
Die großen Anbieter unterscheiden sich besonders beim Engagement für Nachhaltigkeit. Und bei den Preisen.
Pauschalreisen mögen bei manchen Menschen ein Spießerimage haben. Aber sie sind beliebt. Der Anteil organisierter Reisen am deutschen Touristikmarkt ist in den vergangenen 20 Jahren von 41 auf 49 Prozent gewachsen, ergaben Berechnungen der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reise (FUR). Wer eine Pauschalreise bucht, erwartet einen sicheren und entspannten Urlaub. Gibt es dennoch Probleme, kann sich der Kunde einfach an den Veranstalter wenden. Der ist für das meiste oder sogar alles verantwortlich: Anfahrt, Unterkunft, Transfer und Verpflegung, vielleicht auch für Ausflüge.
Die Veranstalter versprechen Service, Sicherheit und niedrige Preise. Besonders ein Alltours-Slogan hat sich in vielen Köpfen als Traum aller Pauschalreisenden festgesetzt: „Alles – aber günstig“. Wir haben uns angeschaut, wie gut Urlauber bei den größten Anbietern aufgehoben sind: die Zufriedenheit der Kunden, das Kleingedruckte, das Engagement für Umwelt und Soziales sowie die Preise. Eines vorweg: Alltours ist so einiges, aber nicht der Günstigste.
Schauinsland gewinnt Preisvergleich
Einen klaren Sieger in allen Disziplinen fanden wir nicht. Über alle Prüfungen hinweg gut geschlagen hat sich Neckermann. Noch niedrigere Preise bieten FTI Touristik und besonders Schauinsland-Reisen. Für Nachhaltigkeit setzen sich Tui und Neckermann etwa gleich stark ein.
Für viele ist der Preis das wichtigste Kriterium bei der Buchung. Um herauszufinden, wie teuer die Anbieter ihre Urlaubspakete schnüren, haben wir 30 Reisewünsche definiert. Anschließend haben wir je Veranstalter erfasst, welches die fünf billigsten Angebote sind, die unsere Anforderungen erfüllen. Damit können wir zwar keine Aussage über das gesamte Preisspektrum der Unternehmen machen, die Einstiegspreise zeigen aber, in welchem Preisniveau sich ihre Angebote bewegen.
Unser Rat
Wer günstig verreisen will, wird bei Schauinsland, FTI und Neckermann am ehesten fündig. Neckermann hat zudem nur sehr geringe Mängel im Kleingedruckten und engagiert sich vergleichsweise viel für Nachhaltigkeit. In beiden Punkten ist Tui ebenbürtig – allerdings zu deutlich höheren Preisen.
Dertour mit Abstand am teuersten
Die im Durchschnitt günstigsten Pauschalangebote fanden wir bei Schauinsland-Reisen. Etwas höher ist das Preisniveau von FTI, der auf seiner Website behauptet, der günstigste zu sein. Auf Platz drei landet die Thomas-Cook-Marke Neckermann. Ihr Preisniveau liegt um gut fünf Prozent über dem von Schauinsland.
Bei Alltours, den viele wohl auch wegen seiner Werbekampagne für günstig halten (Umfrageergebnis), liegen die Preise im Durchschnitt – und damit fast elf Prozent über dem Preisniveau von Schauinsland-Reisen. Zweitteuerster im Vergleich ist Marktführer Tui. Mit Abstand teuerster der sechs ist Dertour; im Schnitt kosteten seine Pauschalreisen ein Drittel mehr als die von Schauinsland.
Gleiches Hotel, 542 Euro Unterschied
Wir haben versucht, vergleichbare Reisen auszuwählen. Hundertprozentig gelingt das selten, weil die Veranstalter nicht immer dasselbe Hotel, dieselbe Airline und dieselben Flugzeiten anbieten. Weitgehend ähnlich sind die Reisen der Stichprobe dennoch. Ein Beispiel: Zehn Tage nach Punta Cana in der Dominikanischen Republik für zwei Erwachsene, Abflug im September 2017, Vier-Sterne-Hotel, all-inclusive – das fanden wir bei Dertour für 2 888 Euro. Schauinsland verlangte 2 346 Euro. Das macht 542 Euro Unterschied für das identische Hotel „Be Live Collection Punta Cana“ und identische Leistungen, aber bei unterschiedlicher Anreise: Der teurere Veranstalter Dertour flog seine Kunden mit Condor direkt ans Ziel, Schauinsland mit Air France über einen Zwischenstopp.
