
Schaumabdruck. Füße vermessen – das ist der erste Schritt auf dem Weg zur Einlage.
Wer Problemfüße hat, leidet oft jahrelang still vor sich hin. Dabei können orthopädische Einlagen die Lebensqualität verbessern.
Füße spielen eine tragende Rolle im Leben. Dennoch werden sie selten mit der erforderlichen Aufmerksamkeit behandelt. Mehr als acht von zehn Deutschen laufen in Schuhen herum, die zu lang, zu weit oder zu klein sind. Das fanden Wissenschaftler des Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens bei einer groß angelegten bundesweiten Fußmessung heraus. Viele leiden jahrelang unter Druckstellen oder Schmerzen beim Gehen, bis sie endlich einen Arzt aufsuchen. Der verschreibt oft orthopädische Einlagen. Doch was bringen die? Welche Arten gibt es? Wer bezahlt? Und wie finden sich passende Schuhe?
Einlagen gehören zu den am häufigsten verordneten Hilfsmitteln. Laut Angaben der Krankenkassen bekommen rund 6 bis 7 Prozent der gesetzlich Versicherten ein Rezept dafür. Einlagen stützen oder stabilisieren den Fuß, dienen bei Entzündungen und Schmerzen als weiches Polster oder stimulieren gezielt Nerven, um die Muskelspannung zu verändern.
Knick-, Senk- oder Spreizfuß
Fehlstellungen der Füße sind einer der häufigsten Gründe für die Verordnung von orthopädischen Einlagen. Meist ist eine Kombination aus Knick-, Senk- oder Spreizfuß schuld (Von Hammerzehen und Plattfüßen). In der Regel verschreibt der Orthopäde stützende Einlagen. Sie können den Fuß anheben und so sein Einknicken verhindern. Experten gehen davon aus, dass es in den nächsten Jahrzehnten verstärkt Patienten mit diabetischem Fuß geben wird, eine häufige Komplikation von Diabetes mellitus. Wer daran leidet, hat Schäden an den Nerven, er spürt keine Schmerzen. Durchblutungsstörung aufgrund von Diabetes plus schlechte Wundheilung führen dazu, dass Druckstellen und kleinste Wunden irreparable Schäden anrichten können. Dann helfen bettende Einlagen: Sie werden aus weichen Materialien gefertigt, um den Fuß zu polstern und Druck von ihm zu nehmen.
Einlagen individuell anpassen
Orthopädische Schuheinlagen werden individuell gefertigt und an die Bedürfnisse des Patienten angepasst. Sie unterscheiden sich stark in Form, Material und Eigenschaften. Das macht es schwer, große Vergleichsstudien zum Nutzen von orthopädischen Einlagen durchzuführen.
Geschwüre treten viel seltener auf
Belege gibt es für die positive Wirkung bei bestimmten Fußproblemen. Verschiedene wissenschaftliche Studien lassen darauf schließen, dass der Gebrauch von orthopädischen Einlagen bei Menschen mit Knick-Senk-Füßen Schmerzen lindern und ihre körperliche Funktion verbessern kann.
Eine amerikanische Untersuchung zeigt, dass Einlagen für Diabetiker Geschwüren am Fuß sowie Amputationen vorbeugen. Die Wissenschaftler versorgten 117 Diabetiker mit bettenden Schuheinlagen und begleiteten sie zwei Jahre lang. Vor der Versorgung mit Einlagen waren knapp 80 Prozent der Studienteilnehmer von immer wieder neu auftretenden Geschwüren betroffen. Während des Untersuchungszeitraums sank die Anzahl auf 15 Prozent. Die Rate von Diabetes-bedingten Amputationen am Fuß sank von 54 auf 6 Prozent.
Gemeinschaftswerk Einlage
Wie die fertige Schuheinlage letztendlich aussieht, hängt von verschiedenen Faktoren ab. „Optimalerweise entsteht eine Einlage im Dialog zwischen drei Menschen: dem Arzt, dem Orthopädieschuhmacher und dem Patienten“, sagt Tanja Kostuj, leitende Oberärztin der Allgemeinen Orthopädie im Klinikum Bochum.
