
Ob Behandlungsfehler oder Igel-Leistungen, die Kassenpatienten selbst zahlen – Ärzte müssen Patienten besser aufklären, fordert der neue Patientenbeauftragte der Bundesregierung Ralf Brauksiepe.
Ärzte sollen Patienten besser aufklären
Als Patientenbeauftragter vertreten Sie die Interessen der Patienten im politischen Raum und in der Öffentlichkeit. Wo ist am meisten zu tun?
Ein Thema ist sicherlich mehr Gerechtigkeit im Umgang mit Behandlungsfehlern. Hierfür hat sich meine Vorgängerin schon öffentlich eingesetzt. Nach einem Behandlungsfehler Ansprüche auf Schadenersatz und Schmerzensgeld durchzusetzen, ist auch fünf Jahre nach Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes schwierig.
Welche Lösungsansätze sehen Sie?
Die Regelungen zur Beweislast und zum Beweismaß müssen auf den Prüfstand. Wir müssen klären, warum es für den Nachweis eines Ursachenzusammenhangs zwischen Fehler und Schaden nicht ausreicht, dass dieser überwiegend wahrscheinlich ist. Damit es gar nicht erst zu Behandlungsfehlern kommt, sollte die für Ärzte und Zahnärzte verpflichtende Aufklärung gegenüber den Patientinnen und Patienten verbessert werden. Viele gesundheitlich geschädigte Patienten haben das Gegenteil berichtet: Es sei vor der Behandlung keine oder keine umfassende Aufklärung erfolgt.
Die ausreichende medizinische Versorgung psychisch Erkrankter ist wegen langer Wartezeiten für eine Psychotherapie oft nicht gewährleistet. Wird sich etwas ändern?
Die Verbesserung der Versorgung ist im Koalitionsvertrag verankert. Diese Vorgabe gilt es jetzt umzusetzen.
Beispiel Igel-Leistungen
Welche weiteren Themen sind für Sie wichtig?
Das Gesundheitswesen ist sehr komplex und für viele Patienten mittlerweile nicht mehr überschaubar. Patienten brauchen eine bessere Aufklärung über die Kosten, den Nutzen und die Risiken von Privatleistungen, den individuellen Gesundheitsleistungen, Igel genannt.
Igel-Leistungen verkaufen Ärzte oft gesetzlich Krankenversicherten. Was kann verbessert werden?
Das Vertrauen der Patienten geht immer dann verloren, wenn die Vorgaben in der Praxis missachtet werden. Nach dem Patientenrechtegesetz müssen Ärzte über die individuellen Privatleistung umfassend aufklären. Beispiel: Ein Patient wird beim Augenarzt automatisch zu einer Augeninnendruckmessung angehalten, obwohl die Notwendigkeit nicht geklärt ist. Damit Patienten richtige Entscheidungen treffen können, wäre eine Pflicht für Ärzte denkbar, neutrale und schriftliche Informationen auszulegen.
An wen können sich Patienten mit ihren Anliegen wenden?
Mir ist wichtig, in Erfahrung zu bringen, „wo genau der Schuh drückt“. Patienten können sich an mich wenden oder in konkreten Streitfällen auch an die kostenlose Unabhängige Patientenberatung Deutschland UPD (patientenberatung.de).
Kontakt zum Patientenbeauftragten über Internetformular: patientenbeauftragter.de
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