
Dieses Pflegeheim in Erkelenz (Nordrhein-Westfalen) gehört einer Eigentümergemeinschaft aus privaten Kapitalanlegern. © Markus J. Feger
Beworben werden sie als Sorglosimmobilien mit Renditegarantie. Doch die Ertragschancen sind eher mäßig, die Risiken beachtlich.
In den Prospekten von Bauträgern und Anlagevermittlern ist der Kauf eines Pflegeapartments die perfekte Kapitalanlage: Anleger erzielen scheinbar mühelos Renditen von 4 Prozent und mehr – bis zu 25 Jahre lang und nahezu ohne Risiko. Der Betreiber des Pflegeheims zahlt als Pächter langfristig steigende Mieten und übernimmt alle Betriebskosten sowie einen Teil der Instandhaltung. Die Eigentümer der Apartments müssen sich um nichts kümmern: keine Mietersuche, keine Nebenkostenabrechnung, kein Ärger mit säumigen Mietern.
Weil immer mehr Menschen pflegebedürftig werden, soll ein späterer Verkauf der einzelnen Apartments problemlos möglich sein. Laut Anbieter winkt sogar ein ordentlicher Wertgewinn. Pflegeapartments, so steht es in fast jedem Prospekt, seien wertstabile Geldanlagen, krisenfest und inflationsgeschützt. Finanztest hat bundesweit neun Angebote für Pflegeapartments samt Prospekten und Verträgen unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Pflegeapartments sind als Kapitalanlage längst nicht so einfach und sicher, wie es die Verkäufer hinstellen – und auch nicht so rentabel.
Unser Rat
Anleger. Pflegeapartments sind keine Basisanlage zur Vermögensbildung oder für die Altersvorsorge. Wegen der Risiken eignen sie sich allenfalls für Anleger, die bereits über ein breit gestreutes Vermögen verfügen und einen Teil in Spezial-immobilien investieren möchten.
Wertentwicklung. Pflegeheime unterliegen einer stärkeren Abnutzung als gewöhnliche Wohnhäuser. Rechnen Sie daher nicht mit Wertsteigerungen.
Alternative. Eigentumswohnungen bringen oft genauso hohe oder höhere Mietrenditen wie Pflegeapartments, sie lassen sich leichter verkaufen und bieten bessere Chancen auf eine positive Wertentwicklung.
So funktioniert das Anlagemodell

Pflegeimmobilien werden immer häufiger auch privaten Kapitalanlegern angeboten. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser
Pflegeheime waren wegen der Anschaffungskosten von vielen Millionen Euro lange nur etwas für Großinvestoren. Zunehmend werden sie aber wie gewöhnliche Wohnhäuser in Eigentumswohnungen aufgeteilt und dann scheibchenweise an Privatanleger verkauft. Anleger können sich so für 150 000 Euro bis 300 000 Euro in ein Pflegeheim einkaufen. Dafür bekommen sie ein meist 20 bis 30 Quadratmeter großes Apartment und einen Anteil von etwa 25 bis 40 Quadratmetern an den gemeinschaftlich genutzten Räumen.
Gebäude und Außenanlagen sind in der Regel für 20 bis 25 Jahre an den Betreiber des Pflegeheims verpachtet. Der bezahlt dafür einen monatlichen Pachtzins, der unter den Anlegern nach ihren Miteigentumsanteilen an der Immobilie aufgeteilt wird. Der Pachtzins wird regelmäßig an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten angepasst. Meist steigt er nicht in Höhe der vollen, sondern nur um 50 bis 80 Prozent der Inflationsrate.
In den Pachtverträgen ist üblicherweise festgelegt, dass die Eigentümergemeinschaft nur für die Instandhaltung von „Dach und Fach“ aufkommt – etwa für Reparaturen an Dach und tragenden Wänden, Versorgungsleitungen, Fenstern und Außentüren. Für die Renovierung der Apartments und Gemeinschaftsräume sowie die Instandhaltung und Wartung der technischen Anlagen ist in der Regel der Betreiber zuständig.
Eigenbedarf für sich oder einen pflegebedürftigen Angehörigen können die Eigentümer für ihr Apartment nicht geltend machen. Bei freien Plätzen im Pflegeheim werden sie aber meist bevorzugt behandelt.
