Optiker im Test Große Unterschiede in Qualität und Preis

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Optiker im Test - Große Unterschiede in Qualität und Preis

© Andreas Labes

Nur einer von zwölf Optikern schneidet im Test gut ab. Ob vor Ort oder im Netz gekauft: Wenige Brillen sitzen so, dass Kunden optimal damit sehen.

Optiker im Test Testergebnisse für 12 Augen­optiker 04/2019

Es ist viel los in der Brillen­welt. 2015 testeten wir erst­mals zwei Online-Optiker, damals noch Pioniere. Seither kamen weitere Webshops hinzu. Auch große Ketten drängen ins Digitale, teils verzahnt mit ihrem regulären Geschäft, unter ihnen Branchenriese Apollo. Umge­kehrt haben manche Onlineshops den Boden der analogen Welt betreten und koope­rieren mit Part­nern vor Ort. Ein großer, Mister Spex, gründete zudem eigene „Stores“.

Unser Rat

Die besten Augen­optikerketten im Test sind die beiden Branchenriesen Fielmann und Apollo sowie Matt. Ebenfalls vorn liegen zwei Einzel­optiker. Sie gehören zu einer Vereinigung, die hohe Qualität verspricht. Schluss­lichter sind zwei güns­tige Anbieter, die Brillen ausschließ­lich online verkaufen. Bei komplexen Anforderungen empfehlen wir, einen Augen­optiker im Laden aufzusuchen.

Schwächen im Kern­geschäft

Viele Anbieter bedienen also mehrere Kanäle. Online locken sehr oft güns­tige Preise. Mister Spex etwa wirbt prominent: „Einfach 50 Prozent sparen.“

Im Test decken wir die gesamte Palette ab: von reinen Onlineanbietern über Ketten mit und ohne Webshop bis hin zu zwei Einzel­optikern vor Ort. Für die beiden „Indivi­dualisten“ wählten wir beispielhaft zwei Berliner Mitglieder der Optiker­ver­einigung Ama aus, die Kunden ein „Optimum an Qualität, Beratung und Betreuung“ verspricht.

Bei jedem Anbieter gaben fünf fehlsichtige Kunden Brillen in Auftrag (Startseite graue Box), Gutachter beur­teilten dann die Qualität. Das ist das Herz­stück des Tests, die Bilanz gemischt. Es hapert vor allem beim Anpassen und noch mehr beim Feinjustieren der Brillen, der sogenannten Zentrierung. Um durch die Gläser richtig zu sehen, ist da Präzision gefragt.

Nur einer ist gut

Die mit Abstand größten deutschen Augen­optikerketten Fielmann und Apollo belegen fast gleich­auf vordere Plätze. Mit vorn ist auch Matt, eine weitere Kette. Sieger und der einzig Gute im Test ist Andreas Wittig, einer der beiden Berliner Einzel­optiker. Der zweite, Kindt, verfehlt – wie Fielmann – nur knapp ein gutes Gesamt­urteil. Beide Einzel­optiker aus unserem Test sowie die Optikerkette Matt sind vergleichs­weise teuer.

Die zwei Schluss­lichter sind recht güns­tige Anbieter, die ausschließ­lich online ihre Dienste anbieten: Lens­best und My-Spexx – nicht zu verwechseln mit Mister Spex. „Bei komplizierten Anforderungen wie Gleitsicht empfehlen wir den Gang ins Geschäft“, sagt die Projektleiterin des Tests, Katrin Andruschow.

Klick für Klick zur Brille

Optiker im Test - Große Unterschiede in Qualität und Preis

Webshop. Unsere Projektleiterin Katrin Andruschow hat auch selbst Brillen virtuell anpro­biert. © Brille24, Andreas Labes (M)

Nach Abschluss der Unter­suchung hat Katrin Andruschow für die Fotos im Artikel den Weg zur Brille noch einmal persönlich durch­laufen. Der Kauf vor Ort und im Netz unterscheiden sich sehr. Im Laden können Kunden die Fassungen unmittel­bar auswählen und anpro­bieren. Mitarbeiter helfen ihnen. In Webshops stöbern Kunden allein im Sortiment. Brillen setzen sie virtuell auf, etwa per hoch­geladenem Foto oder Webcam. Teils senden Anbieter Fassungen auch gratis zur Anprobe nach Hause oder in eine Filiale ihrer Kette.

