Photovoltaik Wann sich Balkonkraft­werke lohnen

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Photovoltaik - Wann sich Balkonkraft­werke lohnen

Einge­steckt. Kleine Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) mit Solar-Modulen. © Infinitum Energie

Photovoltaik auf dem Dach geht nicht? Vielleicht ist Platz auf dem Balkon für eine Solar­anlage. Was Sie wissen sollten, wenn Sie eine Mini-PV-Anlage einrichten.

Stecker-Solargeräte in der Größe von zwei Fußabstreifern

Jeder kann einfach Strom erzeugen und sofort direkt verbrauchen – das versprechen Balkon-Solar­anlagen. Diese kleinen Photovoltaik-Module ab einer Größe von zwei Fußabstreifern werden an die Steck­dose gestöpselt, weshalb sie auch Stecker-Solargeräte heißen. Ein Balkonkraft­werk mit 600 Watt oder 300 Watt war früher im Verhältnis zu seiner gelieferten Leistung sehr teuer. Inzwischen sind die Preise für Plug-in-Anlagen gesunken.

Ab 350 Euro selber Strom erzeugen

300-Watt-Module einer Größe von 1 mal 1,7 Metern kosten laut Verbraucherzentrale 350 bis 500 Euro, samt Wechsel­richter, der dann den Gleich­strom der Solar­anlage in 240-Volt-Wechsel­strom für Haus­halts­geräte verwandelt. Hinzu kommen gegebenenfalls noch Kosten von rund 100 Euro für die Montage. Die Verbraucherzentrale schreibt: „Ein 300-Watt-Solarmodul, das verschattungs­frei an einem Südbalkon montiert wurde, liefert etwa 200 Kilowatt­stunden Strom pro Jahr.“ Bei einer Lauf­zeit von 20 Jahren wären das 4 000 Kilowatt­stunden Strom. Die Kilowatt­stunde (kWh) kostet bei einem Kauf­preis von 350 Euro mithin 8,75 Cent. Wenn noch 100 Euro Anfangs­kosten für die Elektroin­stallation hinzukommen (siehe unten), steigt der Preis pro Kilowatt­stunde auf gut 11 Cent. Eine Kilowatt­stunde aus dem Stromnetz kostet hingegen derzeit typischer­weise mehr als 30 Cent. Klingt lohnend. Wo liegen die Fall­stricke?

Installation soll einfacher werden

Vereinfachte Anmeldung. Die Bundes­regierung will die Installation der kleinen Solar­anlagen jetzt erleichtern. Der Gesetz­entwurf für das „Solarpaket I“ sieht eine vereinfachte Anmeldung vor. Bislang mussten Mini-PV-Anlagen beim Markt­stamm­daten­register und beim Netz­betreiber angemeldet werden. Zudem ist geplant, die zulässige Wechsel­richter­leistung auf bis zu 800 Watt zu erhöhen (bisher 600 Watt) und künftig auch alte Stromzähler ohne Rück­lauf­sperre zu erlauben. Nicht zuletzt sollen die Geräte mit herkömm­lichen Schuko-Steck­dosen betrieben werden dürfen.

Rechts­anspruch. Ein weiterer Gesetz­entwurf kommt aus dem Bundes­justiz­ministerium: Mieter und Wohnungs­eigentümer sollen künftig einen Rechts­anspruch darauf haben, Balkonkraft­werke anbringen zu ­können. Bislang können Vermieter oder Eigentümer­gemeinschaften das Anbringen der Solarmodule untersagen. Beide Gesetze sollen im Herbst 2023 verabschiedet werden.

Umsatz­steuer. Bereits seit Januar 2023 entfällt bei Stecker-Solar­anlagen – wie bei großen Photovoltaikanlagen – die Umsatz­steuer.

Auf den Stand­ort des Balkonkraft­werks kommt es an

Den besten Ertrag liefern Module auf einem unver­schatteten Südseiten­balkon, einem Garagen­dach, Rasen­stück oder auch einer Gartenmauer. Viele stellen sie auch auf ein flaches oder leicht geneigtes Hausdach. Dann sind sie von der Straße aus meist nicht zu sehen. Um die Sonne ganz­jährig gut nutzen zu können, sollten die Paneele zudem nach Süden geneigt sein – der Winkel zum Horizont sollte zirka 30 bis 40 Grad betragen. Ist der Stand­ort verschattet oder das Modul nicht optimal ausgerichtet, sinkt der Ertrag. Weil die Anschaffungs­kosten fix sind, steigen die Kosten pro tatsäch­lich „geernteter“ Kilowatt­stunde schnell auf über 10 Cent.

