
Heilsame Vielfalt. Eine Mischkultur schützt Pflanzen vor Krankheiten und fördert ihr Wachstum. © mauritius images / Garden World Images
Ob Blattläuse, Unkräuter oder Krankheiten – für jedes Problem gibt es ein Mittel auf dem Markt. Doch einige sind schädlicher als der vermeintliche Schädling.
Der Griff in den Giftschrank fällt vielen Freizeitgärtnern offenbar leicht: Mehr als 5 400 Tonnen Pestizide haben sie 2018 gekauft. Das zeigt die aktuelle Auswertung des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Aber Achtung: Einige Mittel schädigen Nützlinge und andere Lebewesen und belasten Grundwasser. Falsch angewendet gefährden sie auch Menschen – etwa wenn sich Nutzer beim Spritzen nicht schützen, behandeltes Obst zu früh essen oder Kinder auf Rasen spielen, der frisch mit Unkrautvernichter besprüht wurde.
Das BVL prüft zwar alle Mittel vor der Zulassung auf Risiken für Mensch und Umwelt, harmlos sind die teils hochwirksamen toxischen Chemikalien aber keinesfalls. Für Hobbygärtner sollten sie daher immer nur die letzte Option sein, wenn nichts anderes hilft.
Im Giftschrank weggeschlossen
Der Handel darf Pflanzenschutzmittel nicht frei zugänglich aufbewahren. Sie fallen unter das Selbstbedienungsverbot. Das heißt, Händler dürfen sie erst nach Beratung verkaufen. Eine Stichprobe in vier Berliner Baumärkten zeigt jedoch, dass die Beratung mal mehr, mal weniger ausführlich ausfällt. Einmal wurde uns ein Unkrautvernichter sogar ganz ohne Gespräch in die Hand gedrückt. Noch leichter lassen sich Pestizide in Onlineshops beschaffen.
Welche Wirkstoffe ein Mittel enthält, muss deutlich auf der Verpackung angegeben sein (Die zehn häufigsten Wirkstoffe). Oft sind es Abkürzungen für lange, kryptische Stoffnamen. Für viele gibt es umweltverträgliche Alternativen. Wir stellen mehrere vor. Noch besser ist es, wenn man vorbeugende Maßnahmen für kräftige Pflanzen und einen gesunden Boden ergreift (Interview).
Tipp: Gartenakademien können helfen. Sie sind Teil staatlicher Gartenbaueinrichtungen oder Landwirtschaftskammern und bieten diverse kostenlose Beratungsangebote, auch zur richtigen Diagnose für kränkelnde Pflanzen. Die Pflanzenschutzdienste der Bundesländer informieren ebenfalls rund ums Thema Pflanzengesundheit.
Schadinsekten und Milben
Blattläuse (in der Bildergalerie), Weiße Fliegen und Spinnmilben saugen Pflanzensaft und hinterlassen krause Blätter, helle Punkte oder Flecken. Neben diesen altbekannten Plagegeistern treiben seit einigen Jahren die Raupen des Buchsbaumzünslers ihr Unwesen. Der aus Ostasien eingeschleppte Falter hat wenige Fressfeinde. Immerhin futtern einige Singvogelarten seine Raupen.
Zugelassene Mittel: Wirksam, aber hochgiftig sind Neonicotinoide. Die Nervengifte gefährden aber auch Bienen und andere Nützlinge. Wir raten daher von der Verwendung ab. Drei Neonicotinoide sind in der EU bereits verboten. Mittel mit Acetamiprid sind dagegen in Deutschland weiterhin für Hobbygärtner zugelassen.
Besser, da recht umweltverträglich, sind Rapsölpräparate sowie Mittel mit Kali-Seife. Sie helfen gegen saugende Schädlinge wie Spinnmilben und Blattläuse und sind für den Öko-Landbau zugelassen.
