Pfefferminz, Fenchel, Kamille & Co Nur jeder zweite Kräutertee über­zeugt

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Pfefferminz, Fenchel, Kamille & Co - Nur jeder zweite Kräutertee über­zeugt

Abwarten. 5 bis 10 Minu-ten sollen Kräuter­tees ziehen. Kochendes Wasser löst Aromen am besten. © Fotolia / constantinos

Pfefferminze, Fenchel, Kamille, Kräuter­mischung – nur gut die Hälfte über­zeugt im Schad­stoff­test. Einige Funde sind kritisch.

Pfefferminz, Fenchel, Kamille & Co Testergebnisse für 64 Kräuter­tees 04/2017

Tee trinkt man, um den Lärm der Welt zu vergessen, formulierte ein chinesischer Gelehrter. Schön, wenn der Tee auch frei ist vom Gift der Welt. Selbst­verständlich ist das nicht. Vor drei Jahren entdeckten wir in Schwarz­tees problematische Mengen Anthrachinon. Vor zwei Jahren über­zeugten im Test von 25 grünen Tees nur fünf. Größtes Problem waren Gifte, die wegen ihres komplizierten Namens oft nur PA genannt werden: Pyrrolizidinalkaloide. Sie stammen aus mitgeernteten Wild­kräutern. Nun haben wir 64 Kräuter­tees auf Schad­stoffe untersucht – und müssen schon wieder warnen.

Ins Labor gaben wir Packungen der beliebtesten Sorten: Pfefferminze, Fenchel, Kamille und nicht aromatisierte Mischungen, alle Tees mit drei Ausnahmen in Beuteln. Die Analysen zeigen Unterschiede zwischen den Typen: 14 von 15 Fenchel­tees erzielen ein sehr gutes Schad­stoff­urteil, auch die meisten Pfefferminz­tees sind gut oder sehr gut. In Kamillen­tees und Kräuter­mischungen fanden wir häufiger nennens­werte Schad­stoff­gehalte. Einer ist sogar mangelhaft. Insgesamt schafft nur etwa jeder zweite Tee die Note gut oder sehr gut.

Haupt­ursache für schlechte Noten sind, wie bei den grünen Tees, Verunreinigungen mit PA aus Wild­kräutern (Pflanzen mit starken Giften). Die Gifte können Krebs erregen. Tests zeigten, dass sie voll­ständig ins Getränk übergehen können. Das Bundes­institut für Risiko­bewertung (BfR) bezeichnet PA als „uner­wünscht“ in Lebens­mitteln. Unsere Bewertung orientiert sich an Gehalten, die das BfR für wenig bedenk­lich hält. Befriedigend gab es, wenn ein Erwachsener Tee aus vier bis acht Beuteln am Tag trinken kann, ohne die Werte zu über­schreiten.

test warnt vor Kusmi Tea Kamille

Nicht mehr akzeptabel finden wir Tees, die bereits mit zwei Beuteln den Wert über­schreiten, der als wenig bedenk­lich gilt. Ab dann konnte ein Tee nur noch mangelhaft sein. Kusmi Tea Kamille über­schritt diese Grenze schon mit einem Beutel um das 380-Fache. Oben­drein fanden wir Rück­stände eines Herbizids – zwölffach höher als zulässig. Selbst bei diesen Gehalten ist es unwahr­scheinlich, dass sich Erwachsene oder Kinder akut vergiften. Diesen Tee regel­mäßig zu trinken, steigert allerdings das Risiko für Tumore und Leberschäden.

Europa­weiter Rück­ruf

Als wir die extrem hohen PA-Gehalte im Kusmi Tea Kamille Anfang des Jahres entdeckten, informierten wir umge­hend den deutschen Vertreiber, die Firma Orientis in Kehl, und die zuständige Lebens­mittel­über­wachung in Baden-Württem­berg. Zudem warnten wir auf test.de vor dem Genuss dieser Charge.