Tipp: Sie wollen wissen, wie Sie die Sonne am besten nutzen? Erwägen, mit Sonnen­energie zu heizen? Oder wollen Ihre Photovoltaik-Anlage versichern? Auf unserer Themenseite Solaranlagen finden Sie viele Tests und Infos.

Check­liste: Solargerät installieren und anmelden

  • Erlaubnis einholen. Bei Fassaden zur Straße brauchen Bewohner das Einverständnis des Vermieters oder der Eigentümer­gemeinschaft, weil ein Solarmodul den optischen Eindruck des Hauses verändert. Aber auch abseits der Straßenseite empfiehlt es sich, den Vermieter und die Miteigentümer vorher in Kennt­nis zu setzen. Wie Gerichte in solchen Fällen entschieden haben, steht in unserem Special Was auf dem Balkon erlaubt ist.
  • Förderung mitnehmen. In einigen Kommunen, Bundes­ländern und Regional­verbänden werden Mini-Solar­anlagen gefördert, meist mit 100 Euro oder mehr. Nach­fragen lohnt also. Oft muss ein Antrag vor der Auftrags­vergabe gestellt werden.
  • Anlage anmelden. Derzeit müssen Stecker-Solargeräte noch beim lokalen Netz­betreiber und bei der Bundes­netz­agentur angemeldet werden. Die Abstimmung ist je nach Netz­betreiber unterschiedlich aufwendig, so die Deutsche Gesell­schaft für Sonnen­energie: Einige forderten derzeit noch eine voll­wertige Anmeldung als Photovoltaik-Anlage, anderen reicht ein vereinfachtes Anmelde­verfahren. Die genaue Ober­grenze bestimmt die Ausgangs­leistung des Wechsel­richters: Sie darf maximal 600 Watt betragen. Drüber ist es eine Anlage gemäß dem Erneuer­bare-Energien-Gesetz mit umfang­reicheren Vorschriften.
  • Sicher montieren. Das Solargerät muss sturm­fest verschraubt sein. Laut Verbraucherzentrale Baden-Württem­berg ist zudem eine fingersichere Steck­dose gefordert, nach dem bekann­testen Hersteller auch „Wieland-Dose“ genannt. Sie verhindert, dass der Stecker falsch herum einge­steckt wird. Außerdem kann dann auch bei einem Fehler an der Plug-in-Solar­anlage kein Finger an ein spannungs­führendes Teil geraten. Die Dose installiert ein Elektriker in ein bis zwei Arbeits­stunden. Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) ist der Meinung, dass ein Wieland-Stecker nicht nötig ist, wenn die Anlage selbst gewähr­leistet, dass keine Spannung an berühr­baren Teilen anliegt. Der Verband hat eine Marktübersicht solcher Anlagen angelegt. Die DGS ist ein Lobby-Fach­verband, dem unter anderem Bürger­energie­gemeinschaften und auf Solar­technik spezialisierte Handwerks­betriebe angehören. Solarmodule mit Silizi­umkristallen als strom­erzeugender Schicht halten erfahrungs­gemäß Jahr­zehnte. Wer dennoch auf Nummer sicher gehen will, kauft eine Anlage mit Herstel­lergarantie über 20 oder 25 Jahre.
  • Link-Tipps. Die Website balkon.solar bietet eine Einführung, wie sich Mini-Solar­anlagen anschließen lassen. Auf Machdeinenstrom.de gibts Hilfe für die Anmeldung beim Netz­betreiber (vor Inbetrieb­nahme) und beim bundes­eigenen Markt­stamm­daten­register (nach Inbetrieb­nahme) – sofern der Netz­betreiber an diesem Service teilnimmt.

Der eigene Strom­verbrauch bestimmt die Rendite

Strom für den Eigen­verbrauch zu erzeugen ergibt finanziell nur dann Sinn, wenn der Produzent möglichst viel davon selbst verbraucht. Und wie sieht es aus mit einem Balkonkraft­werk mit Speicher, um den Eigen­verbrauch zu erhöhen? Ein Stromspeicher als Puffer lohnt sich bei solch kleinen Anlagen nicht – weder finanziell noch für die Umwelt. Er hätte zum Beispiel in den Wintermonaten, wenn die Anlage wenig bringt und der Eigen­verbrauch – etwa für Beleuchtung – hoch ist, kaum etwas zu speichern.

