
Kostenlos im Internet von Uni-Professoren lernen? „Massive Open Online Courses“, kurz Moocs, machen´s möglich. Tausende Menschen weltweit bilden sich bereits in diesen Onlinevorlesungen weiter. Der Trend aus den USA findet auch hierzulande Nachahmer. test.de erklärt, was die Kurse leisten – und was nicht. Haben Sie bereits Erfahrungen mit Moocs? Dann freuen wir uns, wenn Sie an unserer aktuellen Umfrage zum Thema teilnehmen!
Zum Nulltarif und offen für jeden
Moocs (sprich: muhks) sind Kurse auf akademischem Niveau, die ausschließlich online ablaufen. Oft handelt es sich dabei um Videoaufzeichnungen von Vorlesungen, die teilweise durch weiterführende Literatur und Diskussionsforen ergänzt werden. Moocs sind in der Regel kostenlos und stehen jedem Interessierten offen – ob Berufstätiger, Arbeitsloser, Studierender, Schüler oder Rentner. Das Abitur muss hier keiner nachweisen.
Umfrage zu Moocs: test.de hat Nutzer gefragt, warum sie an Moocs teilnehmen und was sie von den Onlinekursen halten. Ergebnis: Die meisten wollen ihren persönlichen Horizont erweitern und finden die Lernform gut. Zu den Umfrage-Ergebnissen
Schnelle und unkomplizierte Anmeldung
Alles, was man für die Teilnahme benötigt, ist ein Internetanschluss. Und die „Immatrikulation“ etwa bei Iversity ist ein Kinderspiel: Schnell sind die eigene E-Mail-Adresse, Vor- und Nachname in das Online-Formular getippt, jetzt noch ein Passwort ausgedacht – und schon ist man registriert auf der deutschen Plattform für Massive Open Online Courses. Über sie bieten seit Oktober 2013 Hochschulen und Wissenschaftler Lehrveranstaltungen via Internet an.
Von Anatomie bis Wahrscheinlichkeitsrechnung
Auf Iversity finden sich zurzeit 27 Moocs zu verschiedensten Themen: von „Anatomie interaktiv“ über „Grundlagen des Marketing“ bis hin zur „Einführung in die Wahrscheinlichkeitsrechnung“. Die Anbieter sind Hochschulen. Die Lehrenden sind Professoren und Wissenschaftler aus Europa und den USA. Nicht immer ist die Unterrichtssprache Deutsch. Viele Kurse finden auf Englisch statt. Zurzeit lernen 320 000 Nutzer auf Iversity.
Junge Lernform mit rasanter Entwicklung
Moocs sind ein relativ junges Phänomen, der Trend kommt aus den USA. Vorläufer von Iversity sind amerikanische Mooc-Plattformen wie Udacity, Coursera, und edX, die allesamt in den vergangenen zwei Jahren als Ausgründungen renommierter amerikanischer Elite-Universitäten wie Stanford oder Harvard entstanden sind Mooc-Plattformen – eine Auswahl. Im Horizon Report, einer wichtigen Trendstudie zum technisch gestützten Lernen heißt es, Moocs hätten sich so schnell wie noch kaum eine Technologie in den Bildungsbereich eingefügt. Die Plattform Coursera etwa, gegründet 2012, hat heute knapp 600 Kurse im Programm und mehr als sechs Millionen Teilnehmer.
Auf Wunsch gibt es eine Teilnahmebescheinigung
Moocs haben in der Regel feste Start- und Endtermine, dauern mehrere Wochen und folgen einem starren Stundenplan. Häufig startet wöchentlich ein neues Kapitel, das in der Regel aus mehreren kurzen Video-Vorträgen besteht. Dazu gibt es teilweise ergänzende Lektüre sowie Foren für den Austausch mit anderen Teilnehmern. Manchmal kommen auch Tests wie Multiple-Choice-Aufgaben hinzu, die Wissen aus den Vorlesungsmitschnitten abfragen – oder Live-Unterricht in virtuellen Klassenzimmern. Mitmachen lässt sich meist auch dann noch, wenn der Kurs längst begonnen hat. Wer allerdings auf eine Teilnahmebescheinigung oder ein Zertifikat aus ist, muss sich in der Regel an Fristen für die Abgabe von Hausaufgaben oder Prüfungstermine halten. Die könnten bei einem späteren Einstieg schon verstrichen sein. Bei der deutschen Plattform Iversity kostet die Ausstellung von Zertifikaten bislang nichts. Andere Mooc-Anbieter wie edX hingegen lassen sich diese Leistung bezahlen.
