
Den rund 10 000 Anlegern von PIM Gold wurde „Sicherheit für eine glänzende Zukunft“ versprochen. Daraus wird nun nichts werden. Sowohl die PIM Gold GmbH als auch der Vertrieb Premium Gold Deutschland GmbH sind insolvent. Dort hat jetzt der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Renald Metoja das Sagen. Der PIM-Chef Mesut P. sitzt wegen des Verdachts auf gewerbsmäßigen Betrug in Untersuchungshaft.
Das PIM-Geschäftsmodell
Seit 2008 verkaufte PIM Gold unter verschiedenen Namen das glänzende Edelmetall an Anleger. Allerdings wurde den Kunden nicht einfach Gold zum Marktwert verkauft und ausgehändigt, wie es beispielsweise bei jeder Bank oder Sparkasse läuft. PIM verlangte rund 30 Prozent über Marktpreis für das Gold. Schließlich war ein teures achtstufiges Provisionssystem zu finanzieren. Und den Kunden versprach PIM je nach Modell sogar Bonusgold, was wie eine Art Verzinsung den von PIM verwahrten Bestand mehren sollte. Außerdem stellten die PIM-Chefs Rückkäufe unabhängig von der Marktentwicklung in Aussicht und behaupteten, sie könnten durch ihre Handelsgeschäfte Preisrisiken eliminieren.
Was bedeutet die Insolvenz für Anleger?
Buchhaltungschaos aufarbeiten. Der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Renald Metoja muss nun bei der PIM Gold GmbH (Aktenzeichen 8 IN 402/19) und beim Vertrieb Premium Gold Deutschland GmbH (Aktenzeichen 8 IN 403/19) das Buchhaltungschaos aufarbeiten und die vorhandenen Vermögenswerte sichern. Vermutlich wird vom Gericht ein vorläufiger Gläubigerausschuss bestellt, der die Arbeit des Insolvenzverwalters kontrolliert und die Interessen aller Gläubiger vertritt. Frühestens in zwei Monaten will Metoja dem Gericht sein Gutachten mit einer ersten Bilanz vorstellen.
Insolvenzverfahren eröffnen. Das Gericht wird dann das Insolvenzverfahren offiziell eröffnen und die geschädigten Anleger können Forderungen anmelden. Vermutlich Anfang 2020 gibt es eine Gläubigerversammlung, bei der verschiedene Beschlüsse über den weiteren Fortgang zu fällen sind. Über die Höhe der zu erwartenden Insolvenzquote ist derzeit keine Prognose möglich. Dafür entscheidend wird auch sein, welche rechtlichen Maßnahmen der Insolvenzverwalter gegen Geschäftsführer, Vermittler oder auch frühere Anleger einleiten wird.
Handelt es sich um ein Schneeballsystem?
Das wird derzeit noch überprüft. Sollte PIM ein Schneeballsystem gewesen sein, werden im Sinne einer Gläubigergleichbehandlung vermutlich von PIM-Kunden erhaltene Zahlungen bis vier Jahre vor dem Insolvenzantrag zurückgefordert.
Wie viel Kundengold ist noch da?
Für den Haftbefehl gegen den Geschäftsführer Mesut P. hat die Staatsanwaltschaft aufgrund schon länger laufender Ermittlungen Lieferverpflichtungen von 3,38 Tonnen angegeben. Dies entspricht aktuell einem Wert von rund 148 Millionen Euro. Tatsächlich gefunden haben die Ermittler allerdings bei einer Durchsuchung im Juli dieses Jahres nur 228 Kilogramm. Anfang September war allerdings noch unklar, wohin die fehlenden Bestände verschwunden sind. In einer bundesweit durchgeführten erneuten Durchsuchung an verschiedenen Standorten konnten inzwischen weitere Bestände sichergestellt werden. Der vorläufige Insolvenzverwalter Renald Metoja kann deshalb die schlimmsten Befürchtungen zumindest etwas entkräften: „Wir gehen mindestens von der doppelten Menge an Gold aus.“ Bei 500 Kilogramm würde aber zu den knapp 3,4 Tonnen immer noch ein Großteil fehlen.
Gehört das Gold wirklich den Anlegern?
Manche Kunden haben ihr Gold ausgehändigt bekommen und sind damit höchstwahrscheinlich auch Eigentümer geworden. Anders sieht es bei den Kunden aus, die PIM mit der Verwahrung beauftragt haben. Marvin Kewe von der Tübinger Kanzlei Tilp Rechtsanwälte vertritt schon eine Reihe von Anlegern und hat dadurch vielfältige Varianten gesehen, die jeweils unterschiedlich zu beurteilen sind. Zum einen ist sehr fraglich, ob die vertraglichen Vereinbarungen hinreichend bestimmt waren, um den Anlegern auch Eigentum im rechtlichen Sinne zu verschaffen. Ebenso können erhebliche Probleme darin bestehen, den rechtssicheren Nachweis zu führen, welche Goldbestände welchen konkreten Anlegern gehören. Daran ändert auch eine schriftliche Bestätigung über die personalisierte Einlagerung nichts. Nur wenn dies tatsächlich so umgesetzt worden wäre, könnten Anleger laut Kewe eventuell Aus- oder Absonderungsrechte geltend machen. Das ginge dann aber zu Lasten der anderen Anleger.
Hätte man das Ganze nicht kommen sehen müssen?
Im November 2018 hat das Landgericht Frankfurt der damals noch unter PIM Gold- und Scheideanstalt GmbH firmierenden Gesellschaft untersagt, sich weiter als Scheideanstalt zu bezeichnen. Auch andere Werbeaussagen – etwa dass PIM „Deutschlands größtes Goldportal“ sei und die günstigsten Preise habe – untersagte das Gericht. Skeptisch stimmte Experten außerdem, dass PIM seit drei Jahren keine Jahresabschlüsse mehr veröffentlicht hat. Die letzte im Bundesanzeiger einzusehende Bilanz stammt von 2015. Bezüglich der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hat PIM Vorwürfe grundsätzlich abgestritten und beispielsweise zum Verdacht von Goldfehlbeständen behauptet: „Das Gold der Kunden wird getrennt vom Betriebsvermögen der pim-Gold und Scheideanstalt aufbewahrt. Gegenüber der Staatsanwaltschaft wurde bereits der Beweis erbracht, dass keine Fehlbestände vorliegen.“ Alles eine große Lüge, wie sich nun herausstellt, wenn auch mehr Gold da zu sein scheint, als zuletzt befürchtet.
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