
Viele als „parfümfrei“ ausgelobte Kosmetika enthalten trotzdem Duftstoffe, die Allergien auslösen können. Die Landesuntersuchungsämter wiesen die duftenden Zusätze in jedem fünften von 186 Produkten nach – darunter auch Kosmetikartikel für Babys und Kleinkinder. Dem Verbraucher bleibt bislang nur, sich ins Kleingedruckte zu vertiefen. test.de informiert.
Jedes fünfte Produkt betroffen
Mit dem werbenden Aufdruck „parfümfrei“ werden Verbraucher in zahlreichen Fällen irregeführt. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in seinem Bundesweiten Überwachungsplan. Neun Landesuntersuchungsämter prüften insgesamt 186 kosmetische Mittel von Handcreme bis Duschbad, auf denen der Zusatz „parfümfrei“ steht. Die Analyse zeigte: Jedes Fünfte enthielt trotz dieser Kennzeichnung Duftstoffe in teils hohen Konzentrationen. Betroffen waren auch Seife, Cremes, Lotion, Öl und Sonnenschutzmittel für Babys und Kleinkinder.
“Parfümfrei“ wirkt verkaufsfördernd
Die Unverträglichkeit auf Duftstoffe ist in Deutschland weit verbreitet, knapp jeder fünfte Deutsche reagiert allergisch auf parfümierte Produkte. Entsprechend verkaufsfördernd ist der Aufdruck „parfümfrei“. Viele potenziell allergieauslösende Duftstoffe sorgen allerdings nicht nur für den angenehmen Geruch. So wirkt beispielsweise der an Maiglöckchen erinnernde Duftstoff Farnesol in Deodorants bakterienhemmend, der wie Jasmin duftende Stoff Benzylalkohol dient auch als Konservierungsmittel. Auf vielen Produkten sind sie deshalb nicht als Parfüm, sondern in ihrer jeweils anderen Funktion aufgeführt. Auf herkömmlichen Kosmetikartikeln ist diese Beschriftung legitim, denn die Stoffe sind nicht grundsätzlich schädlich. Für Allergiker birgt diese Beschriftungsweise jedoch ein Risiko, denn so kommen die Duftstoffe auch in angeblich „parfümfreien“ Kosmetika vor.
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Verbraucher wird irregeführt
„Auch wenn Duftstoffe in Körperpflegemitteln zu anderen Zwecken eingesetzt werden, sollten diese Produkte nicht als „parfümfrei“ gekennzeichnet sein“, fordert deshalb BVL-Sprecherin Nina Banspach. Denn so werde der Verbraucher irregeführt und könne durch allergische Reaktionen gesundheitlich beeinträchtigt werden. Dem Käufer bleibt so nur die Möglichkeit, sich nicht auf die Angabe „parfümfrei“ zu verlassen und stattdessen die meist klein gedruckte Liste der „Ingredients“, der Inhaltsstoffe, genau zu lesen. Doch meist finden sich hier viele unbekannte Begriffe in Englisch oder Latein. Festgelegt sind alle diese Bezeichnungen in der INCI - kurz für International Nomenclature of Cosmetic Ingredients - dem Verzeichnis der Fachbegriffe für kosmetische Inhaltsstoffe. Was die zahlreichen Fremdwörter bedeuten und wie sich eine Inhaltsliste entschlüsseln lässt, erklärt unser Artikel zur Kosmetikdeklaration.
Stoffe müssen deklariert werden
Auf der Liste der Inhaltsstoffe sind als Parfüm eingesetzte Duftstoffe normalerweise unter den Begriffen „Parfum“, „Fragrance“, „Aroma“ oder „Flavour“ zusammengefasst. 26 Stoffe müssen ab einer bestimmten Konzentration zusätzlich namentlich genannt werden, weil sie häufiger als andere Stoffe Allergien auslösen können. Dazu zählen unter anderem die Stoffe Limonen, Citral und Benzylalkohol. Sie wurden in zahlreichen der als „parfümfrei“ deklarierten Produkte nachgewiesen. Ihr Gehalt lag dabei meist weit über der Marke, ab der die Stoffe schon in herkömmlichen Produkten namentlich gekennzeichnet werden müssen. Auch wenn sie nicht dem guten Geruch, sondern etwa als Lösungsmittel dienen, müssen sie aufgeführt werden. Das schreibt die im Juli 2013 verabschiedete neue EU-Kosmetikrichtlinie vor.
Wichtig für Allergiker
Wer schon einmal allergisch auf ein Kosmetikprodukt reagiert hat oder vermutet, einen bestimmten Stoff nicht zu vertragen, sollte einen Termin beim Hautarzt oder Allergologen vereinbaren. Der kann genau feststellen, welcher Stoff für die unangenehme Reaktion verantwortlich ist und ihn in einen Allergiepass eintragen. Beim Einkauf kann der Betroffene dann Pass und Produkt abgleichen und sofort erkennen, in welchen parfümfreien Artikeln sich trotzdem Duftstoffe verstecken, die er vermeiden sollte.
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Leider werden auch Verbraucherbeschwerden von Herstellern wohl eher als lästig empfunden.
Nach dem zweimaligen Gebrauch von einer "High Tolerance Tagescreme" sag mein Gesicht derart schlimm aus, dass ich vom Hautarzt Kortison verschrieben bekommen habe.
Was ich leider lernen musste: auch Blütenwasser ist ein Duftstoff, der die Haut massiv angreifen kann, auch, wenn es nicht als Parfum deklariert werden muss.
Reaktion des Herstellers? Ach - das kann ja mal passieren...
Den Hersteller dieses Produkts meide ich seitdem auf ganzer Linie.
Kommentar vom Autor gelöscht.