Private Haft­pflicht­versicherung Wie viel Schutz bietet sie im Alltag?

2
Private Haft­pflicht­versicherung - Wie viel Schutz bietet sie im Alltag?

Verflogen? Haft­pflicht­versicherungen decken Schäden durch Drohnen ab – sofern sie als Spielzeug gelten. © Stiftung Warentest

Die Private Haft­pflicht­versicherung (PHV) greift, wenn ein Versicherter unabsicht­lich einen Dritten schädigt. Doch die PHV zahlt längst nicht in allen Fällen, wie unser Vertrags-Check zeigt: Manchmal ist eine andere Versicherung zuständig – und manchmal zahlt gar keiner. Finanztest erklärt anhand von drei typischen Beispielen aus dem alltäglichen Leben, welche Fall­stricke hier lauern.

PHV zahlt für kleine und große Miss­geschicke

Kein Problem, meine Haft­pflicht­versicherung zahlt – davon gehen Versicherte aus, wenn sie versehentlich einen anderen Menschen schädigen. Zum Beispiel, wenn sich eine Frau beim Oktober­fest durch eigenes Miss­geschick Rotwein über das von der Freundin geliehene 1 000-Euro-Dirndl gießt und Flecken bleiben.

Die Stiftung Warentest ermittelt für Sie güns­tige Angebote

Eine Private Haft­pflicht­versicherung deckt Risiken des alltäglichen Lebens ab, die den finanziellen Ruin bedeuten können. Sie ist damit die wichtigste Versicherungs-Police über­haupt. Wer noch keine Privathaft­pflicht hat, sollte unbe­dingt eine abschließen. Oft lohnt auch der Wechsel von einer alten zu einer neuen Police. Im Vergleich Private Haftpflichtversicherung der Stiftung Warentest finden Sie güns­tige Angebote.

Neuere Verträge decken meist mehr Risiken ab als ältere

Grund­sätzlich über­nimmt eine Privathaft­pflicht­versicherung die Kosten für Sach-, aber auch Personen- und Vermögens­schäden bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungs­summe. Diese sollte mindestens 5 Millionen Euro betragen. In den meisten Alltags­situationen ist man damit gut geschützt – doch eben nicht immer mit jedem Vertrag. Ein Vertrags­abgleich hin und wieder ist aus zwei Gründen sinn­voll. Erstens kann sich die eigene Lebens­situation ändern. Zweitens decken neuere Verträge meist mehr Risiken ab als ältere. Sie greifen zum Beispiel häufig bei

  • Schäden an geliehenen Sachen wie dem teuren Dirndl,
  • Schäden durch delikt­unfähige Kinder unter sieben Jahren und
  • Schäden, die bei Gefäl­ligkeiten entstehen, etwa dem Helfen beim Umzug.

Es gibt allerdings auch typische Zweifels­fälle, in denen nicht sofort eindeutig ist, wer für einen Schaden haftet oder welche von mehreren Versicherungen einspringt.

Fall 1: Nach­bars Hilfe

Hilfe unter Freunden und Nach­barn ist für viele selbst­verständlich. Doch wer haftet bei Schäden im Rahmen von Nach­barschafts­hilfe, etwa durch einen nicht abge­drehten Wasser­hahn? Über einen solchen Fall verhandelte kürzlich der Bundes­gerichts­hof (BGH): Ein Mann fuhr zur Kur, sein Nach­bar wässerte seinen Garten wie die Jahre zuvor. Einmal drehte er zwar die Spitze des Wasser­schlauchs zu, nicht jedoch den Wasser­hahn. Die Spitze löste sich durch den Wasser­druck, das Wasser lief ungehindert in den Keller des Garten­besitzers. Der Schaden belief sich auf 11 700 Euro. Die Kosten über­nahm zunächst der Gebäude­versicherer des Geschädigten, verlangte sie jedoch vom Verursacher zurück.

Recht­lich gesehen handelt es sich hier um eine Gefäl­ligkeit. Das heißt: Helfer müssen nicht haften, es wird von einem „still­schweigenden Haftungs­ausschluss“ ausgegangen. Die Nach­barn hatten nie über eventuelle Schäden und Folgen gesprochen.

