
Mit Pflanzenkraft zur Ruhe kommen. Wir prüften für 25 Beruhigungsmittel, inwiefern dafür Belege vorliegen. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser
Gelassenheit auf natürliche Art – das verheißen rezeptfreie Beruhigungsmittel gegen Nervosität und Unruhe. Für viele Mittel aber fehlen Belege: Sie sind wenig geeignet.
Von Hopfen bis Lavendel – viele Mittel sind wenig geeignet
Rasendes Herz, nicht endendes Gedankenkarussell, Einschlafprobleme – das sind typische Anzeichen, wenn Nervosität und Unruhe den Alltag bestimmen. Wer dauerhaft Belastungen erlebt und kein inneres Gleichgewicht mehr herstellen kann, entwickelt Beschwerden. Betroffene empfinden innere Unruhe, fühlen sich gehetzt und gereizt, ihre Gedanken sind von Ängsten durchzogen.
Was kann Ruhe bringen? Baldriantropfen, Hopfentee, Lavendelöl? Die Anbieter solcher pflanzlichen Mittel jedenfalls machen das Glauben. Unsere Bewertung von 25 rezeptfreien Beruhigungsmitteln zeigt, was wirklich Abhilfe bringen kann und wofür es lohnt Geld auszugeben.
Warum sich der Beruhigungsmittel-Test für Sie lohnt
Testergebnisse
Die Stiftung Warentest hat 25 rezeptfreie Mittel bewertet – darunter Tabletten, Kapseln, Tinkturen und Tees von Abtei, Bad Heilbrunner, Klosterfrau und Lasea. Pro Packung kosten sie rund 3 bis 24 Euro. Nur bei wenigen der bewerteten Beruhigungsmittel kommen unsere Arzneimittelexperten zu einem positiven Fazit.
Das beste Beruhigungsmittel für Sie
Für die Bewertung sichteten wir Studien zu Wirksamkeit und Risiken der verwendeten Wirkstoffe. Nur für einen der pflanzlichen Wirkstoffe finden sich Studien, die eine Wirksamkeit bei Nervosität und Unruhe nahelegen. Das günstigste Mittel damit gibt es ab 5,50 Euro.
Was der Artikel noch bietet
Wir geben Betroffenen Tipps, wie sie im Alltag lernen, gelassener zu bleiben – von Meditation bis Stress-Tagebuch. Ein Experte für Stress erläutert, ab wann Nervosität behandelt werden sollte und welche Möglichkeiten es gibt.
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Von Hopfen bis Lavendel – viele Mittel sind wenig geeignet
Von rezeptfreien Beruhigungstropfen bis -tabletten
Die natürlichen Wirkstoffe können in unterschiedlichsten Formen eingenommen werden: von Tabletten mit Baldrianwurzel-Trockenextrakt über Tropfen mit Baldrian-Tinktur und Melissenblätter-Fluidextrakt bis zu Weichkapseln mit Lavendelöl. Bei Baldrian kommt es darauf an, wie und aus welchem Pflanzenbestandteil der Wirkstoff gewonnen wird – die Studienlage fällt unterschiedlich aus.
Ein anderer Verkaufsschlager ist Lasea mit Lavendelöl. Mit rund einem Euro pro Kapsel ist das Mittel besonders teuer, verkaufte sich 2021 dennoch mehr als 1,4 Millionen Mal. Lavendelöl soll Unruhe dämpfen, die bei ängstlicher Verstimmung auftritt.
Oft fehlt es an ausreichenden wissenschaftlichen Belegen
Hauptfrage unserer Untersuchung: Können pflanzliche Beruhigungsmittel nachweislich für Gelassenheit sorgen? Dafür werteten wir klinische Studien aus. Tendenz: Eher nein, von den meisten Mitteln ist keine sichere Wirksamkeit gegen Unruhe und Nervosität zu erwarten. Diese bewerten wir daher als wenig geeignet, darunter viel verkaufte Präparate.
Tipp: Bei Schlafstörungen werden teils dieselben pflanzlichen Wirkstoffe wie zur Beruhigung eingesetzt. Auch für dieses Anwendungsgebiet haben unsere Experten eine Einschätzung vorgenommen. Ebenso haben wir CBD-Präparate mit Inhaltsstoffen aus der Hanfpflanze bewertet, von denen ebenfalls viele versprechen zu beruhigen.
„Wenn die Unruhe die Lebensqualität massiv beeinträchtigt oder zu länger als vier Wochen anhaltenden Schlafstörungen führt, sollten Betroffene sich einem Arzt vorstellen.“
Professor Andreas Hillert, Chefarzt für Psychosomatik und Psychotherapie an der Schön Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee
Nervosität kann körperliche Ursachen haben
Ein Arztbesuch kann mögliche körperliche Ursachen von Nervosität abklären – etwa eine Schilddrüsenerkrankung oder beginnenden Diabetes. Unruhe kann zum Beispiel auch bei Angsterkrankungen, Depressionen oder Alkoholentzug auftreten.
Tipp: Zur Vorbeugung helfen laut Mediziner Andreas Hillert regelmäßig praktizierte Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder autogenes Training. Weitere Tipps finden Sie in seinem Buch Stress positiv nutzen. Auch Apps zum Meditieren und die Stärkung der Resilienz können ein erster Weg sein.
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