
Wer bei den Partnervermittlungen ElitePartner oder AcademicPartner Premium-Mitglied wird, muss auch 99 Euro für eine Persönlichkeitsanalyse bezahlen. Vielen Kunden ist das beim Anmelden nicht bewusst. Und wenn sie das Geschäft widerrufen wollen, stellt sich der Anbieter quer. Nun macht ein aktuelles Urteil Hoffnung.
Urteil gegen Betreiber von ElitePartner und AcademicPartner
Das Unternehmen EliteMedianet GmbH, Betreiber der Online-Partnervermittlungen ElitePartner und AcademicPartner, muss es akzeptieren, wenn Kunden mit Premium-Mitgliedschaft den Kauf der Persönlichkeitsanalyse für 99 Euro später widerrufen. Das hat das Landgericht Hamburg entschieden. Hintergrund des Rechtsstreits: Kunden, die bei den Diensten ElitePartner und AcademicPartner unbegrenzt mit anderen Mitgliedern in Kontakt treten und sich Fotos anschauen möchten, müssen eine kostenpflichtige „Premium-Mitgliedschaft“ oder eine „VIP-Mitgliedschaft“ abschließen. Was manchen Premium-Kunden bei der Anmeldung aber offenbar nicht klar ist: Nach der Anmeldung bekommen sie von der EliteMedianet GmbH auch eine „Persönlichkeitsanalyse“ aufgezwungen, für die sie einmalig 99 Euro zahlen sollen. Dieses Geld verlangt der Anbieter auch, wenn die Kunden ihre Rechte bei Online-Verträgen wahrnehmen und den Vertrag schnell widerrufen. Diese Praxis hält das Gericht nun für unwirksam.
Viele Kunden übersehen den Kostenhinweis
Der Hinweis auf die Kosten der Analyse sind nicht leicht zu finden. Zwar ist der Preis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters genannt und Kunden müssen vor der Anmeldung mit einem Klick bestätigen, dass sie die AGB gelesen haben. Doch zahlreiche Beschwerden in Verbraucherschutzforen zeigen: Den Extrapreis für die Analyse bemerken viele Kunden zunächst trotzdem nicht.
Rechtsstreit um Widerrufsrecht
Nun können Verbraucher Online-Geschäfte grundsätzlich innerhalb von zwei Wochen nach Anmeldung oder nach dem Erhalt der Ware ohne Angabe von Gründen widerrufen. Doch es gibt Ausnahmen: Für Waren, die auf individuellen Kundenwunsch gefertigt oder erbracht werden und die auf seine persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, gilt das Widerrufsrecht laut Gesetz nicht. Genau darauf stützt sich die Firma EliteMedianet. Sie meint: Bei einer Persönlichkeitsanalyse handelt es sich um eine individuell zugeschnittene Ware – und lässt den Widerruf des Geschäfts deshalb nicht zu.
Klage der Verbraucherzentrale Hamburg
Julia Rehberg, Rechtsexpertin von der Verbraucherzentrale Hamburg, sieht die Persönlichkeitsanalyse dagegen als festen Bestandteil der einheitlichen Dienstleistung „Partnervermittlung“. Und der Vertrag, der der Partnervermittlung zugrunde liegt, könne insgesamt widerrufen werden – ohne dass Kunden die 99 Euro bezahlen müssten. Die Richter des Landgerichts Hamburg gaben der Verbraucherschützerin nun Recht. Die Analyse sei keine nach Kundenwünschen angefertigte Ware, sondern „das Ergebnis eines automatisierten Rechenvorgangs, das dem Nutzer als PDF-Datei, also elektronisch übersandt wird“. Die Persönlichkeitsanalyse sei schwerpunktmäßig eine Beratungsleistung, die die Grundlage des Partnersuchprogramms darstelle.
Urteil noch nicht rechtskräftig
Das Landgericht Hamburg hat seine Entscheidung am 31. Januar 2012 gefällt, sie ist noch nicht rechtskräftig. Die EliteMedianet GmbH beabsichtigt, Rechtsmittel einzulegen. Sollte die Rechtsfrage am Ende von weiteren Rechtsstreitigkeiten zugunsten der Verbraucher ausgehen, können Kunden gezahlte Gebühren womöglich zurückfordern. Die Rückforderungsansprüche verjähren erst nach drei Jahren.
120 Euro für „Persönlichkeitsgutachten“ bei Parship
ElitePartner und AcademicPartner sind nicht die einzigen Online-Partnervermittlungen, die nach der Anmeldung zur Vollmitgliedschaft Gutachten in Rechnung stellen. Auch der Konkurrent Parship verfährt so. Dort kostet das „umfassende Persönlichkeitsgutachten“ einmalig 120 Euro. Bei Parship allerdings können Kunden die Mitgliedschaft und den Erwerb des Gutachtens widerrufen. Parship hatte sich im Dezember 2010 auf Drängen der Verbraucherzentrale Hamburg ohne Gerichtsurteil dazu verpflichtet, den Widerruf des Gutachtens als Teil der Premium-Mitgliedschaft nicht mehr auszuschließen, sofern der Kunde das Gutachten in PDF-Form erhalten hat. Wer das Gutachten bei Anmeldung als Buch bestellt hat, hat hingegen kein Widerrufsrecht. Immerhin: Bei Parship ist das widerrufbare PDF-Gutachten im Anmeldemenü als Standard voreingestellt. Wer es nicht will oder nicht bereit ist, dafür 120 Euro zu bezahlen, wird den Gebührenklotz durch Widerruf innerhalb der 14-Tage-Frist wieder los.
ElitePartner und Parship im Test 2011
Kundenunfreundliche Regelungen bei ElitePartner hatte die Stiftung Warentest bereits in der großen Untersuchung Online-Partnervermittlungen im März 2011 bemängelt. Wegen der AGB-Schwächen kam ElitePartner im Test nur auf ein Befriedigend. Parship hatte zum Testzeitpunkt sein verbraucherunfreundliches Vertragswerk bereits verbessert und bekam als einzige Partnervermittlung die Note gut.
Landgericht Hamburg, Urteil vom 31. Januar 2011
Aktenzeichen 312 O 93/11