Wo tut es weh? Wie beweglich ist der Fuß? Solche Fragen muss der Orthopäde im Gespräch mit seinem Patienten klären. Auch Gewicht und Alter des Betroffenen spielen eine Rolle. Wichtig ist zudem, welchem Zweck die Einlage dienen soll: Muss sie in einen Arbeitsschuh passen? Wird sie beim Sport getragen?
Tipp: Wenn Sie unsicher sind, an welchen Orthopädieschuhmacher Sie sich wenden sollen, fragen Sie im Bekanntenkreis nach guten Erfahrungen mit Orthopädieschuhmachern oder Sanitätshäusern. Der Arzt darf keinen empfehlen.
Von Stempelabdruck bis digital
Im Sanitätshaus wird der Fuß abgetastet und vermessen. Der Schuhmacher kann zwischen Messmethoden wählen: Bei der Trittspur, auch Blauabdruck genannt, stellt sich der Patient auf eine Gummimatte, deren Unterseite mit Stempelfarbe eingefärbt ist. Auf dem darunterliegenden Papier entsteht ein Abdruck. An dem ist zu erkennen, welche Partien des Fußes mehr oder weniger belastet sind. Schnell und einfach ist der digitale Fuß-Scan: Während der Patient barfuß auf einem Scanner steht, wertet ein Computerprogramm alle Daten aus und macht den Abdruck der Fußsohlen auf dem Bildschirm sichtbar.
Bei Klumpfüßen und Knick-Senk-Füßen schweren Grades werden Einlagen nach Gipsabdruck gefertigt. Dafür stellt sich der Patient mit beiden Füßen in einen Kasten, der mit Formschaum gefüllt ist. So entsteht ein Negativabdruck. Er wird dann mit Gips gefüllt. Auf Basis dieses Positivabdrucks kann der Handwerker die individuell erforderlichen Einlagen fertigen.

Anprobe. Der passende Schuh ist entscheidend. Er muss für orthopädische Einlagen geeignet sein.
Von Kunststoff bis Kork-Leder
Je nach Anforderung stehen verschiedene Materialien für die Einlage zur Auswahl. Für stützende Einlagen eignet sich Hartkunststoff oder Carbon. Auch die Kombination Kork-Leder oder Weichschaum mit einem bestimmten Härtegrad ist möglich. „Der Handwerker sollte ergänzend zur ärztlichen Verordnung beraten, was es an Materialien gibt und wie die Einlage wirkt“, empfiehlt Michael Möller, Orthopädieschuhmacher-Meister und Mitherausgeber des Lehr- und Arbeitsbuchs „Orthopädieschuhtechnik“. Was die Passform der Einlage im Schuh angeht, können Orthopädieschuhmacher nur bedingt Kompromisse machen. „Es muss genug Platz sein für die Einlage und für den Fuß“, so Möller.
Tipp: Bringen Sie Schuhe, in denen Sie Einlagen tragen wollen, zum Sanitätshaus mit. Wer die Einlagen schon hat und Schuhe braucht, sollte alles zusammen im Geschäft ausprobieren. Oft sind Schuhe hilfreich, deren Fußbett sich herausnehmen lässt; sie bieten Platz für eigene Einlagen.
Wichtig ist, dass der Arzt kontrolliert, ob das, was er verordnet hat, auch umgesetzt wurde. Etwa vier Wochen lang sollte der Patient die Einlagen konsequent zur Eingewöhnung tragen. „So kann der Arzt anhand der Schweißspur auf den Einlagen erkennen, an welchen Stellen sie vielleicht noch nicht genug stützen“, sagt Tanja Kostuj. Der Arzt prüfe auch, ob die Einlage gut gearbeitet ist und in den Schuh passt. „Wenn nicht, muss nachgearbeitet werden.“