
P&R-Gesellschaften verkauften Anlegern Container, vermieteten für sie und kauften sie dann zurück. © Getty Images PA / Lyndon Maher
Neue Entwicklung in Sachen P&R-Pleite: 54 000 Anleger erhalten derzeit Briefe der Insolvenzverwalter der vier insolventen Containervertriebsgesellschaften von P&R. Darin stellen sie den Vorschlag zur Abstimmung, die Erlöse anteilig je nach Schadenshöhe der Anleger auf die einzelnen P&R-Gesellschaften zu verteilen. Die Frist für das Votum läuft bis zum 17. November. Stimmen die Anleger aller vier Gesellschaften mehrheitlich für den Vorschlag, stellen die Insolvenzverwalter schon bald eine erste Abschlagszahlung in Aussicht. test.de erklärt, warum es sinnvoll ist, zuzustimmen.
Vier P&R-Gesellschaften erhalten Erlöse gemeinschaftlich
Die Insolvenzverwalter der vier insolventen Containervertriebsgesellschaften von P&R aus Grünwald bei München von der Kanzlei Jaffé verschicken derzeit Stimmzettel an 54 000 Anleger, die Forderungen bei ihnen angemeldet haben. Sie schlagen vor, Erlöse anteilig je nach Schadenshöhe der Anleger auf die einzelnen P&R-Gesellschaften zu verteilen. Damit würden alle P&R-Anleger weitgehend gleichbehandelt, egal, bei wem sie Kunde waren. Vier Gesellschaften hatten Container an Anleger verkauft, für sie vermietet und nach einer vereinbarten Zeit wieder zurückgenommen. Das operative Geschäft, also das Vermieten an Leasinggesellschaften und andere Nutzer der vorhandenen Container, erledigte und erledigt auch heute noch die nicht insolvente P&R Equipment & Finance aus der Schweiz. Mit ihr haben die Insolvenzverwalter eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen. Demnach stehen alle Erlöse in Höhe von mittlerweile mehr als 400 Millionen Euro den insolventen, deutschen Gesellschaften gemeinschaftlich zu.
Erlöse entsprechend der Anleger-Forderungen verteilen
Die Insolvenzverwalter schlagen vor, die Erlöse entsprechend dem Anteil an den festgestellten Forderungen der Anleger zu verteilen. Von den 3,1 Milliarden Euro entfallen auf:
- P&R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs GmbH (GC)
1,5 Milliarden Euro (49,0 Prozent) - P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs (LF)
1,0 Milliarden Euro (32,1 Prozent) - P&R Transport-Container GmbH (TC)
0,5 Milliarden Euro (15,1 Prozent) - P&R Container Leasing GmbH (CL)
0,1 Milliarden Euro (3,8 Prozent).
Werden die Erlöse im gleichen Anteil verteilt profitierten „die Gläubiger in allen vier P&R-Containergesellschaften gleichermaßen von den erzielten Erlösen“, argumentieren die Insolvenzverwalter. Das Argument ist überzeugend, denn Anleger dürften sich anhand der jeweiligen Konditionen der Container-Angebote für oder gegen ein Investment entschieden haben, nicht aber deswegen, weil sie unbedingt Kunden einer bestimmten P&R-Gesellschaft werden wollten.
Zahlungsströme ohne wirtschaftlich sinnvolle Geschäftsvorfälle
Außerdem schlagen die Insolvenzverwalter vor, dass Forderungen und Verbindlichkeiten der vier Gesellschaften untereinander als nachrangig gelten. Sie haben nämlich festgestellt, dass die vier sich rege gegenseitig Geld überwiesen, offensichtlich um jeweils die Gesellschaften mit den nötigen Mitteln auszustatten, die Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen hatten. „Den Zahlungsströmen, die zu diesen Forderungen und Verbindlichkeiten geführt haben, stehen in den seltensten Fällen wirtschaftliche sinnvolle Geschäftsvorfälle gegenüber“, haben die Insolvenzverwalter festgestellt. Sie zeichneten „ein nahezu willkürliches Bild“. Da mit Sicherheit nicht genügend Mittel zur Verfügung stehen werden, um die erstrangigen Forderungen zu bedienen, kämen die nachrangigen Forderungen zwischen den Gesellschaften nicht mehr zum Zug. Der Vorschlag ist pragmatisch und sinnvoll. Er beschleunigt das Verfahren deutlich und spart Kosten. Wie hoch die Kosten ausfallen können und zu welchen Verzögerungen es führen kann, gegenseitige Forderungen und Verbindlichkeiten zu klären, zeigt derzeit eindrücklich die Auflösung der IBH-Fonds.
Insolvenzquoten können trotzdem voneinander abweichen
Die Gläubigerausschüsse haben sich ebenfalls für den Vorschlag ausgesprochen. Er kann nur dann umgesetzt werden, wenn die Gläubiger aller vier Gesellschaften mehrheitlich dafür sind. Es kann sein, dass zum Schluss nicht für alle Gläubiger aller vier Gesellschaft die gleiche Insolvenzquote festgestellt wird, also der Prozentsatz der Forderungen, den sie erhalten. Denn neben den Anlegern haben auch andere Gläubiger Forderungen angemeldet, diese haben nach Angaben der Insolvenzverwalter aber nur einen geringen Umfang. Außerdem ist noch offen, ob die Insolvenzverwalter Auszahlungen an Anleger vor der Insolvenzeröffnung zurückfordern können. In einem ersten Urteil entschied ein Gericht allerdings, dass dies nicht möglich ist. Eine höchstrichterliche Entscheidung steht noch aus.
Anleger können noch Vergleich mit Insolvenzverwalter vereinbaren
Anleger, die noch keine Vergleichsvereinbarung (Insolvenzverwalter bietet Vergleich an) mit den Insolvenzverwaltern abgeschlossen haben, können dies noch nachholen. Jaffé kündigte an, dass im Herbst wohl ein weiterer Prüfungstermin für Forderungen stattfinden werde. Ein solcher Vergleich ist sinnvoll. Nur Anleger, die eine solche Vereinbarung unterzeichnet haben, kommen bei den Abschlagszahlungen zum Zuge, die die Insolvenzverwalter bei Annahme des Verteilungsschlüssels danach in absehbarer Zeit ausschütten wollen. Schicken Sie den Stimmzettel rechtzeitig ab. Er muss bis zum 17. November 2020 beim Empfänger eingehen.
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