Der Bundes­gerichts­hof hat diese Regel in dem Fall relati­viert, da der Schädiger haft­pflicht­versichert ist. Hier sei nicht davon auszugehen, dass ein still­schweigender Haftungs­ausschluss vorliege und so haftet der Schädiger auch bei Gefäl­ligkeits­schäden. Sein Haft­pflicht­versicherer musste dem Gebäude­versicherer des Geschädigten die Kosten ersetzen (Az. VI ZR 467/15).

Versicherte sollten nach­sehen, ob ihr Vertrag Schutz bei Gefäl­ligkeiten enthält.

Fall 2: Der rollende Einkaufs­wagen

Rollt ein Einkaufs­wagen auf dem Park­platz allein davon und zerkratzt ein anderes Auto, über­nimmt die private Haft­pflicht­police nicht auto­matisch den Schaden. Der Versicherer wird genau prüfen, wie der Schaden zustande gekommen ist. Für ihn macht es einen großen Unterschied, ob der Versicherte bereits begonnen hatte, die Einkaufs­tüten in das Auto zu laden, während der Einkaufs­wagen wegrollte, oder noch nicht. Denn passiert etwas beim Gebrauch oder Betrieb des Autos, ist die Kfz-Haft­pflicht­versicherung zuständig.

Über­nimmt der Kfz-Haft­pflicht­versicherer den Schaden, wertet er ihn als Verkehrs­unfall. Der Versicherungs­beitrag kann dann steigen. Unter Umständen hat der Kratzer auch recht­liche Konsequenzen. Fährt derjenige, der ein anderes Auto mit dem Einkaufs­wagen beschädigt hat, einfach davon, ohne den Schaden zu melden, wird das als Unfall­flucht gewertet und kann als Straftat ange­zeigt werden.

Fall 3: Beim Kinder­geburts­tag

Ein elfjäh­riges Schulkind feiert Geburts­tag und lädt andere Kinder ein. Fügt das Geburts­tags­kind bei der Feier einem anderen Kind Schaden zu, muss es gegebenenfalls selbst haften – je nach Alter und Einsichts­fähig­keit. Ist das Kind noch recht kindlich und zeigt wenig Einsicht, haften seine Eltern, wenn sie ihre Aufsichts­pflicht verletzt haben. In beiden Fällen greift die Haft­pflicht­versicherung der Familie.

Was ist jedoch, wenn ein einge­ladenes Kind ein anderes schädigt? Hier gilt dasselbe. Die gast­gebenden Eltern haben die Aufsichts­pflicht über die Geburts­tags­gäste.

In einem Fall vor dem Ober­landes­gericht Frank­furt am Main musste ein Betreuer haften und mehr als 3 000 Euro für den Schneidezahn eines Kindes bezahlen, weil er 100 Meter von den Spielenden entfernt stand. Das Gericht wertet das als zu weit weg, um eingreifen zu können, als ein Kind mit einem Minigolf­schläger einen Mitspieler im Gesicht traf. Er hatte damit seine Aufsichts­pflicht verletzt (Az. 3 U 91/06). Falls er eine Haft­pflicht­versicherung hat, müsste sie zahlen.

Kinder unter sieben Jahren sind nicht „delikt­fähig“. Stellen sie trotz Aufsicht Erwachsener etwas an, gibt es recht­lich keinen Schuldigen und der Haft­pflicht­versicherer zahlt nicht – es sei denn, der Vertrag enthält eine Klausel, die Schäden durch delikt­unfähige Kinder einschließt. Im Straßenverkehr gilt dasselbe für Kinder bis zehn Jahre.

2

Mehr zum Thema

2 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

Profilbild Stiftung_Warentest am 05.10.2016 um 09:29 Uhr
Drohnen

@Thomas.X: Vielen Dank für den Vorschlag, den wir gern an die Redaktion weiter leiten. (TK)

Thomas.X am 04.10.2016 um 18:37 Uhr
Drohnen

Ob eine Drohne versichert ist, hängt vom Vertrag ab. Bei der WGV sind z.B. nur Flugmodelle ohne Motor versichert...
Das wäre meiner Meinung nach ein sinnvolles Kriterium für den nächsten Test.