Wer sich zum Onlinekauf entschließt, muss die Werte für die Fehlsichtig­keit am Bild­schirm eintippen. Ermitteln lassen sie sich dort bisher nicht. Sie stehen zum Beispiel im Brillenpass. Er sollte möglichst aktuell sein. Nutzer von Brille24 und Mister Spex können für den Sehtest zu lokalen „Part­ner­optikern“ gehen – sofern sich einer in der Nähe befindet. Keine solche Möglich­keit bieten die reinen Webshops Lens­best und My-Spexx. Dafür zogen wir Punkte beim Kunden­service ab.

Der große Knack­punkt

Onlinekäufer müssen weitere Werte eingeben. Etwa die „Pupillen­distanz“: die Strecke von der Nasenwurzel zur Augen­mitte. Sie ist wichtig für die „Zentrierung“, um Gläser so zu schleifen und auszurichten, dass Träger der Brille optimal hindurch­sehen. Lässt sich der Wert nicht anders beschaffen, rufen viele Webshops zur Bastelstunde. „Ich sollte dann beispiels­weise eine Art Mess­schablone ausdrucken, ausschneiden, an mein Gesicht halten und die Milli­meter ablesen“, sagt eine unserer Teste­rinnen.

Mit professionellen Geräten mithalten kann die Methode nicht. Zudem erfasst sie nur einen horizontalen Wert. Den ebenfalls wichtigen vertikalen können Kunden nicht ermitteln und online auch nicht eintippen.

Aber auch mehrere Vor-Ort-Optiker zentrierten Brillen insgesamt nur ausreichend. Stimmt die Feinjustierung nicht, kann das üble Folgen haben. Kunden sehen möglicher­weise schlecht, verrenken zum Ausgleich unbe­wusst den Hals oder quälen sich mit Kopf- oder Rücken­schmerzen – oft ohne dies der Brille zuzu­ordnen.

„Unerträglich schil­lernder Farbsaum“

Vor allem unser Proband, der eine Lesebrille wollte, erlebte manchen Patzer. Deren Durch­blick­punkt müsste eher nach unten gerichtet sein, passend zur Lesehaltung. Doch die meisten Anbieter zentrierten so, als wolle er gerade­aus ins Weite sehen. „In der Folge musste ich den Nacken zum Lesen unnatürlich nach vorne knicken“, erzählt er. „Teils sah ich unten sogar einen unerträglich schil­lernden Farbsaum.“

Problem Anpassung und Arbeits­platz

Um eine Brille ordentlich zu zentrieren, muss sie richtig sitzen. Dafür ist sie vom Fachmann anzu­passen. Bloß: Bei rein virtuellen Anproben via Internet geht das naturgemäß nicht. „Anbieter fertigen Brillen dann quasi nach Stan­dard­vorgaben, die für unsere Tester längst nicht immer passten“, sagt Projektleiterin Andruschow.

Doch auch die Konkurrenz vor Ort gab sich teils wenig Mühe. Idealer­weise biegt und ruckelt ein Optiker an zwei Terminen an der gewählten Fassung: bevor er die Zentrier­werte ermittelt und wenn der Kunde die fertige Brille abholt. Eine schlecht angepasste kann nicht nur „schräg“ aussehen, sondern auch rutschen oder drücken. Oder eben die Zentrierung ruinieren.

Gut meisterten fast alle geprüften Optiker die Sehtests – sofern sie sie denn anboten. Und die meisten Brillen glichen die Fehlsichtig­keit gut aus. Ein Sonderfall war unser Testmodell „Arbeits­platz­brille“: eine spezielle Art der Gleitsicht­brille, die manche Menschen am Bild­schirm brauchen und die genau auf konkrete Entfernungen im Büro abge­stimmt sein sollte.

Unsere Testerin wollte vor allem am PC scharf sehen, konnte das aber online nicht über­all angeben. Mister Spex liefert ohnehin ausschließ­lich Brillen, die auf den Raum optimiert sind. My-Spexx sandte sogar eine normale Gleitsicht­brille.

Gut gefertigt, teil­weise saftige Preise

Gefertigt waren die meisten Brillen erfreulich gut, auch bei fast allen güns­tigen Anbietern. Viele werben damit, hoch­wertige Gläser zu verkaufen: dünner Kunststoff, gehärtet, super­entspiegelt. Mister Spex beruft sich auf „güns­tige Einkaufs­konditionen und optimierte Arbeits­abläufe“.