Nachholbedarf bei Nachhaltigkeit
Touristikunternehmen seien wie kaum eine andere Branche auf die Natur- und Kulturschätze der Urlaubsländer angewiesen, schreibt Thomas Cook, zu dem Neckermann Reisen gehört, auf der Website. „Daher wird Nachhaltigkeit groß geschrieben.“ Tatsächlich fanden wir bei Neckermann Hinweise auf ein nennenswertes Engagement für Umweltschutz und Soziales, ebenso bei Tui. Bei Dertour erkennen wir wenigstens Ansätze zur Nachhaltigkeit. Die anderen Veranstalter bieten dazu wenig bis nichts Erkennbares. Alltours und FTI haben unseren Fragebogen zum Thema nicht ausgefüllt. Auf der Website von Alltours findet das Thema Nachhaltigkeit nicht statt. Schauinsland-Reisen beschrieb uns zwar geringe Ansätze in der Unternehmenspolitik, hält es aber offenbar nicht für nötig, seine Kunden auf der Website darüber zu informieren.
Anzahlungen per Klausel
In den Geschäftsbedingungen der Veranstalter fanden wir nur wenige unzulässige Klauseln – mit einer Ausnahme: Bei FTI gibt es deutliche Mängel und verbraucherunfreundliche Regelungen. Zum Beispiel, dass sich der Veranstalter vorbehält, Reisen, bei denen die Mindestteilnehmerzahl nicht erreicht wird, zwei Wochen vor Reisebeginn abzusagen.*
Viele Anbieter nutzen erlaubte, aber verbraucherunfreundliche Klauseln. Etwa bei Anzahlungen: Nur wenn dazu etwas in den Geschäftsbedingungen steht, darf der Veranstalter eine Anzahlung verlangen. Als angemessen galten lange Zeit 20 Prozent des Reisepreises. Inzwischen hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Grenze in mehreren Entscheidungen durch Ausnahmen aufgeweicht. Kann ein Veranstalter etwa nachweisen, dass er die Fluglinie vorab bezahlt, kann er bis zu 40 Prozent Anzahlung verlangen. Das Gegenteil zu belegen, dürfte für Verbraucher schwierig sein. Tui verlangt gemäß seinen Geschäftsbedingungen „in der Regel“ eine Anzahlung in Höhe von 25 Prozent.
Ein häufiger Streitpunkt sind Stornokosten. Muss ein Kunde die Reise absagen, verlangen Veranstalter je nach Abstand zwischen Rücktritt und Reisebeginn gestaffelte Stornopauschalen. Wie hoch sie sein dürfen, ist nicht gesetzlich geregelt. Juristische Kommentare leiten aus Gerichtsurteilen Empfehlungen ab (Rechte und Pflichten bei Pauschalreisen). Die Stornokosten der Veranstalter liegen meist darüber (Tabelle Pauschalreiseveranstalter). Bei kurzfristigen Absagen betragen sie bis zu 90 Prozent. Das finden wir verbraucherunfreundlich. Schlichtungsverfahren sind heute in vielen Branchen üblich, bei Pauschalreisen nicht. Alle geprüften Anbieter erklären, dass sie sich nicht an einer Schlichtung beteiligen. Alltours und Schauinsland verschweigen das vorschriftswidrig in den Geschäftsbedingungen.
Die meisten sind zufrieden
All diesen Ärgernissen entgegen steht die Zufriedenheit der Kunden mit den Reiseveranstaltern. Im September hat ein Marktforschungsinstitut für uns eine Umfrage durchgeführt. Je Anbieter bezog es zirka 400 Kunden ein, die in den vergangenen zwölf Monaten eine Pauschalreise gebucht hatten. Mehr als 90 Prozent sagten, sie würden ihren Veranstalter weiterempfehlen. Etwa jeder Zehnte klagt über Probleme bei der Reise. Zwischen den sechs Marken gibt es nur geringe Unterschiede, die statistisch im Bereich der Zufallsschwankungen liegen können.
Aussagekräftig sind zum Beispiel die Antworten zum Image der Firmen (Umfrageergebnis). Die Ja-Stimmen zu der Aussage „Hat einen guten Ruf“ reichen von 70 (FTI) bis 94 Prozent (Tui). „Sehr gute Qualität“ bieten aus Sicht der Befragten vor allem Neckermann und Tui. Dass Werbung offenbar wirkt, zeigt die Frage nach günstigen Preisen: Alltours liegt hier vorn. Wir empfehlen, zu vergleichen.
Die besten Buchungsportale. Beim Test von Internetportalen für Pauschalreisen, test 1/2017, siegten – trotz mäßiger Beratung – Schauinsland-Reisen und Tui knapp vor Holidaycheck.
* Passage korrigiert am 10. Januar 2018