
Zahlreiche Kunden des Bezahldienstleisters Paypal hatten am 7. Juni eine Gewinnmitteilung bekommen. Doch die Freude währte kurz. Noch am selben Tag schickte Paypal die Information, dass alles nur ein Versehen gewesen sei. Anschließend mussten sich die Juristen den Kopf zerbrechen, ob Paypal damit aus dem Schneider ist – oder ob die Angeschriebenen nicht trotzdem Anspruch auf die versprochenen 500 Euro haben könnten. Eine klare Linie gibt es nicht – auch wenn einzelne Amtsgerichte über den Fall zu entscheiden hatten.*
Zahl der vermeintlichen Gewinner bleibt geheim
So teilt paypal den Kunden die Gewinnbotschaft mit.
Der Bezahldienstleister Paypal hatte im Sommer 2013 Gewinnmitteilungen an seine Kunden verschickt test.de hat berichtet. Auf Nachfrage von test.de hatte Paypal die Zahl der Angeschrieben nicht genannt und lediglich darauf hingewiesen, dass „einige PayPal Kunden“ die Gewinnbenachrichtigung erhalten hätten. Paypal erklärte, „dass die entsprechende E-Mail an mehr Personen als beabsichtigt versendet wurde“.Tatsächlich war Resonanz von Betroffenen in Internetforen und auf der Facebook-Seite der Stiftung Warentest gewaltig. Offenbar hatten viele Menschen die Gewinnzusage erhalten.
Paypal erklärte Gewinnzusage für „ungültig“
Paypal hatte noch am Tag der Gewinnmitteilungen erneut E-Mails verschickt und darüber informiert, dass es sich um „ungültige Mitteilungen“ gehandelt habe und ergänzt: „Zur Klarstellung: Diese Mitteilung stellt eine Anfechtung der Email vom 7.6.2013 in Bezug auf das Gewinnspiel nach §§ 119, 120 BGB dar“. Der Paragraf 119 des Bürgerlichen Gesetzbuches regelt: Wer bei Abgabe einer Erklärung „über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte“, kann sie anfechten. Paragraf 120 BGB sieht ebenfalls ein Anfechtungsrecht vor und zwar für den Fall, dass „eine Willenserklärung (...) durch die zur Übermittlung verwendete Person oder Einrichtung unrichtig übermittelt worden ist“. Welche der beiden Anfechtungsgründe konkret vorliegt, hat Paypal nicht benannt. Fest steht: Wird eine anfechtbare Erklärung tatsächlich angefochten, dann ist sie von Anfang an unwirksam.
Spannende Frage für Juristen
Ob Paypal seine Gewinnmitteilungen überhaupt anfechten kann, ist rechtlich unklar. Von test.de befragte Anwälte halten diese Frage für spannend und für noch nicht endgültig geklärt. Denn der Gesetzgeber hat im Bürgerlichen Gesetzbuch klare Regeln zu Gewinnmitteilungen aufgestellt. So heißt es in Paragraf 661a BGB, dass „ein Unternehmer, der Gewinnzusagen (...) an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, (...) dem Verbraucher diesen Preis zu leisten“ hat. Die spannende Frage lautet also: Schließt diese Vorschrift eine Anfechtung aus?
Auch Richter sind unterschiedlicher Ansicht
Tatsächlich sind sich auch Amtsrichter in dieser Frage uneins. Einige Empfänger der Gewinnmitteilung sind vor Gericht gezogen, etwa vor das Amtsgericht Jena. Das kam zur Überzeugung: Paypal könne seine Zusage nicht wirksam widerrufen und gab dem Empfänger Recht, der 500 Euro gefordert hatte (Az. 26 C 871/13). Das Amtsgericht Königswinter dagegen sah die Rechtslage anders und ließ den dortigen Kläger abblitzen. Paypal hätte ein irrtümlich abgegebenes Gewinnversprechen zurückziehen dürfen – und habe das auch wirksam getan (12 C 65/13).
Die Unsicherheit bleibt
So bleibt die Rechtsfrage letztlich offen. Jedes Amtsgericht kann nach eigener Überzeugung entscheiden. Und sollte der Paypal-Fall nicht irgendwann auch von Obergerichten aufgegriffen und entschieden werden, dürfte das auch so bleiben. Dass es in der Frage der Verbindlichkeit eines solchen Gewinnversprechens so schnell keine Klärung geben dürfte, zeigt auch das oben angesprochene Urteil des Amtsgerichts Jena. Darin heißt es, dass es „diverse amtsgerichtliche, widersprechende Entscheidungen“ gäbe.
* Diese Meldung ist am 10. Juni 2013 auf test.de erschienen und ist am 29. Februar 2016 aktualisiert worden.