Im Test erlebten wir enorme Preis­unterschiede. Bei Einstärkenbrillen etwa reichte die Spanne von 70 Euro beim Schluss­licht My-Spexx bis hin zu 570 Euro bei Matt. Was Brillen kosten, hängt unter anderem auch von empfohlenen Extras bei den Gläsern ab. Kunden können schwer einschätzen, was sich individuell lohnt. Unser Brillenglas-Glossar gibt Hilfe.

Zuschüsse zum Brillenkauf

Unter Umständen beteiligen sich Krankenkassen an den Kosten für Brillengläser, etwa bei Kindern oder einer Fehlsichtig­keit von mehr als sechs Dioptrien bei Erwachsenen. Versicherte brauchen ein Rezept vom Augen­arzt, außerdem müssen sie den Optiker fragen, ob er mit Kassen koope­riert und Brillengläser mit Fest­zuschuss anbietet. Die Kassenbe­teiligung beträgt je nach Bedarf pro Glas etwa 10 bis 110 Euro. Wer speziell bei Bild­schirm­arbeit schlecht sieht, sollte in seiner Firma nach­fragen, ob sie eine Arbeits­platz­brille (mit)finanziert.

Die Wahl einer Brille hängt stark davon ab, wozu jemand sie braucht. Doch viele Vor-Ort-Optiker klopften den Bedarf nicht groß ab. Häufig knauserten sie auch mit Erklärungen, etwa zu Gläsern und Fassungen. Reine Onlinekäufer sind ohnehin auf sich gestellt. Immerhin stehen auf den Webseiten oft Hintergrundinfos. Insgesamt ist die Beratung im Test maximal befriedigend.

Längst nicht jeder Proband bekam einen Brillenpass. Dann sollten Kunden wenigs­tens die Rechnung aufheben. Schon für Garan­tiefragen. Fast alle geprüften Anbieter teilten uns mit, dass sie die Brillen sogar bei Nicht­gefallen zurück­nehmen.

Optiker im Test - Große Unterschiede in Qualität und Preis

Brillenpass. Er enthält unter anderem Daten zur Fehlsichtig­keit. Online-Käufer können sie beim Bestellen nutzen – dann sollten sie möglichst aktuell sein. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser

Nach elf Tagen fertig

Bis die Brillen im Test abhol­bereit oder zugestellt waren, dauerte es im Schnitt elf Tage. Schluss­licht My-Spexx brauchte insgesamt am längsten. Ein Päck­chen von Brille24 ließ sogar knapp sieben Wochen auf sich warten. Bestellt hatte unsere Testerin es mit wenigen Klicks.

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Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

Profilbild Stiftung_Warentest am 31.05.2022 um 12:17 Uhr
Stress mit brillen.de

@testuser254jkl: Vielen Dank für Ihre Anfrage und wir können Ihren Unmut gut nachvollziehen. Leider müssen wir Ihnen gleichzeitig mitteilen, dass wir brillen.de nicht getestet haben.
Grundsätzlich ist es gesetzlich nicht vorgeschrieben, dass Kunden die Ware erst nach Erhalt bezahlen müssen und wir wissen nicht, ob in Ihrem Fall eine Vorauszahlungspflicht wirksam vereinbart wurde. Ist das der Fall, kann das Brillengeschäft von Ihnen verlangen, die Brille zu bezahlen, bevor Sie diese in den Händen halten. Mit der Vorauszahlungspflicht entfällt aber nicht die gesetzliche Verpflichtung der Lieferung einer mangelfreien Brille. Ist die Brille mit einem Sachmangel behaftet, sollten Kunden den Mangel gegenüber dem Händler rügen und diesen zur Nachbesserung auffordern. Viele Brillenhändler bieten an, eine Brille zurückzugeben oder neue Gläser (kostenfrei) anzufertigen, wenn ihre Kunden und Kundinnen damit nicht zurechtkommen.
Leider müssen wir Ihnen auch mitteilen, dass die Stiftung Warentest keine rechtsberatende Funktion hat. Deswegen müssen wir Sie in Ihrem konkreten Anliegen an die Rechtsabteilung Ihrer Verbraucherzentrale als zuständigen Ansprechpartner verweisen. Die Verbraucherzentrale ist zur Rechtsberatung legitimiert. Am Anfang steht aber immer erst die Prüfung der Rechtslage durch die Verbraucherzentrale, die schriftlich, telefonisch oder persönlich angeboten wird. Die Anschriften und Beratungsangebote der Verbraucherzentrale finden Sie unter: www.verbraucherzentrale.de

