
Der niederländische Onlinebroker Degiro wirbt mit sehr niedrigen Orderpreisen um deutsche Kunden. Unsere Börsenexperten haben sich das Angebot angeschaut – und neben offensichtlichen Vorteilen auch ein paar Haken entdeckt. Der Schnelltest zeigt, welche das sind – und ob sich das Wertpapierdepot auch für Normalanleger lohnt.
Nur Xetra oder Frankfurt
Wertpapierorders über das Xetra-System kosten bei Degiro pauschal 2 Euro, zuzüglich 0,008 Prozent des Orderbetrages, höchstens 30 Euro. Der elektronische Xetra-Handel hat in Deutschland mit Abstand die höchsten Umsätze. Auch der Kauf an ausländischen Börsen ist günstig. Allerdings gibt es bei Degiro keinen Handel an deutschen Regionalbörsen außer in Frankfurt.
Zwei Depotvarianten: Mit oder ohne Wertpapierleihe
Anleger können zwischen zwei Depotvarianten wählen: Im Profil „Standard“ geben sie dem Anbieter die Erlaubnis zum Verleihen der im Depot verbindlichen Wertpapiere, im Profil „Custody“ ist die Wertpapierleihe nicht gestattet. In beiden Varianten können Aktien, ETF und Anleihen gehandelt werden – Zertifikate, Optionen und Futures dagegen nur im Standarddepot. Außerdem müssen Kunden im „Custody“-Profil bestimmte Dienstleistungen wie die Einbuchung von Dividenden extra bezahlen.
Geldmarktfonds statt Verrechnungskonto, Überweisung statt Postident
Anders als bei gewöhnlichen Wertpapierdepots gibt es bei Degiro kein Verrechnungskonto. Stattdessen werden nicht investierte Beträge in einem Geldmarktfonds geparkt. Anleger können das Konto sehr schnell per Direktüberweisung eröffnen und kurze Zeit später nutzen. Sie müssen sich nicht wie bei deutschen Direktbanken per Postident- oder Videoidentverfahren legitimieren und dann auf die postalische Zusendung der Eröffnungsunterlagen warten.
Sehr niedrige Orderpreise im Xetra-Handel
Der Handel mit Wertpapieren ist im Xetra-Handel über Degiro deutlich billiger als bei allen Anbietern aus unserem letzten Depottest. Das ist vor allem für sogenannte Heavy Trader attraktiv, die mitunter täglich Dutzende von Transaktionen ausführen. An der Parkettbörse in Frankfurt ist das Preisniveau allerdings weitaus höher: Zur Pauschale von 7,50 Euro pro Order kommen 0,08 Prozent des Volumens hinzu.
Teilweise hohe Extrakosten
Beim Depotübertrag von und zu Degiro kostet jeder Posten 10 Euro. Bei deutschen Banken sind dagegen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs Kosten für den Übertrag von Wertpapieren unzulässig (Az.: BGH XI ZR 200/03 und XI ZR 49/04). Ungewöhnlich hoch sind bei Degiro die Gebühren für bestimmte Dienstleistungen. Zum Beispiel verlangt der niederländische Broker für die Anmeldung zur Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft 100 Euro plus zusätzlich entstandene Kosten.
Fazit: Eher was für Heavy Trader als für Durchschnittsanleger
Bei Degiro handelt es sich um einen reinen Finanzdienstleister ohne Banklizenz. Mit herkömmlichen Direktbanken ist das Unternehmen nicht vergleichbar. Anleger, die nicht zu den Heavy Tradern zählen, sondern nur ab und zu Wertpapiere oder Fonds handeln, sind bei Degiro an der falschen Adresse. Sie sparen zwar bei den Transaktionen, haben aber an anderer Stelle Nachteile. So wird ihre Steuererklärung komplizierter, da sie sich um die Versteuerung von Dividenden und Kursgewinnen selbst kümmern müssen. Der Verzicht auf ein Verrechnungskonto ist zumindest gewöhnungsbedürftig.
Tipp: Bewertungen der Finanztest-Experten zu rund 6 000 Fonds und ETF zeigt unser großer Fondsvergleich.