
Was sind meine Stärken und Schwächen? Welcher Beruf passt zu mir? Antwort auf diese Fragen verspricht das Fernlehrinstitut ILS mit einem kostenlosen Persönlichkeitstest im Internet. Die Weiterbildungsexperten der Stiftung Warentest haben das Angebot geprüft. Der Schnelltest verrät, ob der ILS-Persönlichkeits-Check Nutzern dabei hilft, eigene Entwicklungspotenziale zu erkennen, und eine gute Basis für berufliche Entscheidungen bildet.
Was der Persönlichkeitstest verspricht
„Persönliche Stärken in fünf Minuten erkennen“ lockt das Institut für Lernsysteme (ILS) auf www.ich-test.de und lädt zum kostenlosen Persönlichkeitstest. Der Anbieter von rund 200 Fernlehrgängen – laut eigener Aussage „Deutschlands größte Fernschule“ – verspricht viel: Wer den Test macht, erfahre in wenigen Minuten etwas über seinen Persönlichkeitstyp, seine Stärken und Entwicklungspotenziale, und erhalte Aufschluss darüber, welcher Beruf zu ihm passe. Das sei wissenschaftlich fundiert und basiere auf Erkenntnissen aus der Hirnforschung, heißt es in der Pressemitteilung von ILS.
Wie der Persönlichkeitstest abläuft
Nachdem der Nutzer Alter und Geschlecht eingetippt und der Datenschutzerklärung zugestimmt hat, geht es los. Der Test besteht aus drei Blöcken mit insgesamt rund 40 Aufgaben, in denen es laut ILS um „visuelle Wahrnehmungsmuster“ geht. Im ersten Aufgabenblock ist der Nutzer aufgefordert, aus zwei Figuren diejenige auszuwählen, die ihm mehr zusagt. Im zweiten Block soll er Abbildungen deuten. Zum Beispiel: Sieht er bei einem aus mehreren Linien bestehenden Quadrat eher die Linien oder eher das Quadrat? In Block Nummer 3 gilt es, den visuellen Effekt einer Abbildung mithilfe eines Plus-Minus-Reglers zu verändern, beispielsweise zwei Figuren einander farblich anzugleichen. Schließlich ist noch der Bildungsabschluss anzugeben, dann erhält der Nutzer ein PDF-Dokument mit dem Testergebnis. Das alles dauert nicht länger als ein paar Minuten.
Was am Ende rauskommt
Der Ergebnisbericht ordnet den Nutzer einem von insgesamt 16 Typenprofilen zu, darunter zum Beispiel der „effiziente Organisator“, der „intellektuelle Problemlöser“ oder der „innovative Stratege“. Der Bericht informiert über Stärken und Schwächen des jeweiligen Typs und über die persönlichen Eigenschaften, die das Typenprofil ausmachen. Außerdem erfährt der Nutzer, welche Rollen und Berufe zu diesem Personentyp passen, und wie jemand mit diesem Profil sich weiterentwickeln kann. Wer auf sein Typenprofil klickt, erhält eine Liste mit Fernlehrgängen, die zu ihm passen sollen.
Wissenschaftlich nicht überzeugend
Zwei unabhängige Gutachter haben den ILS-Test für die Stiftung Warentest geprüft. Nicht empfehlenswert, lautet ihr Urteil. Denn was ILS mit dem Test an Erkenntnissen verspricht, ist völlig überzogen. Um seriöse Aussagen über Stärken und Entwicklungspotentiale treffen zu können, sind sehr viel umfangreichere Testverfahren notwendig, die zum Beispiel auch Interessen abfragen oder Leistungspotenziale messen. Außerdem: Einem seriösen Persönlichkeitstest müssen geprüfte wissenschaftliche Modelle zugrunde liegen, die der Testentwickler im besten Fall in einem Handbuch, auch Manual genannt, dokumentiert. Nur dann ist gewährleistet, dass die Aussagen, die der Test über den Nutzer macht, zutreffen. Der Entwickler des ILS-Tests hat auf unsere Anfrage zwar entsprechende Dokumente geliefert. Diese haben unsere Experten aber nicht davon überzeugt, dass das Testkonzept wissenschaftlich tragfähig ist. Was zum Beispiel fehlte, waren Belege, wie der Test von den Aufgaben, die der Nutzer absolviert, auf die Persönlichkeitsdimensionen, Typenprofile und Empfehlungen für Weiterbildungen schließt.
Überflüssige Datenabfrage
Bleibt noch zu klären, was ILS mit den Daten der Testnutzer macht. Kritische Datensendungen konnte die Stiftung Warentest nicht feststellen. Auch in puncto Datenschutz gab es nichts zu beanstanden. Allerdings müssen Nutzer persönliche Daten wie Alter und Geschlecht preisgeben, was eigentlich nicht nötig wäre. Denn auf das Testergebnis haben diese Angaben keinen Einfluss: Ob 20-jähriger Mann ohne Schulabschluss oder 48-jährige Akademikerin – bei gleichen Antworten im Test werden beide demselben Typenprofil zugeordnet und erhalten identische Vorschläge für Fernlehrgänge.
Wenig verbraucherfreundlich
Was bei der Prüfung ebenfalls auffiel: die Informationspolitik von ILS ist nicht gerade verbraucherfreundlich. Denn: Wer aus seiner Vorschlagsliste einen Fernkurs auswählt, erhält zwar weitere Informationen, aber keine Angaben zum Preis. Dafür werden die Nutzer aufgefordert, erst Namen und Adresse in ein Onlineformular einzugeben. Das ist zwar laut Preisangabenverordnung zulässig, aber für den Verbraucher umständlich.
Tipp: Wenn Sie Ihre persönlichen Daten nicht preisgeben wollen, geben Sie einfach einen Fantasienamen samt Adresse ein. Beim Klick auf Login öffnet sich dann eine neue Seite – mit dem Preis.
Fazit: Ein guter Coach bringt mehr
Der Persönlichkeitstest von ILS ist mit Vorsicht zu genießen. Zuverlässige Erkenntnisse über die eigene Persönlichkeit ermöglicht er nicht. Er sollte keine Basis für eine Bildungs- oder Berufsentscheidung sein. Wer solide Unterstützung bei der Karriereplanung benötigt, sucht am besten einen Coach oder eine unabhängige Bildungsberatungsstelle auf. Lesen Sie dazu auch unser Special Den richtigen Coach finden: Nicht nur die Chemie muss stimmen. Einen Überblick über Bildungsberatungsstellen in Deutschland bietet unser Infodokument Kurse finden.
Tipp: Es gibt auch gute Persönlichkeitstests im Internet, so das Ergebnis eines Tests der Stiftung Warentest. Aber aufgepasst: Auch gute Tests liefern nur Denkanstöße. Wer tiefer gehen möchte, kommt um eine Beratung nicht herum.
Die Arbeit der Weiterbildungsexperten der Stiftung Warentest wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.
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Hätte gern einen Schnelltest für Rentner
@Justizia
Das haben Sie leider falsch verstanden. Unser Schnelltest wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert, nicht der Persönlichkeitstest von ILS, den wir untersucht haben! Wir haben das Missverständnis aber zum Anlass genommen, den Förderhinweis umzuformulieren - und hoffen, dieser ist nun verständlicher.
(aci)
Wenn der Test offenbar wenig bringt, warum dann Fördergelder ??? Viele orientieren sich auch daran, dass ein solcher Test öffentlich gefördert wurde und leiten daraus ein "Qualitätskriterium" ab (!) -was demnach nun NICHT immer gilt!
Kommentar vom Autor gelöscht.