testuser254jkl am 26.05.2022 um 17:55 Uhr
Stress mit brillen.de

@ Stiftung-Warentest
Beim örtlichen Geschäft von brillen.de wurde um eine ganze Dioptrie geschludert.
Da möchte ich die Rechnung erst bezahlen, wenn die Ware auch in Ordnung ist.
Man verlangt aber, dass der Rechnungsbetrag schon vorher überwiesen wird, gibt ein Limit ein 8und droht Mahnkosten an - und dies auch noch, ohne dass der Abholtermin bekannt gegeben wird.
Das kann doch nicht in Ordnung sein!?
Was ist da zu tun?
Haben Sie mit dieser Firma bereits Erfahrungen gemacht?
Was ist da zu tun.
Vielen Dank im Voraus.

Profilbild Stiftung_Warentest am 16.07.2021 um 07:44 Uhr
Durchblickpunkt Nah

@BellaOnda: Der von Ihnen angesprochene Punkt zielt auf die sogenannte Zentrierung, bei der stets zwei Distanzen gemessen werden müssen: der Abstand zwischen der Nasenwurzel und der Pupillenmitte (Pupillendistanz) und vertikal der Abstand zwischen Pupillenmitte und dem unteren Rand der Brille (die sogenannte Durchblickhöhe). Bei letzterem muss zugleich die Hauptblickrichtung bei der Nutzung der Brille berücksichtigt werden. Bei einer Arbeitsplatz-Gleitsichtbrille ist etwa der Nahbereich wichtiger, die Hauptblickrichtung mit den Pupillen geht also häufiger nach unten und nicht geradeaus wie bei der Fernbrille. Bei einer Gleitsichtbrille, mit der hauptsächlich in die Ferne geschaut, aber gleichzeitig etwa auch Angaben zur Produkten beim Einkaufen gelesen werden müssen, bleibt die Hauptblickrichtung die Ferne. Den unterschiedlichen individuellen Bedürfnissen und Anforderungen kann zusätzlich durch die unterschiedliche Gestaltung der verschiedenen Sehzonen bei Gleitsichtbrillen Rechnung getragen werden.
Auf alle diese Punkte wurde im Test geachtet, für die Zentrierung unter Berücksichtigung der jeweiligen Hauptblickrichtung gab es zudem ein eigenes Gruppenurteil. (KA/SL)

BellaOnda am 15.07.2021 um 15:15 Uhr
Durchblick ?

Warum wird bei Gleitsichtbrillen hier nicht der Sitz des "Durchblickpunktes Nah" betrachtet? Er ist ausschlaggebend für das richtige Sehen mit Gleitsichtbrillen im Nahbereich. Es geht um den Achsabstand der Pupillen zur Nasenachse beim Sehen - und zwar nach unten. Das wird nicht gemessen, weder beim Optiker noch beim Augenarzt, nur der Achsabstand der Pupillen zur Nase beim Geradeaussehen. Folge: eine Gleitsichtbrille ohne individuelle Positionierung des "Durchblickpunktes Nah" ist meist im Nahbereich überhaupt nicht zum Lesen geeignet, es ist eine viel zu teuer bezahlte Fernbrille.

hapelae am 02.05.2021 um 10:50 Uhr
Schwerbehinderter wird bei APOLLO-Optik abgewiesen

Am 21.04.2021 versuchte ich (mit Begleiterin, da ich schwerbehindert/hörgeschädigt bin und Kommunikationshilfe benötige und mit einem Attest, welches uns von der Tragepflicht eines Mund- und Nasenschutzes befreit, diese sichtbar vorzeigend) einen vereinbarten Termin in der Filiale D-06108 Halle, Marktplatz 2 wahrzunehmen, wurde aber mit dem Verweis auf das Hausrecht abgewiesen und die Wahrnehmung des Termins nur mit Mund- und Nasenschutz abhängig gemacht. Dieses Angebot konnte ich nicht akzeptieren.
In Erwiderung meiner Danksagung wurde mir von APOLLO die Wahrnehmung eines Sondertermins angeboten, in wenig frequentierter Zeit. Aber bitte, wie hätte das ablaufen sollen, mit Maske verstehe noch weniger und das gesprochene Wort dürfte ja nun mal zu einer qualitätsgerechten Behandlung gehören.
Auf Leistungen eines solchen Unternehmens kann ich getrost verzichten, ein Optiker in der Nähe erkannte geltendes Recht an und behandelte mich sofort, auch ohne Termin.