Lange Mietverträge, wenig Verwaltungsaufwand und anfangs geringe Instandhaltungskosten sind zweifellos Pluspunkte. Richtig ist auch, dass der Bedarf an Pflegeplätzen steigt und Bau und Betrieb von Pflegeheimen ein Wachstumsmarkt bleibt. Dennoch sollten Anleger dreimal überlegen, bevor sie ein Apartment kaufen. Die Risiken sind erheblich und schwer kalkulierbar.
Brutto ist nicht netto
Fraglich sind schon die versprochenen Renditen, die derzeit überwiegend zwischen 3,5 und 4,5 Prozent im Jahr liegen. Mit „Rendite“ meinen Anbieter meist nur die anfängliche Bruttomietrendite, das ist das Verhältnis der Jahresmiete im ersten Vermietungsjahr zum Kaufpreis des Apartments.
Nicht eingerechnet sind die Grunderwerbsteuer von je nach Bundesland 3,5 bis 6,5 Prozent des Kaufpreises sowie 1,5 bis 2,0 Prozent für Notar- und Grundbuchgebühren. Außerdem fehlen die Vergütung für den Verwalter der Eigentümergemeinschaft und die Beiträge zur Instandhaltungsrücklage. Durch die Nebenkosten sinkt die anfängliche Nettomietrendite um rund 0,5 Prozentpunkte auf durchschnittlich etwa 3,5 Prozent (Renditeberechnung).
Risiko Wertentwicklung
Die anfängliche Nettomietrendite ist nur ein erster Indikator für die Rentabilität einer Immobilie. Wie hoch die Rendite tatsächlich ausfällt, hängt auch von der Miet- und Wertentwicklung ab. Einerseits steigen die Mieten, weil sie an die Inflationsrate gekoppelt sind. Andererseits sollten Anleger einkalkulieren, dass ihre Immobilie an Wert verliert.
Die Preise für Pflegeapartments sind hoch. Sie enthalten Kosten für Konzeption, Marketing und Vertrieb. Mitunter beträgt allein schon die Provision für den Anlagevermittler 9,5 Prozent des Kaufpreises. Anleger zahlen für ihr Apartment oft das 25-Fache der Jahresmiete. Fondsgesellschaften und andere institutionelle Investoren akzeptieren bei Pflegeheimen nicht einmal das 20-Fache.
Dazu kommt: Pflegeimmobilien altern schnell, weil sich die Anforderungen an ihre Ausstattung und Konzeption ständig ändern – nicht zuletzt durch gesetzliche Regulierungen. Pflegeheime werden zudem stark beansprucht, vor allem Gemeinschaftsräume wie Großküche und Aufenthaltsräume.
Eigentümer müssen damit rechnen, dass spätestens zum Ende des Pachtvertrags zusätzliche Kosten anfallen, um die Immobilie an moderne Standards anzupassen. Die Instandhaltungsrücklage, in die oft nur winzige 0,1 Prozent des Kaufpreises im Jahr fließen, wird dafür nicht reichen.
Je älter das Pflegeheim wird und je näher das Ende des Pachtvertrags rückt, desto schwieriger kann es werden, das Apartment zu einem guten Preis zu verkaufen. Warum sollten künftige Investoren Spitzenpreise für ein Apartment zahlen, das in einem 20 Jahre alten und modernisierungsbedürftigen Pflegeheim liegt? Die Anlegerrendite wird deshalb am Ende wahrscheinlich niedriger ausfallen als die anfängliche Bruttomietrendite, mit der die Anbieter werben.
Risiko Betreiberinsolvenz
Der größte Renditekiller wäre eine Insolvenz des Betreibers. Nur wenn er sich langfristig erfolgreich am Pflegemarkt behauptet, kann er die vereinbarten Mieten zahlen.
Das ist gar nicht so einfach. Um Pflegeheime wirtschaftlich zu betreiben, müssen die Pflegeplätze Experten zufolge dauerhaft zu mindestens 90 Prozent oder mehr belegt sein. Fehlendes Fachpersonal und die Konkurrenz durch neu errichtete Pflegeheime können einen Strich durch die Rechnung machen.
