Die Penaten-Wundschutzcreme gibt es bald ohne Parabene, kündigte der Hersteller Johnson & Johnson an. Durch eine Untersuchung des Bundes für Umwelt und Naturschutz waren die Konservierungsmittel erneut in die Kritik geraten. Sie könnten wie Hormone wirken oder Krebs auslösen, hieß es. test.de gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Aktuelle BUND-Untersuchung verunsichert
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatte die Listen der Inhaltsstoffe von über 60 000 Kosmetika ausgewertet. In fast jedem dritten kosmetischen Produkt seien demnach hormonähnliche Substanzen enthalten. Am häufigsten vertreten waren darunter Parabene, die als Konservierungsmittel eingesetzt werden. Die Autoren der Studie fordern ein Verbot dieser Stoffe in Kosmetika und rufen die Hersteller auf, freiwillig auf diese Stoffe zu verzichten. Johnson & Johnson, der Hersteller der bekannten Penaten-Creme, gab jetzt bekannt, ab Mitte 2014 in seiner Wundschutzcreme keine Parabene mehr einzusetzen. Alle anderen Babyprodukte des Hauses würden nicht damit konserviert. Seit Jahren stehen Parabene in der öffentlichen Kritik. Auf vielen Produkten steht mittlerweile „Ohne Parabene“. Das verunsichert Verbraucher, weil so der Eindruck entsteht, dass Produkte mit Parabenen gefährlich seien. Auch den Leserservice der Stiftung Warentest erreichen regelmäßig Fragen besorgter Leser.
Was sind Parabene?
Parabene sind Salze und Ester der para-Hydroxybenzoesäure. Sie werden seit mehr als 80 Jahren als Konservierungsmittel verwendet und schützen Kosmetika, Arzneimittel und Lebensmittel effektiv vor Keimbefall. Laut der BUND-Studie kommen in kosmetischen Mitteln vier Parabene zum Einsatz: Methyl-, Ethyl, Propyl- und Butylparabene. Parabene haben eine schwache östrogen-ähnliche Wirkung; das ist auch von Bestandteilen von Pflanzen – zum Beispiel Isoflavonen aus Soja – bekannt. Im Vergleich zum natürlichen Sexualhormon ist die östrogene Potenz von Parabenen jedoch um ein Vielfaches niedriger, mindestens um den Faktor 1 000. Sie gehören zu den am häufigsten eingesetzten Konservierungsstoffen und haben sich bislang als gut verträglich bewiesen.
Ist ihr Einsatz gesetzlich geregelt?
Parabene sind nach der EU-Kosmetikverordnung als Konservierungsstoffe bis zu einer Anwendungskonzentration von 0,4 Prozent zugelassen. Bei Paraben-Gemischen dürfen es zusammen bis zu 0,8 Prozent sein. Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und dem Wissenschaftlichen Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU-Kommission (SCCS) sind Methyl- und Ethylparaben in Kosmetika in dieser Konzentration sicher. Methylparaben wird in Kosmetika am häufigsten verwendet. Für Butyl- und Propylparaben empfehlen BfR und SCCS mit 0,19 Prozent eine niedrigere Konzentration, weil die Datenlage zur Aufnahme über die Haut unzureichend ist. Die selten verwendeten Isopropyl-, Isobutyl-, Phenyl- und Pentylparaben sollen nach dem Willen der EU künftig wegen mangelnder Daten verboten werden.
Lösen Parabene Brustkrebs aus?
Nein. Eine britische Studie aus dem Jahr 2004 hatte parabenhaltige Deodorants mit der Entstehung von Brustkrebs in Verbindung gebracht, was in Fachkreisen kritisch diskutiert wird. Das BfR bewertete die Studie und sah darin keinen wissenschaftlichen Beweis für ein erhöhtes Brustkrebsrisiko. Die Forscher hatten zwar Parabene in Gewebeproben von Brusttumoren nachgewiesen, allein aufgrund dieses Nachweises lasse sich aber noch kein kausaler Zusammenhang zwischen Parabenen und der Entstehung von Brustkrebs herstellen. Zudem war laut BfR die Anzahl der untersuchten Tumore gering. Auch eine Kontrollgruppe habe in der Untersuchung gefehlt.
Beeinflussen Parabene das Hormonsystem?
Methyl- und Ethylparabene, die laut BUND-Studie sehr häufig in Kosmetika vorkommen, haben in der empfohlenen Konzentration keine hormonelle Wirkung auf den menschlichen Körper. Bei Propyl- und Butylparaben zeigten Tierversuche kein einheitliches Bild, schreibt das BfR in seiner Stellungnahme "Verwendung von Parabenen in kosmetischen Mitteln". Während in einer Studie Butyl- und Propylparaben bei Ratten und Mäusen die Spermienanzahl verringerten, konnte in einer anderen Studie kein negativer Effekt auf das männliche Reproduktionssystem von Ratten festgestellt werden. Tierversuche lassen sich nicht einfach auf den Menschen übertragen. Nach derzeitigem wissenschaftlichen Stand ist eine relevante hormonelle Wirkung von Parabenen nicht zu erwarten.
Werden Produkte für Kinder in Hinblick auf Parabene anders bewertet?
Vor zwei Jahren hat die dänische Regierung Propyl-, Butyl-, Isopropyl- und Isobutylparabene in kosmetischen Produkten für Kinder unter drei Jahren verboten. Der Grund: Kleine Kinder seien für die hormonähnlichen Wirkungen empfänglicher. Laut SCCS stellen Parabene aber in der angewendeten Konzentration keine Gesundheitsgefahr für Kinder jeglicher Altersgruppen dar. Gesonderte Regelungen sind aus Sicht des europäischen Ausschusses daher nicht erforderlich. Ausnahme: Für sehr kleine Kinder bis zum Alter von sechs Monaten kann das SCCS ein mögliches Risiko nicht ausschließen, wenn Pflegeprodukte in der Windelregion benutzt werden. Die Haut im Windelbereich ist schnell reizbar und gereizte Haut kann Stoffe leichter hindurchlassen. Um die möglichen Risiken für Kinder besser beurteilen zu können, sind weitere Forschungen nötig.
Kann ich Produkte „Ohne Parabene“ sorglos kaufen?
„Ohne Parabene“ heißt nicht gleich ohne Konservierungsstoffe. Um Parabene zu umgehen, setzen Kosmetik-Hersteller andere Konservierungsstoffe oder Stoffe mit konservierender Wirkung ein, zeigt der Test Keime in Kosmetika. Schließlich müssen die Hersteller ihre Produkte vor Keimen schützen. Dadurch könnten problematische Stoffe öfter zum Einsatz kommen, zum Beispiel Methylisothiazolinon (kurz: MI). Dessen Allergiepotenzial ist fünfmal höher als das von Parabenen. Das BfR hält den generellen Ersatz von Parabenen in Kosmetika aus gesundheitlicher Sicht daher nicht für sinnvoll. Wichtig: Die Anwendungskonzentrationen von Parabenen in Kosmetika sind oft deutlich geringer als die gesetzliche Obergrenze. Sie sind gerade so hoch, dass der mikrobiologische Schutz für Produkt und Verbraucher gewährleistet ist.