitragsentlastungstarif lebenslang weiter zahlen.
Keine Auszahlung möglich
Auch aus anderen Gründen sind Beitragsentlastungstarife mit Vorsicht zu genießen. Über mehrere Jahrzehnte kann niemand die Zukunft planen. Daher haben wir auch die Regelungen für den Fall geprüft, dass jemand den Entlastungstarif nicht fortführen kann oder will. (Tabelle Beitragsentlastungstarife für privat Krankenversicherte)
Beitragsfreistellung. Kunden haben in manchen Tarifen das Recht, die Beiträge vorübergehend auszusetzen. Danach müssen sie mehr Beitrag zahlen. Teilweise können sie die Zahlung auch ganz einstellen. Dann fällt die Entlastung im Alter geringer aus.
Kündigung des Entlastungstarifs. In allen Entlastungstarifen kommen bei Kündigung die angesparten Mittel der Beitragsbegrenzung im Haupttarif zugute – entweder sofort oder zum ursprünglich vereinbarten Termin. Nur in einzelnen Tarifen verlieren Kunden ihr eingezahltes Geld, wenn ihr Vertrag weniger als drei oder fünf Jahre bestand.
Gesetzliche Versicherungspflicht. Kehrt ein privat Versicherter in die gesetzliche Kasse zurück, darf er den privaten Vertrag kündigen. Das angesparte Geld aus dem Entlastungstarif erhält er nicht zurück, kann damit aber oft wenigstens eine private Zusatzversicherung finanzieren oder den Entlastungstarif auf eine solche übertragen. Das hilft jedoch nur etwas, wenn er den neuen Vertrag ohne Gesundheitsprüfung erhält.
Wer privat versichert ist, hat nämlich üblicherweise keine Zusatzversicherungen etwa für Zahnersatz oder Chefarztbehandlung im Krankenhaus, weil diese Leistungen im Hauptvertrag enthalten sind. Bei vielen Versicherern kann aber tatsächlich eine neue Krankenzusatzversicherung ohne Gesundheitsprüfung abgeschlossen werden.
Vorteilhafter sind aus unserer Sicht Regelungen, bei denen sich das Geld auch für eine neue Pflegezusatzversicherung ohne Gesundheitsprüfung verwenden lässt. Das ist nur selten der Fall.
Wechsel des privaten Versicherers. Wer seinen Vertrag vor 2009 geschlossen hat, verliert bei einem Wechsel des Versicherers die Alterungsrückstellung komplett (Glossar). Zusätzliche Verluste im Entlastungstarif dürften dann keine große Rolle mehr spielen. Kunden mit neueren Verträgen dürfen die Rückstellung teilweise mitnehmen. Trotzdem ist ein Wechsel meist nicht sinnvoll.
Falls jemand es dennoch tut, ist die Regelung der LVM am besten: Sie gibt ausscheidenden Kunden das angesparte Kapital des Beitragsentlastungstarifs vollständig mit. Die meisten anderen Unternehmen beziehen die im Entlastungstarif angesparten Mittel in die Berechnung des Übertragungswertes ein (Glossar). Da dieser aber begrenzt ist, läuft es faktisch meistens darauf hinaus, dass der Kunde das Geld verliert.
Eine relativ verbraucherfreundliche Kapitalverwendung in allen drei Varianten des vorzeitigen Ausstiegs bieten die Entlastungstarife von LVM, Huk-Coburg und Pax, noch akzeptabel sind hier die Tarife von Nürnberger und Münchener Verein.
Unser Rat
- Vorsorgen.
- Sind Sie privat krankenversichert und selbstständig oder angestellt? Dann müssen Sie Kapital ansparen, um Ihre Beiträge auch im Alter weiter zahlen zu können.
- Entlastung.
- Ein Beitragsentlastungstarif senkt im Rentenalter den Beitrag um eine vereinbarte Summe. Das lohnt sich am ehesten, wenn Sie Arbeitnehmer sind. Denn unter bestimmten Voraussetzungen bezuschusst Ihr Arbeitgeber den Beitragsentlastungstarif.
- Flexibilität.
- Wenn es bei Ihnen finanziell ab und zu eng wird oder Sie eine spätere Rückkehr in die gesetzliche Kasse für möglich halten, ist ein Beitragsentlastungstarif nicht geeignet. Legen Sie Ihr Geld so an, dass Sie bei Bedarf darüber verfügen können.
- Mix.
- Ein Entlastungstarif kann allenfalls ein Teil Ihrer Vorsorge sein. Kombinieren Sie ihn mit anderen sicheren Geldanlageformen (Tabelle Vorsorgemöglichkeiten im Vergleich).