Chemiefreie Alternativen: Stark befallene Pflanzenteile entfernen. Sind erst wenige Blätter betroffen, lassen sich Schädlinge mit den Fingern abstreifen oder mit Wasser abbrausen. Es hilft zudem, es Nützlingen wie Marienkäfern, Flor- und Schwebfliegen bequem zu machen, etwa mit Insektenhotels, wilden Ecken und Blühpflanzen als zusätzlicher Nahrungsquelle. Wer nicht warten will, kann Nützlinge im Fachhandel kaufen. Praktisch sind zum Beispiel Raubmilben. Sie fressen Spinnmilben.
Und für den Buchsbaumzünsler gilt: Raupen frühzeitig absammeln, den Buchs bei starkem Befall kräftig zurückschneiden. Wer den Kampf gegen den Zünsler verloren hat, kann in Zukunft auf eine robustere Alternative setzen, etwa auf die heimische immergrüne Stechpalme.
Unkräuter

© mauritius images / Zoonar GmbH / Alamy
Wuchernder Löwenzahn, Klee und Brennnessel können nerven, besonders hartnäckig ist Giersch (im Bild).
Viele Unkräuter konkurrieren mit Nutz- und Zierpflanzen um Nährstoffe, Licht und Wasser. Sie bieten aber auch Lebensraum und Nahrung für Insekten und tragen so zum Erhalt der Artenvielfalt bei. Die ökologische Landwirtschaft bevorzugt den Begriff Beikraut. Um Unkraut zu Leibe zu rücken, gehen große Mengen Unkrautvernichter, also Herbizide, über die Ladentheke: Gut 3 000 Tonnen waren es 2018.
Zugelassene Mittel: Bekannt wie umstritten ist Glyphosat, ein sogenanntes Totalherbizid, das gegen viele Pflanzenarten wirkt. Mittlerweile ist es aus vielen Baumarktregalen verschwunden. Einige Alternativen sind aber alles andere als harmlos. So setzen etliche Präparate auf Herbizide wie MCPA oder 2,4-D, die möglicherweise krebserzeugend sind und zudem giftig für Wasserorganismen. Wir raten daher, diese Mittel nicht zu benutzen.
Recht umweltverträglich ist die aus Pflanzen extrahierte Pelargonsäure. Sie lässt aber nur oberirdische Pflanzenteile absterben, muss daher oft gespritzt werden.
Für alle Herbizide gilt: Auf versiegelten Flächen wie Terrassen sind sie verboten, da sie zu leicht ins Grundwasser gelangen und es verunreinigen können. Bei Verstoß drohen Geldstrafen bis zu 50 000 Euro.
Chemiefreie Alternativen: Unerwünschte Kräuter frühzeitig mitsamt Wurzel entfernen. Wer Handarbeit scheut, kann kleinere Flächen mit einer schwarzen Folie abdecken. So dringt kein Licht an die Pflanzen, die Fotosynthese bricht ab und sie verkümmern. Damit gepflasterte Bereiche und Fugen nicht verwildern, hilft es, sie häufig zu kehren. Das beseitigt Samen. Ansonsten die Pflänzchen auskratzen oder mit dem Hochdruckreiniger beseitigen.
Pilzkrankheiten

© Getty Images
Apfelschorf (siehe Bild), Grauschimmel, Echter und Falscher Mehltau – Pilze verursachen die meisten Pflanzenkrankheiten.
Sie ernähren sich als Parasiten von den Gewächsen und schwächen sie dadurch.
Zugelassene Mittel: Echten Mehltau und Schorf bekämpfen Mittel auf Schwefelbasis. Schwefel ist ein natürlicher, recht umweltverträglicher Wirkstoff. Er schädigt allerdings Nützlinge wie Schlupfwespen. Und zu viel Schwefel lässt Böden versauern. Deshalb: gezielt und wenig anwenden. Von Mitteln mit Difenoconazol sollte man die Finger lassen. Einige Umweltschutzorganisationen schätzen den Stoff als besonders gefährlich ein. Er ist etwa sehr giftig für Wasserorganismen.
