Gleich zehn der Pralinen im Test bereiten ungetrübte kulinarische Freude. Mineralölrückstände und ein Konservierungsstoff bremsen allerdings die Feierlaune.
Testergebnisse für 23 Pralinen 12/2014
Die Verführungskraft der Praline ist enorm. Allein beim Anblick der glänzenden, verzierten Schokoladenbissen ist es um manches Leckermaul geschehen. Steigt noch der Duft von Kakao, Mandel und Vanille in die Nase, will man nur eins: hineinbeißen. Die Anbieter versprechen: „Edel“ und „erlesen“ sei die Auswahl, „unverwechselbar“ und „exklusiv“ der Genuss. Wer kann da widerstehen?
700 Pralinenpackungen im Test
Ob die Erwartungen erfüllt werden, haben wir an Marzipan- und Nougatpralinen aus Fertigpackungen sowie loser Ware von der Theke geprüft – 23 Produkte insgesamt. Überwiegt im Mund die Süße? Enthält das Marzipan nur Mandeln? Ist die Schokolade mit Kadmium belastet? Um alle Prüfpunkte klären zu können, kauften wir pro Produkt etwa 30 Packungen ein.
Die Kakaoverordnung definiert die Praline als „Erzeugnis in mundgerechter Größe“, das wie im Test beispielsweise aus „gefüllter Schokolade“ oder aus „zusammengesetzten Schichten“ besteht. Der Schokoladenanteil muss in jedem Fall mindestens 25 Prozent betragen. Fast alle Hersteller halten das ein, darunter deutsche Traditionshäuser wie Fassbender & Rausch, Leysieffer und Sawade. Bei den Pralinés von Halloren wiesen wir nur 19 Prozent Schokoladenumhüllung nach. Ob die übrigen 6 Prozent in der Füllung stecken, lässt sich im Labor nicht nachweisen. Pralinen zu untersuchen, ist eine komplexe Angelegenheit: Typische Inhaltsstoffe wie Zucker, Fett und Kakao wandern von der Schokoladenhülle in die Füllung und umgekehrt.
Unsere Produktauswahl haben wir auf Packungen mit einer Sorte Marzipan- oder Nougatpralinen beschränkt. So kommt es, dass nicht alle namhaften Hersteller im Test vertreten sind, zum Beispiel Lindt. Viele Hersteller bieten nur Pralinenmischungen an. Wir kauften im Sommer ein. Die Hochsaison für Marzipan- und Nougatpralinen ist aber jetzt vor Weihnachten.
Jede zweite gut
Mit Empfehlungen geizen müssen wir nicht: Zwölf Produkte schneiden gut ab. Keime waren kein Problem – ebenso wenig Kadmium, das Kakaopflanzen aus vulkanischen Böden aufnehmen können, und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die sich etwa beim unsachgemäßen Trocknen der Kakaobohnen bilden können. Einmal lautet die Gesamtnote mangelhaft, zweimal ausreichend. Dazu später mehr.
Zehnmal sehr guter Geschmack
Naschkatzen haben die Qual der Wahl: Gleich zehn Testkandidaten sind in Aussehen, Geruch, Geschmack und Mundgefühl sehr gut – etwas Besonderes in unseren Lebensmitteltests. Hervorzuheben sind die Marzipanpralinen von Niederegger, die Nougatpralinen von Fassbender & Rausch sowie Leysieffer und die Nougathappen von Erasmi – diese vier erreichen in der sensorischen Beurteilung die Note 1,0. Fast genauso gut im Geschmack sind die Edelmarzipan-Pralinen von Arko, Fassbender & Rausch, Walter sowie die Nougatpralinen von Aldi (Nord), Argenta und Guylian.
Clément Jaluzot hätte das gefreut. Der französische Koch gilt als Erfinder der Praline. Erzählungen zufolge kreierte er im 17. Jahrhundert für seinen Herrn, den Grafen von Plessis-Praslin, ein Konfekt aus Mandeln und karamellisiertem Zucker und benannte es ihm zu Ehren „Praline“. Der Schokoladenüberzug kam später hinzu.
Ausgewogen, nicht zu süß
Im Test haben unsere Prüfer den Schokoladenüberzug als Erstes und getrennt verkostet, dann die Füllung und im Anschluss die Praline im Gesamten. Gute Noten vergaben wir, wenn die Praline ausgewogen schmeckte, weder die Füllung noch die Schokolade im Vordergrund stand und die Süße nicht dominierte. Ein kräftiger, vielseitiger Kakaogeschmack gab Pluspunkte, auch ein zarter Schmelz der Schokolade. Wichtig ist das Knacken der Schokolade. Das erreicht nur, wer den Schokoladenguss sanft abkühlen lässt, Rezept des Monats: Edle Marzipan-Nougat-Pralinen. Das Nougat musste gleichmäßig cremig sein und kräftig nach gerösteten Haselnüssen schmecken. Das Marzipan sollte leicht feucht, nicht bröselig sein sowie kräftig und aromatisch nach Mandeln schmecken.