Angebote gegen Einmalbeitrag
Allianz und Barmenia bieten auch eine Version gegen Einmalzahlung. Die Renditen für unsere 40-jährigen Modellkunden liegen um 0,3 bis 0,7 Prozentpunkte höher als bei laufendem Beitrag. Doch auch das Verlustrisiko ist größer. Denn was der Versicherer einmal eingenommen hat, behält er. Was auch passiert: Eine Rückzahlung des „unverbrauchten“ Teils der Einmalzahlung ist ausgeschlossen. Daher empfehlen wir diese Tarife nicht.
Besser anders Geld anlegen
Thomas Pradel sorgt anders vor: „Ich habe immer was fürs Alter auf die hohe Kante gelegt. Damit bin ich auch für andere Notfälle gerüstet.“ Wichtig ist bei der Vorsorge für die Krankenversicherung: Das Geld muss da sein, wenn es gebraucht wird. Im Alter oder mit einer schweren oder chronischen Erkrankung will man kein Risiko und möglichst wenig Aufwand mit der Geldanlage haben. Die Tabelle Vorsorgemöglichkeiten im Vergleich und der Unterartikel Mehr Rendite – mehr Risiko zeigen Vorsorgemöglichkeiten im Vergleich.
Der 40-jährige Andreas Kramer nutzt zwei Wege: „Neben dem Entlastungstarif habe ich vor zehn Jahren speziell für hohe Krankenversicherungsbeiträge im Alter eine Rentenversicherung abgeschlossen, aus der ich monatlich etwa 400 Euro bekommen werde. Zusammen dürfte das reichen.“
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- Wer darf in die private Krankenversicherung (PKV) – und für wen lohnt sich das? Wie finde ich eine gute PKV-Police? Was tun, wenn die Beiträge zu hoch werden?
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- Die Beiträge in der privaten Krankenversicherung (PKV) steigen. Wir erklären, wer in die gesetzliche Krankenkasse (GKV) zurück wechseln kann und wie das geht.
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- Reicht das Geld nicht für die PKV-Beiträge, heißt es schnell zu handeln. Standardtarif und Basistarif können Auswege sein, der Notlagentarif ist nur eine Zwischenlösung.
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Best-Tarif Versicherungskammer Bayern:
Bei Beamten unrentabel. Bei der Beitragsbescheinigung für das Finanzamt führt die Inanspruchnahme mit 65 Jahren zu wesentlich geringeren anrechenbaren Basisbeiträgen beim Sonderausgabenabzug. Zusätzlich wird noch ein Teil als Beitragsrückgewähr ausgewiesen, was zu weiteren steuerlichen Kürzungen führt. Nachdem ich über 12 Jahre eingezahlt habe steht einer Beitragsermäßigung von 130,- ein lebenslanger Zahlbeitrag von aktuell 78,- also eine Entlastung um 52,- gegenüber. Nach Steuern bleiben davon bei einem Grenzsteuersatz von 35 % noch 23 Euro gegenüber.
Die Steuergesetzgebung hat den Tarif ad absurdum geführt !
Kommentar vom Autor gelöscht.
@Wolfgang49: Der Nebeneffekt, dass sich der Arbeitgeber an den Kosten des Beitragsentlastungstarif beteiligt, soweit die Voraussetzungen dafür erfüllt sind), fällt bei den Selbständigen weg. Diese tragen auf jeden Fall die vollen Kosten des Beitragsentlastungstarifes allein. Von der vertraglich vereinbarten Beitragsentlastung selbst profitieren natürlich auch sie. (maa)
Sie schreiben das diese Tarife für Arbeitnehmer interessant sein können.
Wie sieht das bei selbstständigen aus?
Als Arbeitnehmer erhält man von seinem Arbeitgeber eine 50% Beteiligung an den KV-Beiträgen nur bis zu einem (jährlich neu festgelegten) Maximalbetrag. Die KV-Beiträge erhöhen sich erfahrungsgemäß regelmäßig. Um die Arbeitgeberbeteiligung optimal für den Beitragsentlastungsbetrag zu erhalten, wäre es doch möglich, den Entlastungsbetrag regelmäßig anzupassen, tendenziell zu verringern wegen dem Anstieg der restlichen KV-Beiträge. Wäre dies sinnvoll?
Von den Lebens- und Rentenversicherungen ist bekannt, daß die Kosten (Abschluß, Verwaltung ...) in den ersten Vertragsjahren mit den Beiträgen verrechnet werden und deshalb eine frühe und kontinuierliche Absenkung des Versicherungsbetrags nicht sinnvoll ist.
Wie ist die Verrechnung der Kosten bei den KV Beitragsentlastungstarifen ? Leider habe ich weder in den Bedingungen meines Versicherers noch in Ihrem Testbericht dazu eine Information gefunden.