Patchwork­familien Wie Sie recht­lich vorsorgen

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Patchwork­familien - Wie Sie recht­lich vorsorgen

Das deutsche Namens­recht sehr liberal. Fast alle Kombinationen sind nach der Heirat möglich. © Shutterstock / Stiftung Warentestk (M)

Heiraten Partner, die Kinder aus früheren Beziehungen haben, empfehlen sich für sie ein Ehevertrag und ein Testament. Denn das Bürgerliche Gesetz­buch kennt bis heute keine eigenen Regeln für Patchwork­familien, obwohl deren Zahl von Jahr zu Jahr steigt. Bevor ein Paar mit Kindern aus früheren Beziehungen zum Standes­amt geht, sollte es daher einiges klären – zum Wohl von Eltern und Kindern. Anhand eines Fall­beispiels erklärt test.de die wichtigsten Punkte.

Modell Patchworkfamilie

Maria und Wolfgang wollen heiraten. Sie hat zwei Kinder aus erster Ehe, Lina und Tom. Seine Tochter heißt Ina. Sie stammt aus einer früheren Beziehung ohne Trau­schein. Sie wohnen in Wolfgangs Haus.

Unterhalt und Sorgerecht

Wer ist nach der Heirat zum Unterhalt der Kinder verpflichtet?

Nur die leiblichen Eltern sind unter­halts­pflichtig. Eine Heirat ändert daran nichts. Etwas anderes gilt nur, wenn der Ehegatte das Kind seines Part­ners adoptiert. Dann ist er wie gegen­über seinen leiblichen Kindern zum Unterhalt verpflichtet.

Ändert sich etwas beim Sorgerecht?

Nein. Maria und ihr Exmann teilen sich weiter das Sorgerecht für ihre Kinder Lina und Tom, Wolfgang und die Mutter seiner Tochter Ina deren Sorgerecht. Denk­bar wäre zum Beispiel, dass Marias Exmann das Sorgerecht für Lina und Tom allein auf Maria über­trägt. Das ist aber nur ratsam, wenn die Kinder ein zerrüttetes Verhältnis zu ihrem leiblichen Vater haben.

Kann Maria auch mal wichtige Entscheidungen zu Ina treffen?

Nicht ohne entsprechende Vorsorge. Wenn Ina krank ist und nicht zur Schule gehen kann, darf Maria nicht einfach eine Entschuldigung für sie schreiben, falls Wolfgang gerade auf Geschäfts­reise ist. Sie müsste versuchen, Inas Mutter zu erreichen und sie um die erforderliche Unter­schrift bitten. Das ist umständlich und unpraktisch. Für diesen und ähnliche Fälle könnten Inas leibliche Eltern Maria bevoll­mächtigen, dass sie ausnahms­weise Entscheidungen, die Ina betreffen, wie Entschuldigungen für die Schule, Arzt­besuche und Ähnliches treffen kann.

Qual der Namens­wahl

Was gilt bei der Namens­wahl?

Maria und Wolfgang haben viele Möglich­keiten. Der Nach­name der Kinder kann aufgrund der Heirat allerdings nur geändert werden, wenn Vater und Mutter einverstanden sind.

Finanzielle Haftung

Haftet Maria für Wolfgangs Kredite?

Nein. Maria haftet nach der Heirat nicht auto­matisch für Kredite, die Wolfgang vorher allein aufgenommen hat. Das gilt auch, wenn Wolfgang sich erst nach der Heirat entscheiden würde, zum Beispiel das Haus zu kaufen, in dem die Familie wohnt. Auch dann wäre Maria nicht aufgrund der Heirat verpflichtet, seine Schulden mit abzu­tragen. Es sei denn, auch sie hätte den Kredit­vertrag unter­schrieben oder sich verbürgt. Auch nach dem Gang zum Standes­amt gilt: Deine Schulden sind deine Schulden, meine Schulden sind meine Schulden.

Vorsorgen für den Todes­fall

Ist es ratsam, dass Wolfgang Maria die Hälfte seines Hauses über­trägt?

Das wäre eine Über­legung wert, um sie für den Todes­fall abzu­sichern. Zumal das Familien­heim und Anteile daran zwischen Ehegatten steuerfrei über­tragen werden können. Wolfgang sollte sich im Schenkungs­vertrag aber ein Rück­forderungs­recht für den Fall der Scheidung vorbehalten. Nach der Über­tragung bleibt er übrigens weiterhin allein zur Tilgung des Kredits nebst Zinsen verpflichtet. Steht die Bank als Gläubigerin im Grund­buch, wird sie einer Über­tragung auf Maria zustimmen müssen und entsprechende Sicherheiten von ihr fordern.

Wie kann Wolfgang Maria ein Wohn­recht an seinem Haus sichern?

Wolfgang hat drei Möglich­keiten: Er setzt Maria als Allein­erbin ein, sodass ihr das Haus im Fall seines Todes auto­matisch gehört. Oder er könnte ihr von Todes wegen ein lebens­langes Wohn- oder Nieß­brauchrecht an dem Haus einräumen oder drittens, es ihr bereits zu Lebzeiten einräumen und sich ein Rück­forderungs­recht für den Scheidungs­fall vorbehalten.

Was müssen Maria und Wolfgang für den Erbfall beachten?

Ab der Heirat erbt der über­lebende Partner neben den leiblichen Kindern auto­matisch mit, wenn die Ehegatten kein Testament hatten. Bei Wolfgangs Tod ginge die Hälfte seines Vermögens an Maria, die andere Hälfte an seine Tochter Ina. Im Fall von Marias Tod würde Wolfgang die Hälfte ihres Vermögens erben, die andere Lina und Tom zu je gleichen Teilen. Die Kinder des Part­ners aus einer früheren Beziehung gehen stets leer aus – vor wie nach der Heirat. Falls das nicht im Sinne von Wolfgang und Maria ist und sie alle Kinder gleich­mäßig bedenken wollten, müssen sie das in ihrem letzten Willen entsprechend fest­legen.

Ehevertrag

Was können Wolfgang und Maria in einem notariellen Ehevertrag regeln?

Im Prinzip alles, was sie sich für den Scheidungs­fall gegen­seitig zubil­ligen wollen – an Unterhalt, an Alters­versorgung und beim Vermögens­ausgleich. Wichtig: Derjenige Partner, der über­wiegend die Kinder in der Patchworkfamilie betreut und deshalb nur Teil­zeit arbeitet, sollte auf eine Regelung zum nach­ehelichen Unterhalt pochen. Ohne entsprechende Vereinbarung geht er seit der Reform des Unter­halts­rechts nach der Scheidung meist leer aus. Möglich wäre zum Beispiel eine Regelung, nach der Wolfgang im Falle einer Scheidung Maria, die sich über­wiegend um die Kinder kümmert, inner­halb eines Zeitraums von fünf Jahren 500 Euro Unterhalt pro Monat zahlt. Voraus­gesetzt, ihr gelingt es trotz intensiver Bemühungen nicht, eine Voll­zeitstelle zu finden.

Wie stellt Wolfgang sicher, dass ihm das Haus und erwartete Wert­steigerungen allein zustehen?

Da Wolfgang das Haus zu Beginn der Ehe allein gehört hat, bleibt es beim Vermögens­ausgleich in einem Scheidungs­fall außen vor. Anders dagegen die Wert­steigerungen während der Ehezeit: Die stehen beiden zur Hälfte zu. Durch eine Vereinbarung in einem notariellen Ehevertrag kann Wolfgang sicher­stellen, dass ihm allein die Wert­zuwächse beim Haus zustehen.

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