Mit Sicherheit werden sich in den nächsten 20 Jahren die gesetzlichen Regelungen für die Ausstattung der Pflegeheime und die Qualität der Pflege ändern – möglich sind zum Beispiel höhere Quoten für Einbettzimmer oder strengere Auflagen an Brandschutz, Energieeffizienz oder die medizinische Ausstattung. Das kann teure Umbauten erforderlich machen, die manchen Betreiber überfordern.
Geht der Betreiber pleite, drohen Mietausfälle. Bis ein Nachfolger gefunden ist, kann viel Zeit vergehen. Eventuell steigt ein neuer Betreiber erst nach kostspieligen Umbauten oder nur zu einem geringeren Pachtzins ein. Im schlimmsten Fall interessiert sich niemand für den Weiterbetrieb, weil der Bedarf in der Region durch modernere Heime und ambulante Pflegedienste gedeckt wird.
In einer 2019 veröffentlichten Studie des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung heißt es, die wirtschaftliche Lage der Pflegeheime sei insgesamt „relativ gut“. Doch für 4 Prozent der untersuchten Heime bestehe eine erhöhte Insolvenzgefahr. 24 Prozent schlossen das Jahr 2017 mit Verlust ab.
Anleger setzen ihr Geld auf eine Karte
Unser Fazit: Pflegeapartments sind weder einfache noch risikolose Kapitalanlagen. Der Anlageerfolg hängt entscheidend vom wirtschaftlichen Erfolg des Betreibers ab. Anleger setzen somit viel Geld auf eine Karte: auf einen Standort, einen Betreiber und ein sehr spezielles, hoch reguliertes Segment des Immobilienmarktes.
Ein Verkauf der Apartments ist schwieriger als zum Beispiel der Verkauf einer gewöhnlichen Eigentumswohnung. Und es kann eine Menge schiefgehen, von der Insolvenz des Betreibers bis zu unerwartet hohen Instandhaltungs- und Modernisierungskosten. Gemessen an den Risiken sind die Renditechancen nur mäßig. Eine perfekte Kapitalanlage sieht wohl anders aus.
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Ich komme zurück auf das mehrfach beschriebene Verhältnis Eigentümer/Betreiber bei Pflegeimmobilien. Wie sonst auch versprechen ausgewogene Regelungen im Vertragswerk langfristig mehr Erfolg. So kann für den besprochenen Fall einer Betreiberinsolvenz zum Beispiel die (stille) Abtretung der i-Kosten vom Betreiber an den Vermieter bereits im Mietvertrag den Eigentümer schützen. Über eine ebenfalls zu vereinbarende Übernahme des Betriebes kann dieser nahtlos weitergeführt werden, bis ein alternativer Betreiber übernimmt. So in etwa wäre der Kommentar von Nutzer gäbelahm und die Antwort von Test.de von Januar 2020 zu kommentieren.
@erHeinze: Vielen Dank für den Hinweis, die Online-Redaktion wird sich darum kümmern. (PH)
Die Website scheint veraltet, bzw. geschlossen zu sein. Letzte Beiträge aus 2019, die Hauptseite ist gesperrt.
Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Werbung
Das „Dreiecksverhältnis“ (Betreiber, Verwalter und Eigentümer) bei vielen Pflege-apartments ist jedoch etwas zu kurz gekommen. Denn viele Verwalter halten gesetzliche Vorgaben (WEG) nicht ein z.B. „drei Alternativangebote als Entscheidungsgrundlage“ für Sanierungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahmen / Umwidmung der Instandhaltungs-rücklagen in eine Liquiditätsreserve). Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft werden durch die Verwalter nicht eingehalten. Tagesordnungspunkte zur Eigentümer-versammlung, die rechtzeitig eingereicht wurden, kommen nicht auf die Tagesordnung. Die Eigentümer sind hauptsächlich Bewohner der Seniorenwohnzentren ( Durch-schnittsalter >80 Jahre) und die sind froh wenn die Betreiber den Laden einigermaßen am Laufen halten. Und die Politik schaut tatenlos diesem Treiben zu.