
Je schneller Frauen nach einer Verhütungspanne die „Pille danach“ einnehmen, umso besser lässt sich eine ungewollte Schwangerschaft verhindern. Daher begrüßen es viele Gesundheitspolitiker, dass Frauen für die Beschaffung nicht mehr zum Arzt müssen. Seit März 2015 gibt es die Pille danach rezeptfrei in der Apotheke. Zwei Wirkstoffe stehen zur Auswahl: das teurere Ulipristal (Präparat: ellaOne) und das günstigere Levonorgestrel (etwa im Präparat PiDaNa). Die Arzneimittelexperten der Stiftung Warentest haben beide Wirkstoffe bewertet.
Pille danach ist freigegeben
Seit dem 16. März 2015 ist die Pille danach in allen deutschen Apotheken rezeptfrei erhältlich. Der Bundesrat hatte im März der Änderung der entsprechenden Regelung zugestimmt. Nun dürfen öffentliche Apotheken die Pille danach rezeptfrei verkaufen. Das gilt allerdings nicht für Internetapotheken, denn Frauen sollen das Mittel nach einer Verhütungspanne möglichst schnell einnehmen. Das sei über den Versandhandel typischerweise nicht zu gewährleisten, so der Bundesrat. Zudem sei für die Pille danach eine Beratung von Angesicht zu Angesicht nötig.
Zwei Wirkstoffe zur Auswahl
Von der Neuregelung betroffen sind zwei Wirkstoffe: Einer heißt Ulipristal und ist im Präparat ellaOne enthalten. Der andere heißt Levonorgestrel, ist älter und findet sich zum Beispiel im Präparat PiDaNa. Die Arzneimittelexperten der Stiftung Warentest haben beide Wirkstoffe unter die Lupe genommen.
- Levonorgestrel. Der Wirkstoff von PiDaNa schneidet besser ab. Er ist lang erprobt und es liegen ausreichend Daten vor, dass die Einnahme dem ungeborenen Kind nicht schadet – falls eine Frau unbemerkt bereits schwanger ist oder es trotz Pille danach wird. Daher lautet die Bewertung der Arzneimittelexperten der Stiftung Warentest „geeignet“.
- Ulipristal. Ob das vergleichsweise neue ellaOne ebenso sicher für das ungeborene Kind ist, lässt sich noch nicht abschließend sagen. Das führt zur Bewertung „mit Einschränkung geeignet“. Von Vorteil ist ellaOne, wenn die Verhütungspanne bereits mehr als drei, aber noch nicht länger als fünf Tage zurückliegt. Für so eine späte Anwendung ist der Wirkstoff Levonorgestrel nicht zugelassen, sondern nur für maximal drei Tage nach dem Vorfall. Unabhängig vom Präparat sollten Frauen die Pille danach grundsätzlich möglichst schnell nehmen. Sie wirkt in den ersten 24 Stunden am besten.
Detaillierte Infos zeigt die Tabelle Die Präparate im Vergleich sowie die Arzneimitteldatenbank der Stiftung Warentest.
Preisunterschiede zwischen Präparaten
Frauen müssen die Pille danach selbst bezahlen. PiDaNa und ellaOne stammen vom selben Hersteller – aber beide sind unterschiedlich teuer. ellaOne kostet ungefähr 30 Euro, PiDaNa nicht einmal 20 Euro. Inzwischen gibt es weitere Mittel mit Levonorgestrel, wie etwa Levonoraristo, Postinor und Unofem Hexal. Sie sind in ihren Eigenschaften mit PiDaNa vergleichbar und teils noch etwas günstiger. Junge Frauen bis zum Alter von 20 Jahren bekommen die Pille danach von der Krankenkasse erstattet. Dafür brauchen sie allerdings, auch wenn es nun keine Rezeptpflicht mehr gibt, weiterhin eine Verordnung vom Arzt.
Kontroversen um die Pille danach
Um die Pille danach gibt es seit Jahren heftige Kontroversen. In fast allen anderen EU-Ländern ist sie schon lange frei verkäuflich. In Deutschland hatten verschiedene Institutionen und Politiker seit Jahren gefordert, die Pille danach aus der Rezeptpflicht zu entlassen. Schließlich schaffte die Europäische Kommission Tatsachen. Im Januar 2014 hob sie europaweit die Verschreibungspflicht für das Präparat ellaOne mit dem Wirkstoff Ulipristal auf. Die Bundesregierung entschied daraufhin, auch das bereits länger erprobte Levonorgestrel rezeptfrei zu machen. Die Bundesapothekerkammer hat einen Leitfaden entwickelt, um eine gute Beratung in der Apotheke sicherzustellen.
Absatz seit der Freigabe erhöht
Nachdem die Pille danach nicht mehr rezeptpflichtig war, stieg die Nachfrage stark an und pendelte sich bis zum Jahresende 2015 ein: auf rund 60 000 Packungen pro Monat. Vor der Freigabe waren es rund 40 000 Packungen. Insgesamt nehmen 13 Prozent der Frauen mindestens einmal in ihrem Leben die Pille danach– so eine Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zum Verhütungsverhalten Erwachsener (siehe BZgA-PDF, S. 27). Besonders häufig nutzen sie junge Frauen. Früher war die Beschaffung aufwendig. Die Frauen mussten sich erst einmal ein Rezept vom Arzt ausstellen lassen – was gerade am Wochenende lange Anfahrtswege und Wartezeiten bedeuten kann. Dabei ist Zeit ein entscheidender Faktor: Je früher eine Frau die Pille danach einnimmt, desto geringer ist das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft. Die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung ist an den zwei Tagen vor dem Eisprung am höchsten. Ab Beginn der letzten Periode findet er im Durchschnitt am 14. Tag statt. Abhängig von der Zykluslänge und den Lebensumständen kann er auch früher oder später eintreten.
Nach der Einnahme konsequent verhüten
Mit der Pille danach greifen Frauen in ihren Hormonhaushalt ein – mögliche Folgen: Der Zeitpunkt der nächsten Regel und des nächsten Eisprungs kann sich verschieben, der Verhütungsschutz durch die herkömmliche Anti-Baby-Pille ist im betroffenen Zyklus nicht mehr gegeben. Dennoch sollten Frauen die Anti-Baby-Pille weiter einnehmen. Sonst kann es zu Blutungen und Zyklusstörungen kommen. Bis zur nächsten Monatsblutung sollten Frauen zusätzlich mechanische Verhütungsmethoden nutzen wie Kondome oder ein Diaphragma. Generell gilt: Die Pille danach ist nur eine Verhütungsmethode für den Notfall. Sie schützt nicht dauerhaft und eignet sich nicht als reguläres Verhütungsmittel. Die Arzneimittelexperten der Stiftung Warentest haben geeignete Mittel zur Empfängnisverhütung beurteilt, Details finden Sie in der Datenbank „Medikamente im Test“ auf der Seite zum Thema Empfängnisverhütung.
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* Diese Meldung erschien erstmals am 6. Mai 2014 auf test.de. Sie wurde seitdem mehrfach aktualisiert, zuletzt am 26. Juli 2016.