Versteckte Konservierung bei Godiva
Überraschung im Test: Mehrere der edel wirkenden Pralinen von der Theke enttäuschten, etwa weil ihre Kennzeichnung fehlte oder unvollständig war. Besonders negativ fielen die Marzipanpralinen des belgischen Königshauslieferanten Godiva auf. 100 Gramm kosten stattliche 8,95 Euro. Bei ihnen wiesen wir den Konservierungsstoff Sorbinsäure (E 200) nach – und das nicht nur in Spuren. In der Zutatenliste, nach der wir am Godiva-Stand fragten, tauchte der Stoff nicht auf. Die Konservierung einer Marzipanfüllung ist unüblich, aber erlaubt – wenn sie angegeben wird. Allergologen schätzen die Zahl derer, die Sorbinsäure schlecht vertragen, zwar als sehr gering ein. Verbraucher wollen aber wissen, was sie serviert bekommen. Das Urteil für die Deklaration lautet mangelhaft.
Wieder Mineralöle aus der Verpackung

Mangelhaft. Die Pralinenschachtel von Bandy Brooks enthält viel Mineralöl, das auf die Pralinen übergeht. © Stiftung Warentest

Damit nicht genug. Die losen Marzipanpralinen von Bandy Brooks – einem Pralinen- und Eishersteller mit amerikanischen Wurzeln – waren deutlich mit Mineralölen belastet. Diese Schadstoffe sorgten schon 2012 in Adventskalendern für Aufsehen, Test Adventskalender mit Schokoladenfüllung, test 12/2012. Wie damals stießen wir auch jetzt auf zwei wesentliche Gruppen: sogenannte MOSH (Mineral Oil Saturated Hydrocarbons) und MOAH (Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons). MOSH gelten als kritisch, da sie sich im Körper anreichern können. Noch kritischer sind MOAH, aromatische Mineralöle. Sie stehen im Verdacht, Krebs zu erregen.
Die Bandy-Brooks-Pralinen sind mangelhaft. Die Prüfung ergab: Bei Bandy Brooks liegt das Problem in der Geschenkverpackung. Aus dem dickwandigen Recyclingkarton dünsten Mineralöle aus oder gehen durch Kontakt auf die Pralinen über. Im Karton fanden wir Gehalte an MOSH und MOAH, die für recyceltes Papier typisch sind. Je länger Pralinen darin liegen, umso mehr steigt ihre Belastung.
Bis heute gibt es keine gesetzlichen Grenzwerte für Mineralöle. Wir mussten eigene Bewertungskriterien entwickeln. Frei von Mineralöl waren nur die Pralinen von Arko. In allen anderen fanden wir immer MOSH und manchmal MOAH – aber längst nicht so viel wie bei Bandy Brooks. Ihr Schadstoffurteil ist im schlechtesten Fall befriedigend. Viele Hersteller nutzen heute Packungen aus Frischfaser anstelle von Recyclingkarton – ein wichtiger Schritt. Da die Mineralölgefahr aber auf jeder Produktionsstufe lauert, bleibt noch viel zu tun.
-
- Die Stiftung Warentest hat 30 Schwarztees auf Schadstoffe getestet, darunter 14 Mischungen aus Asien und Afrika, 12 Earl-Grey-Tees und 4 ostfriesische Mischungen. Zu...
-
- „Nur für kurze Zeit“, „Winter-Edition“, „Saison“: Mit solchen Hinweisen und einer Vielzahl an weihnachtlichen Geschmacksrichtungen verführen Joghurt und Quark in...
-
- Squishies sind kleine Schaumstofffiguren zum Spielen, die sich wie ein Anti-Stress-Ball zusammendrücken lassen. Doch wie unsere dänische Partnerzeitschrift Tænk...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Dass Mineralölrückstände in den Produkten sind, ist erstmal irrelevant, wenn man nicht weiß, ob und vor allem in welchen Mengen diese eventuell gesundheitlich negative Auswirkungen haben. Es macht immer die Menge. Und offenbar ist es wissenschaftlich bis heute schlicht unbekannt, ob und ab wann eine eventuelle Gefahr besteht. Allerdings ist der "Ökotrend" ja nicht ganz unschuldig an den Rückständen. Bei in PE-Folie verpackten Lebensmittel, wird man keine Rückstände aus der Verpackung finden können. Anders sieht das bei Verzicht auf eine luftdichte Folienverpackung aus. Besonders auffällig: Kakaopulver wird häufig in Pappkartons angeboten - ohne jede Innenbeschichtung. Dabei enthält schwach entöltes Kakaopulver über 20 % Fett, kann also die Mineralölrückstände aus der Verpackung besonders gut aufnehmen. Außerdem rieselt es aus den Ecken. Es ist mir absolut unbegreiflich, warum hier die Hersteller nicht in Folie verpacken.
...als erfahrenes Leckermäulchen -- außer von US-amerikanischer Produktion in offenbar 'seefester' (mineralölhaltiger) Verpackung. Nun interessieren bei nur 30 Packungen / 22 Pralinenformen noch die Ergebnisse von jeweiligen Mitbewerbern, zu Godiva (in D nur in Großstädten nach längerer Suche auffindbar) also nur hier gängige weitere Belgier wie Neuhaus und Petersen, zu Aldi Süd/ Moser-Roth auch die artgleichen Lieferanten bei Lidl, Rewe/Penny, Edeka, Netto, Norma etc. (oder haben die alle nur unterschiedliche Form und Verpackung?). Und wie macht man solchen Großtest dann ohne tageweise Unterbrechung oder unterschiedliche Tester? Denn anders als bei Wein kann man sich ja nur wenig vom (Ab-)Gelutschten verkneifen und ausspucken, hat dann aber schon nach ca. 100 Gramm (sofern nicht allzu süß und vollmilchig) die Nase, äh, den Gaumen voll.
Hallo, Sie sehen, ich bereite mich schon mal vor -- s'ist bald Weihnachten!