Chemiefreie Alternativen: Als Hausmittel hilft Molke gegen Echten Mehltau. Einfach auf die befallenen Blätter auftragen. Oft stehen die Pflanzen zu eng, dann können sie vereinzelt werden. Manche Pflanzen vertragen keinen zu feuchten Boden, dann sollten Gärtner den Standort wechseln. Auch zu häufiges Gießen fördert Pilzwuchs. Lieber selten, dafür kräftig wässern.
Nacktschnecken

© Adobe Stock / Erwin Wodicka
In feuchten Sommern fressen Schnecken ganze Beete kahl. Eine Plage.
Vorbeugend sollten Gärtner den Boden krümelig halten und nur morgens gießen.
Zugelassene Mittel: In Schneckenkorn steckt Metaldehyd oder Eisen(III)-phosphat. Wählen Sie Letzteres! Metaldehyd kann Hunde und Kleinkinder vergiften, wenn sie das Granulat probieren, und schädigt Igel, die die Schnecken fressen. Eisen(III)-phosphat ist dagegen ein natürliches Mineral, das keine anderen Tiere gefährdet und in Pflanzennährstoffe zerfällt.
Chemiefreie Alternativen: Die Beete mit einem scharfkantigen Zaun aus Stahlblech oder Kunststoff umgeben. Er sollte je zehn Zentimeter über und unter die Erde reichen. Zuwege der Schnecken mit Fichtennadeln oder grobem Sand bestreuen – nach Regen erneuern. Morgens und abends Schnecken absammeln und töten. Auch Bierfallen wirken, können aber einen „Freibiereffekt“ auslösen und Schnecken aus der ganzen Nachbarschaft anlocken.
Tipp: Hilfreich. Das Buch Pflanzenschutz im Gemüsebeet von unseren Gartenprofis gibts für 16,90 Euro im test.de-Shop.
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- Kaum ein Pflanzenschutzmittel ist so in der Diskussion wie das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Grund: Es könnte Krebs erregen. Wir erläutern den Stand der Dinge.
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Wer sich große Erkenntnisse aus dem Artikel erwartet wird enttäuscht.
Nur Geldschneiderei. Oberflächlich und unvollständig! Es gibt frei zugängliche und wesentlich bessere Informationen im Netz.
3%iges Wasserstoffperoxid (gibt's in der Apotheke) auf die befallenen Pflanzen gesprüht, soll gegen die genannten Schädlinge helfen. Leider habe ich noch keine Erfahrungen damit, werde es dieses Jahr aber ausprobieren. H2O2 ist auf jeden Fall unschädlich in der Anwendung da es in Sauerstoff und Wasser zerfällt. Könnte jedoch empfindliche Pflanzen schädigen.
@ortwinhahn: Auf versiegelten Flächen wie etwa Terrassen oder gepflasterten Wegen ist es laut Pflanzenschutzgesetz verboten Unkrautvernichtungsmittel einzusetzen - auch solche auf Basis von Essig. Bei Verstoß drohen Geldstrafen von bis zu 50 000 Euro. Essigessenz aus dem Haushalt ist kein zugelassenes Herbizid und fällt deshalb laut einem Gerichtsurteil des Oberlandesgerichts Oldenburg (Aktenzeichen 2 Ss OWi 70/17) nicht unter das Pflanzenschutzgesetz. Dennoch raten wir davon ab, Essigessenz gegen Unkraut einzusetzen. Vor allem auf versiegelten Flächen besteht die Gefahr, dass die hochkonzentrierte Säure das Grundwasser und Bodenorganismen belastet. (CT, Se)
ein Verbot für all diese Chemiepampe ...genau wie für sogenannte "Insektenschutz" Mittel - der reine Irrsinn in den Händen von Leihen und Ignoranten
Bei Bewuchs zwischen Fliesen und Platten: Essigessenz
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