Tipp: Prüfen Sie deshalb, ob Sie tags­über oft gleich­mäßig hohen Strom­verbrauch haben. Denn nur dann können Sie den selbst erzeugten Strom auch verbrauchen. Zum Vergleich: Eine Kühl-Gefrier-Kombi verbraucht etwa 100 Watt, solange der Kompressor läuft. Ein WLan-Router im Schnitt 10 Watt, ein 40-Zoll-Fernseher 50 bis 80 Watt im Betrieb, ein Akku-Ladegerät für E-Bikes etwa 1 000 Watt, Waschmaschinen je nach Betriebs­art bis zu 2 000 Watt.

Amortisation meist erst nach etlichen Jahren

Rechenbei­spiel: Nehmen wir an, ein 300-Watt-Solarmodul bringt jähr­lich 200 Kilowatt­stunden, von denen Sie ein Drittel selbst verbrauchen. Die Ersparnis liegt also bei 66 kWh à 32 Cent, das macht etwa 21 Euro pro Jahr. Dem stehen Kosten von rund 350 Euro für das 300-Watt-Modul gegen­über. Nach knapp 17 Jahren wäre die Investition also wieder drin. Photovoltaik-Anlagen laufen zum Glück aber oft weit länger als 20 Jahre. Zudem ist die Amortisations­zeit deutlich kürzer, wenn der Eigen­verbrauch entsprechend höher ist.

Der richtige Stromzähler

Der Stromzähler im Haushalt muss eine Rück­lauf­sperre haben. Alther­gebrachte Zähler mit dem drehenden Mess­rad laufen rück­wärts, wenn im Haushalt mehr Strom erzeugt als verbraucht wird. Ein rück­wärts laufender Zähler käme einer Urkunden­fälschung gleich. Denn mit dem Stromzähler ermittelt der Strom­versorger den gelieferten Strom und daraus den Rechnungs­betrag. Die Rück­lauf­sperre ist an einem Symbol auf dem Zähler zu erkennen (siehe Foto), einem Zahnrad mit Sperre.

Photovoltaik - Wann sich Balkonkraft­werke lohnen

Zahnrädchen mit Sperre. Zähler mit diesem Zeichen haben eine Rück­lauf­sperre. Sie verhindert, dass der Zähler rück­wärts läuft und so unerlaubt die Strom­rechnung mindert. © Adobe Stock / Gerhard Seybert

Moderne digitale Zähler laufen ohnehin nicht rück­wärts. Wer offiziell Strom ins Netz liefern will, braucht einen Zähler, der in beide Richtungen separat messen kann – so dass nach­voll­zieh­bar ist, wie viel Strom der Verbraucher aus dem Stromnetz bezogen und wie viel er ins Stromnetz geliefert hat. Das muss aber angemeldet werden – mit dem entsprechenden bürokratischen Aufwand. Die kleinen Stecker-Solargeräte sind daher eher für den Eigen­verbrauch gedacht. Wird ein neuer Stromzähler mit Rück­lauf­sperre benötigt, hängt es vom jeweiligen Netz­betreiber ab, ob und welche Kosten anfallen. Wenn bei einem digitalen oder einem Zähler mit Rück­lauf­sperre Strom ins Netz fließt, dann wird dieser Strom nicht vergütet.

Online-Rechner für Stecker-Solargeräte

Die Hoch­schule für Technik und Wirt­schaft (HTW) in Berlin bietet einen praktischen Rechner, den Stecker-Solar-Simulator. Dem Onlinetool liegt eine Daten­bank zugrunde, die Solarmodul-Leistungen, Sonnen­einstrahlung für verschiedene Himmels­richtungen und den Strom­verbrauch bestimmter Haus­halts­größen erfasst. Mithilfe einfacher Schieberegler kann jeder potenzielle Nutzer zum Beispiel Wohnungs­größe, Balkon­ausrichtung und Zahl der Personen im Haushalt eingeben und erhält dann den Grad der Selbst­versorgung und die Einnahmen in zehn Jahren Betrieb. Laut einer Umfrage der HTW sind die kleinen Stecker­anlagen ein Boomsegment, im Jahr 2021 wurden fast doppelt so viele Anlagen installiert wie im Jahr zuvor.

