Parkettkleber Noch giftiger!

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Unter vielen Parkettböden stecken gefährliche Altlasten. Einige Kleber sind giftiger als bislang bekannt.

Oben hui und unten pfui. Unter vielen jahrzehntealten und oft prächtigen Parkettböden lauern Gefahren: Die Kleber können hohe Konzentrationen an Schadstoffen enthalten.

Solange sich das Parkett in einem guten Zustand befindet, besteht kaum Grund zur Sorge. Doch wehe, wenn es großflächig „klappert“ oder sich sogar ganze Stäbe vom Untergrund lösen. Dann steigt die Gefahr, dass jedes weitere Betreten einen kleinen Teil der zuvor festen Klebermasse in feinen Staub zermalmt. Dieser Staub dringt durch Fugen und Ritzen an die Oberfläche. Vor allem Eltern kleiner Kinder sorgen sich, dass Schadstoffe beim Einatmen oder durch Hautkontakt in den Körper gelangen – zum Beispiel beim Spielen auf dem Fußboden.

Die Stiftung Warentest hat mittlerweile mehr als 2 200 Kleberproben aus privaten Haushalten analysiert. Aufgrund dieser Erfahrung lässt sich abschätzen, welche Haushalte betroffen sein können und wo Entwarnung möglich ist.

Ganz oben auf der Fahndungsliste der Chemiker steht die Krebs erzeugende Substanz Benzo(a)pyren, die stellvertretend für die große Masse der polyaromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) in den teerölhaltigen Klebern gemessen wird. Doch neben dieser Schadstoffgruppe verbirgt sich in anderen Klebern eine zweite Gefahr: polychlorierte Biphenyle (PCB).

Vorsicht: Dioxine und Furane

In der öffentlichen Diskussion spielen PCB-haltige Kleber bislang kaum eine Rolle. Auch in offiziellen Empfehlungen wird im Zusammenhang mit Parkett zwar oft vor den (häufigeren) PAK, kaum aber vor PCB gewarnt. Ein Mangel, denn diese Altlasten haben es in sich: Hohe Gehalte von 10 000 bis 20 000 Milligramm PCB pro Kilogramm Kleber sind keine Seltenheit.

In Anbetracht der Produktionsbedingungen in der Chlorchemie der 50er und 60er Jahre drängt sich zudem die Frage nach weiteren Schadstoffen in den Klebern auf. Exemplarisch haben wir deshalb zwei Proben auf hochgiftige Dioxine und Furane analysieren lassen – und sind fündig geworden. Maßeinheit für solche Chemikaliengemische sind so genannte Toxizitätsäquivalente (TE). Die Chemiker entdeckten in den Proben 107 000 und 210 000 Nanogramm TE pro Kilogramm Klebermasse.

Zum Vergleich: Laut deutscher Bodenschutz- und Altlastenverordnung sind für Wohngebiete 1 000 und für Kinderspielplätze sogar nur 100 Nanogramm TE pro Kilogramm Erde erlaubt. Zwar ist Parkettkleber sicherlich anders als Erdboden zu beurteilen, doch in Anbetracht der hohen Giftigkeit der Dioxine und Furane sollte der vorsorgende Verbraucherschutz hier besonders ernst genommen werden.

Fazit: Je schlechter der Zustand vieler Parkettböden, desto lauter tickt hier die chemische Zeitbombe.

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Profilbild Stiftung_Warentest am 13.09.2021 um 09:06 Uhr
Asbest im Parkettkleber?

@Kiwy: Eine Ferndiagnose über mögliche Schadstoffbelastung eines älteren Mosaikparkettklebers ist leider nicht möglich. In diesem Fall ist die Durchführung einer entsprechenden Untersuchung vor Ort empfehlenswert. Sie können sich diesbezüglich an die Umweltberatungsstellen der Verbraucherzentralen wenden. Beratungsangebote und Adressen in Ihrer Wohnnähe finden Sie unter www.verbraucherzentrale.de.
Auf unseren Internetseiten finden Sie allgemeine Tipps zum Sanieren unter "Analyse: Gift unterm Parkett. Sanieren lohnt sich."

Kiwy am 10.09.2021 um 15:11 Uhr
Auch Abest in Parkettkleber zu erwarten?

In ihrem Artikel erwähnen sie Schadstoffe. Wie sieht denn ihre Erfahrung mit Asbest in älteren Mosaikparkettklebern aus. Meist findet man unter Asbestkleber eher die schwarzen Klebstoffe für Floor Flex Platten
Vielen Dank für die Info

Profilbild Stiftung_Warentest am 22.03.2017 um 10:04 Uhr
Schadstoffbelasteter Parkettkleber

@Mattis1980: Leider haben wir keine Erfahrungen mit speziellen Methoden zur Sanierung belasteter Parkettkleber und können Ihnen daher hier keine Einschätzung geben. Auf unseren Internetseiten finden Sie aber allgemeine Tipps zum Sanieren: https://www.test.de/Analyse-Gift-unterm-Parkett-Sanieren-lohnt-sich-21261-0/ .
Hilfreich hier wären auf jeden Fall die Umweltberatungsstellen der Verbraucherzentralen, an die Sie sich wenden können. Beratungsangebote und Adressen in Ihrer Wohnnähe finden Sie unter www.verbraucherzentrale.de. (spl)

Mattis1980 am 18.03.2017 um 17:40 Uhr
Umgang mit PCB-belastetem Kleber

Hallo!
Der Parkettkleber in unserem 1960 gebauten Haus ist leider stark mit PCB-belastet (PCB gesamt 23800 mg/kg). Wir möchten das Parkett nun gern sachgemäß entfernen lassen, wissen jedoch nicht so genau wie. Der Parkettleger würde das Parkett unter Atemschutz entfernen und dann mit Epoxy abdichten, die Sanierungsfirma würde den Kleber wie bei PAK mit Spezialgerät und bei Unterdruck abschleifen (was natürlich deutlich teurer würde). Mich würde daher interessieren, ob es für die Behandlung PCB-belasteter Parkettkleber irgendwelche Erfahrungen oder Empfehlungen gibt. Wenn jemand entsprechende Infos hat würde ich mich freuen!
Danke und viele Grüße!