
Der Datenschutzbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Ulrich Lepper, hat gegen die Postbank AG ein Bußgeld in Höhe von 120 000 Euro verhängt. Grund für das Bußgeld: Die von Finanztest im Herbst 2009 aufgedeckten verbotenen Praktiken des Postbankvertriebs.
Postbank verzichtet auf Widerspruch
Für Datenschützer Lepper steht fest, dass die Postbank den freien Mitarbeitern eines Schwesterunternehmens unzulässigerweise den Zugriff auf die Kontobewegungsdaten der Postbankkunden ermöglicht hatte. Die Postbank hat auf einen Widerspruch gegen das Bußgeld verzichtet.
Systematische Verstöße gegen den Datenschutz
Im Herbst 2009 hatte die Zeitschrift Finanztest aufgedeckt, dass tausende freier Mitarbeiter der Postbank Finanzberatung AG auf die Girokontodaten der Postbankkunden zugreifen durften. Dazu mussten sie nur den Namen und das Geburtsdatum eines Kunden in eine Unternehmensdatenbank eingeben. Anschließend hatten sie Einsicht in sämtliche Kontobewegungen. Auch wenn der Kontoinhaber der Weitergabe seiner Daten an die freien Mitarbeiter nicht zugestimmt hatte, konnten diese alle Kontodaten lesen.
Blick auf Girokonto half beim Verkaufen
Die Daten sollten den Mitarbeitern bei ihrer Arbeit helfen. Das Vertriebsunternehmen mit etwa 4 000 freien Handelsvertretern verkauft Produkte der Postbank und der BHW Bausparkasse. Sobald ein höherer Geldbetrag auf einem Konto einging, sollten die Berater den Kunden anrufen, um Geldanlagen zu verkaufen. Dass diese Praxis rechtswidrig war, wusste man im Postbankvertrieb genau. Aus Arbeitsanweisungen des Unternehmens geht hervor, dass Mitarbeiter auch dann auf die Daten zugreifen konnten, wenn ein Kunde dem überhaupt nicht zugestimmt hatte. Die Postbank Finanzberatung AG gab ihren Mitarbeitern sogar vor, diese Informationen zu nutzen, ihr Wissen aber im Kundengespräch geheim zu halten.
Datenschützer: Bankgeheimnis nichts wert
Mit der Weitergabe von Daten an die Vertriebsorganisation sei die Postbank „eindeutig zu weit gegangen“, begründet der NRW-Datenschutzbeauftragte Ulrich Lepper das Bußgeld gegen die Postbank AG. „Ich frage mich, was das Bankgeheimnis noch wert sein soll, wenn rund 4 000 freiberufliche Außendienstmitarbeiter weit über eine Million Kontodatensätze von Kundinnen und Kunden abrufen können“. Ob nun auch die Vertriebsorganisation des Postbankkonzerns, in der der eigentliche Missbrauch mit den Kundendaten stattfand, mit einem Bußgeld belegt wird, hat Ulrich Lepper nicht zu entscheiden. Für diesen Unternehmensteil des Postbankkonzerns ist der niedersächsische Datenschutzbeauftragte zuständig. Er könnte ein Bußgeld von bis zu 300 000 Euro verhängen. Ob die niedersächsische Behörde in dieser Hinsicht ermittelt, konnte test.de dort bislang nicht in Erfahrung bringen.
Chronologie des Datenskandals:
Der Fall der Postbank
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