Tech­nische Varianten bei Plug-In-Anlagen

Optimal nach Süden ausgerichtete Solar­anlagen erzeugen über den Tag verteilt morgens erst wenig Strom, dann bis Mittag immer mehr, ehe ihre Leistung wieder absinkt. Privathaushalte haben aber morgens und abends oft den höchsten Verbrauch, nicht mittags. Emsige Nutzer richten ihre Module daher nach Osten und nach Westen aus. So ist ein Teil der Anlage schon bei Sonnen­aufgang produktiv, während der andere in den Abend­stunden mehr erbringt. Der Süden bleibt frei. Die Investitions­summe ist damit freilich doppelt so hoch. Im Gegen­zug steigt aber der verbrauchte Eigen­strom­anteil. Allerdings muss hier über einen geeigneten Wechsel­richter (der verwandelt den Gleich­strom aus den PV-Modulen in für Elektrogeräte nutz­baren 230-Volt-Wechsel­strom) sicher­gestellt sein, dass die Ausgangs­leistung bei 600 Watt gedeckelt wird.

Wer einen Modul­wechsel­richter installiert, der über den vorgeschriebenen Netz- und Anlagen­schutz verfügt, braucht laut der Deutschen Gesell­schaft für Sonnen­energie keinen Wieland-Stecker. Ein handels­üblicher Schuko-Stecker reicht (siehe oben, Check­liste).

Neben den üblichen Modulen mit Glas­abdeckung und Metall­rahmen sind inzwischen sehr viel leichtere und einfacher zu montierende Folienmodule auf dem Markt. Diese bringen allerdings pro Fläche weniger Leistung.

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WB1450 am 09.08.2023 um 22:15 Uhr
Petition

zu diesem Thema wurde eine der meist unterstützen P. mit über 100000 Unterzeichnern eingereicht und angenommen, mit gesetzlichen Änderungen ist Anfang 2024 zu rechnen.
Dieser aufgewärmte Artikel hat sehr wenig Berechtigung erneut zu erscheinen, technische und preisliche Angaben sind von vorgestern. Viel vernünftiger wäre gewesen abzuwarten und im Frühjahr einen aktuellen Artikel zu erarbeiten.

Profilbild Stiftung_Warentest am 20.03.2023 um 11:23 Uhr
Stromausfall

@Famino: Die Anlage muss für einen Betrieb ohne Strom von außen inselfähig sein. Das hätten wir noch erwähnen sollen.

Famino am 18.03.2023 um 12:49 Uhr
Ihre Stellungnahme zum Stromausfall stimmt nicht

Am am 02.09.2022 um 10:28 Uhr schrieb Stiftung_Warentest
zum Thema "Stromausfall"
"... ja, den Strom können Sie bei einem Stromausfall nutzen ..."
Das stimmt leider nicht.
Die Wechselrichter bei PV-Anlagen sind fast immer darauf angewiesen, dass die in Frequenz und Spannung richtige Netzversorgung vorhanden ist.
Anders ist das nur bei Inselanlagen oder inselfähigen Anlagen, die wesentlich teurer sind, da sie eine eigene Leistungselektronik vorhalten müssen, die in der Lage sein muss, die stabile Netzfrequenz und -spannung selbst zu erzeugen und die abgeforderte Leistung dann zur Verfügung zu stellen.
Außerdem muss im Inselbetrieb sogar eine Netztrennung vorgenommen werden, weil andernfalls die Leistung in's allgemeine Netz fließen bzw. dann sofort zusammenbrechen würde.
Funktionieren tut dies ohnehin auch nur mit Akkumulatoren, die bei den
Stecker-Solaranlagen auch nicht dabei sind.

Merrill am 20.09.2022 um 13:34 Uhr
Test Stecker-Solaranlagen?

Schade, dass Stiftung Warentest auch zu diesen Produkten keinen Test anbietet. Die Nachfrage nach diesen Kleinanlagen ist enorm, insbesondere da der Strompreis mittlerweile auf im Schnitt fast 40 Cent/kWh gestiegen ist. Anbieter berichteten laut Artikeln von über 1.000% höherer Nachfrage.
Computerbild hat zumindest eine Marktübersicht veröffentlicht: https://www.computerbild.de/artikel/Balkonkraftwerk-Vergleichstabelle-32639441.html

Profilbild Stiftung_Warentest am 02.09.2022 um 10:28 Uhr
Stromausfall

@Notstromaggregat: Ja, den Strom können Sie bei einem Stromausfall nutzen. Am wichtigsten dürfte der Weiterbetrieb von Kühl- oder gar Gefrierschrank sein. Für eine Geschirrspülmaschine dürfte es knapp werden, weil die beim Aufheizen mehr Watt benötigt als eine Balkonsolaranlage liefern kann. Ein moderner Fernseher wiederum funktioniert.