Patienten­verfügung Streit über Formulierung „keine lebens­verlängernden Maßnahmen“

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Patienten­verfügung - Streit über Formulierung „keine lebens­verlängernden Maßnahmen“

© Alamy Stock Photo / Panther Media GmbH

In vielen Patienten­verfügungen findet sich der Satz „Ich wünsche keine lebens­verlängernden Maßnahmen“. Diese Formulierung ist für Ärzte und Angehörige oft zu unbe­stimmt. Eine konkrete Behand­lungs­anweisung enthält der Wunsch nicht. Der Bundes­gerichts­hof entschied nun, dass die Aussage doch Gültig­keit haben kann. Dann nämlich, wenn die Patienten­verfügung ergänzende Formulierungen enthält, die genau auf die aktuelle Lebens- und Behand­lungs­situation zutreffen (BGH, Aktenzeichen XII ZB 107/18*).

Ehemann und Sohn streiten vor Gericht

Eine 78-jährige Frau befindet sich nach einem Schlag­anfall seit zehn Jahren in einem wachkomatösen Zustand und wird über die Magensonde künst­lich ernährt und mit Flüssig­keit versorgt. Lange zuvor hatte die Betroffene eine Patienten­verfügung unter­schrieben und formuliert, dass unter anderem dann, wenn keine Aussicht auf Wieder­erlangung des Bewusst­seins besteht oder aufgrund von Krankheit ein schwerer Dauer­schaden des Gehirns zurück­bleibe „lebens­verlängernde Maßnahmen unterbleiben“ sollen. Gegen­über eine Therapeutin sagte sie kurz nach ihrem Schlag­anfall „Ich möchte sterben.“ Während der Sohn sich im Jahre 2014 für eine Einstellung der künst­lichen Ernährung aussprach, war der Ehemann für eine Fortführung. Es kommt zum Rechts­streit. Zwei Gerichte entscheiden, dass die künst­liche Ernährung fortgesetzt wird (Amts­gericht Freising, Aktenzeichen XVII 157/12 und Land­gericht Lands­hut, Aktenzeichen 64 T 1826/15).

Sterbe­wunsch der Patientin bindend

In der nächsten Instanz entschied der Bundes­gerichts­hof, dass die Frau in Ruhe sterben darf. Zwar ist die Erklärung „lebens­verlängernde Maßnahmen lehne ich ab“ nicht ausreichend. Die Patientin hatte jedoch in der Patienten­verfügung ihre Lebens- und Behand­lungs­situation konkret beschrieben und genau für diese Situation eine Patienten­verfügung erstellt. Nur einge­schränkt berück­sichtigte das Gericht, dass die Patientin in ihren gesunden Tagen angesichts zweier Wachkoma-Patienten im Bekann­tenkreis mehr­fach gesagt hatte, dass sie in solch einer Situation nicht künst­lich ernährt werden wolle.

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*Korrigiert am 17.12.2018

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 17.12.2018 um 09:22 Uhr
    Aktenzeichen

    @MM: Vielen Dank für Ihren Hinweis. Das Aktenzeichen ist jetzt korrekt (BGH, Az. XII ZB 107/18). (dda)

  • MM am 15.12.2018 um 15:06 Uhr
    Aktenzeichen

    Hallo zusammen,
    leider hat sich im Artikel ein Fehler beim Aktenzeichen eingeschlichen. Das richtige BGH-Aktenzeichen lautet XII ZB 107/18.
    Siehe http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=cae77ba010fac512b39f91add3193d79&nr=90401&pos=0&anz=4 bzw. http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=cae77ba010fac512b39f91add3193d79&anz=4&pos=0&nr=90386&linked=pm&Blank=1.
    Grüße,
    Michael

  • MM am 15.12.2018 um 15:05 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.