Die sogenannte Lebendspende eines Organs unter Verwandten hilft nicht immer auf Dauer. Der Körper des Menschen, der das Spenderorgan erhält, kann es wieder abstoßen. Außerdem kann der Spender durch die Transplantation selbst erkranken. Ärzte müssen über Risiken sehr genau aufklären, sonst haften sie für gesundheitliche Nachteile des Spenders, wie ein neues Urteil des Bundesgerichthofs sowie zwei ältere zeigen.
Teil der Leber transplantiert
Eine Frau wollte ihre an Hepatitis C und Tuberkulose erkrankte Mutter retten und ihr einen Teil ihrer Leber spenden. Doch die Transplantation scheiterte. Als Chirurgen die Transplantation vornehmen wollten, entdeckten sie bei der Tochter ebenfalls Schäden an der Leber. Jetzt erhält die Organspenderin höchstwahrscheinlich Schadenersatz und ein Schmerzensgeld.
Aufklärung nicht ausreichend
Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Die Ärzte an der Uniklinik haben die Organspenderin nicht genau genug über Chancen und Risiken der Transplantation informiert (Az. VI ZR 415/18). Es sei nicht davon auszugehen, dass sie bei korrekter Aufklärung in die Operation eingewilligt hätte. Das Oberlandesgericht Jena muss nun noch klären, ob doch eine wirksame Einwilligung vorlag und welche Folgen die gescheiterte Operation für die Klägerin hatte.
Keine wirksame Einwilligung des Spenders
In zwei älteren Urteilen zu Nierenspenden hatte der Bundesgerichtshof genauso entschieden: Die Aufklärung über Chancen und Risiken sei in solchen Fällen besonders wichtig (Az. VI ZR 495/16 und VI ZR 318/17). Ärzte müssten streng prüfen, ob die Informationen für den Spender vollständig und korrekt waren. Nur dann sei seine Einwilligung in die Operation wirksam, betonten die Richter.
Verfahren zurückverwiesen
In beiden Fällen hätten die Ärzte auf das erhöhte Risiko einer Abstoßung der Niere und mögliche mittelbare Folgen der Organentnahme deutlicher hinweisen müssen als geschehen. Den beiden Klägern – einer muss seit der Nierenspende selbst zur Dialyse – wurde Schadenersatz und Schmerzensgeld zugesprochen. Wie viel Geld die beiden Organspender erhalten, musste jeweils das Oberlandesgericht Hamm klären, an die der Bundesgerichtshof die Verfahren zurückverwies.
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Diese Meldung ist erstmals am 27. März 2019 auf test.de erschienen. Sie wurde am 9. Juni 2020 aktualisiert.
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In der Tat: Die unzureichende Aufklärung hatte mit dem Grund für das Scheitern der Transplantation nichts zu tun; wäre die Tochter vor Beginn ihrer Operation nicht genau genug untersucht worden, hätte das unabhängig von der unzureichenden Aufklärung einen Anspruch auf Entschädigung begründet. Bei Transplantationen sind die Vorschriften über die Aufklärung besonders streng. Es wird unterstellt, dass bei korrekter Aufklärung die gesamt Operation unterblieben wäre und ist deshalb in jedem Fall ein Schmerzensgeld zu zahlen, unabhängig davon, was später geschieht. Sogar nach erfolgreicher Transplantation können Patienten Anspruch auf Schmerzensgeld haben, wenn sie nicht korrekt aufgeklärt wurden.
"Doch die Transplantation scheiterte. Als Chirurgen die Transplantation vornehmen wollten, entdeckten sie bei der Tochter ebenfalls Schäden an der Leber [...] Die Ärzte an der Uniklinik haben die Organspenderin nicht genau genug über Chancen und Risiken der Transplantation informiert [...]"
Ich bin verwirrt. Was hat die Aufklärung hier mit bestehenden Schäden bei der Tochter zu tun? Geht es eigentlich darum, dass die Tocher vorher nicht genau genug untersucht wurde, um die Schäden vorher feststellen zu können?