Darauf­hin rief Orientis alle Kusmi Tea Kamille vom europäischen Markt. Die Firma schrieb uns, nur 73 Packungen der belasteten Charge seien nach Deutsch­land gelangt. Die Lebens­mittel­über­wachung teilte mit, sie habe mithilfe einer Kunden­liste weitere Behörden in Deutsch­land, Österreich und Frank­reich informiert.

Was die Teebranche unternimmt

Seit 2013 appelliert das BfR an die Anbieter, gegen PA in Tee vorzugehen. Maximilian Wittig, Referent der Wirt­schafts­ver­einigung Kräuter- und Früchtetee, sagt: „Unsere Mitglieder haben die Gehalte durch umfang­reiche Maßnahmen stetig reduzieren können.“ Das sei heraus­fordernd: Etwa fünf kritische Wild­pflanzen reichten, dass PA in der Ernte eines Hektars nach­weisbar seien.

Wir haben die Anbieter der getesteten Tees gefragt, was sie konkret tun. Die Ostfriesische Teegesell­schaft etwa teilte für ihre Marke Meßmer mit, sie kaufe nun in Regionen ein, in denen weniger der gefähr­lichen Kräuter wachsen. Die Firma Hipp informierte uns, sie schule Feld­arbeiter. Netto Marken-Discount schrieb, er fordere von Zulieferern, dass sie Felder regel­mäßig auf verdächtige Kräuter absuchen.

Bio- und Arznei­tees reihen sich ein

Arznei- und Biotees entstehen unter aufwendigeren Bedingungen – im Test fielen sie aber weder positiv noch negativ besonders auf. Anbieter von Arznei­tees müssen umfang­reiche Rein­heits­prüfungen durch­führen. Kräuter für Biotees dürfen nicht mit synthetischen Pflanzen­schutz­mitteln gespritzt werden. Vor Wild­kräutern schützt Ökoland­bau nicht: Pukka Drei Kamille Bio enthält so viel PA, dass er nur eben noch ausreichend ist.

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Trisha89 am 02.11.2018 um 15:07 Uhr

Kommentar vom Autor gelöscht.

Profilbild Stiftung_Warentest am 01.03.2018 um 11:13 Uhr
welche Chargen noch im Handel

@Ex-Kd: Bei Lebensmitteltests handelt es sich immer um eine Momentaufnahme. Ob noch getestete Chargen im Handel erhältlich sind, ist uns nicht bekannt. Der Test gibt aber einen guten Überblick welche Teesorten wenig bis nicht belastet sind. So sind Fencheltees frei von Pestiziden und PA aus Wildkräutern. Das gilt auch für die meisten Pfefferminztees. Während Kamille z.B. bei der Ernte leicht mit Wildkräutern verwechselt werden kann und die Tees daher vermehrt PA enthalten können. (bp)

Ex-Kd am 27.02.2018 um 10:37 Uhr
gute und sehr gute Tees im Test

@Stiftung_Warentest
Da Sie empfehlen Ihren Test als Entscheidungsgrundlage zu nehmen, was denken Sie, welche der getesteten Chargen noch zu bekommen sind?

Profilbild Stiftung_Warentest am 16.02.2018 um 13:03 Uhr
gute und sehr gute Tees im Test

@Axel4Home: Welche Teesorten wir empfehlen, können Sie in diesem Test nachlesen. Nach dem Freischalten des Tests, können Sie die interaktive Tabelle gut dafür nutzen, um diejenigen Tees anzeigen zu lassen, die hinsichtlich der Schadstoffbelastung mit sehr gut und gut bewertet wurden. (PF)

Alex4Home am 16.02.2018 um 10:51 Uhr
Welche Teesorte, kann man sorglos trinken?

Den aktuellen Meldungen zufolge scheinen mir die Hersteller die Schadstoffe nicht im Griff zu haben. Gibt es noch Teesorten, die z.B. bedingt durch die Herkunft oder die Anbauweise, unbedenklich sind?