Mehr als gefilmte Vorlesungen?
Der Hype um die Moocs ist groß. Doch mischt sich auch Kritik in die Euphorie. „Moocs sind weder moderne Lehre, noch folgen sie einem aktuellen lerntheoretischen Ansatz“, resümiert Rolf Schulmeister, Pädagogikprofessor der Universität Hamburg. „Sie sind didaktisch antiquiert und sie sind nicht einmal gutes E-Learning.“ In der Tat: Wer im Mooc lernt, ist beim Lernen weitgehend auf sich gestellt. Mit individueller Betreuung und Feedback durch die Lehrkräfte ist angesichts tausender Mitstreiter nicht zu rechnen. Auch Unterstützung durch Tutoren fehlt in der Regel. Hinzu kommt, dass sich die Lehrenden in die Diskussionsforen meist nicht einmischen. Fragen müssen die Nutzer unter sich klären. Das ist nicht jedermanns Sache. Wegen hoher Abbruchquoten hat die Plattform Udacity kürzlich Mentoren eingeführt, die Lernenden persönliches Feedback geben sollen. Diesen Service lassen sich die Betreiber allerdings bezahlen.
Viele unsichtbare Teilnehmer
Kritisch gesehen wird auch die Passivität des Lernens, die das Format mit didaktischem Schwerpunkt auf Webvideos mit sich bringt. Zwar kann jeder Mooc-Nutzer aktiv in Foren und Blogs mitdiskutieren. Dann wird das Lernen auch effektiv. Doch die Zahl der stummen, unsichtbaren Teilnehmer übersteigt die der aktiven deutlich.
Weit entfernt von der Urform
Mit der ursprünglichen Idee von Moocs haben die Onlinekurse von Iversity, Coursera und Co. nur noch wenig zu tun. Anstatt auf mehr oder weniger passives Konsumieren von gefilmten Vorlesungen – didaktisch eigentlich nichts Neues – setzt die Urform auf soziales Lernen und Austausch. Das heißt: Die Teilnehmer erarbeiten die Inhalte gemeinsam, und zwar ohne Dozenten und zentral bereit gestelltes Lehrmaterial. Die Devise lautet: Interaktion statt Instruktion (siehe Zwei Arten von Moocs).
Moocs ersetzen kein Studium
Moocs ersetzen weder ein Hochschulstudium, noch lässt sich mit ihnen ein universitärer Abschluss erwerben – momentan jedenfalls noch nicht. Bei Iversity können Nutzer aber zumindest in drei von 27 Kursen so genannte Creditpoints nach ECTS (European Credit Transfer and Accumulation System) erwerben. Diese Leistungspunkte lassen sich auf ein Studium anrechnen. Und es gibt einen grundsätzlichen Nutzen: Mit Moocs erhalten unbegrenzt viele Menschen kostenlosen Zugang zu Bildung – und zwar unabhängig von Alter, Bildungsstand und finanziellem Status. Wer Einblick in neue Wissensgebiete bekommen möchte und auf anerkannte Zertifikate verzichten kann, sollte das Experiment Mooc ruhig wagen.
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In einer kürzlich veröffentlichten Stellenausschreibung des Auswärtigen Amtes heißt es unter 'Aufforderungen u.a. "gute Kenntnisse, idealerweise Anwendungskenntnisse im Zusammenhang mit Data Science oder Datenbanken (Nachweis z.B. über Online-Kurse wie Coursera Specializations, Stanford Lagunita, Open HPI o.ä.)". Kennt jemand weitere Beispiele, wo MOOCs anerkannt werden?
@ReiDi: Fortbildungskosten können Arbeitnehmer grundsätzlich in der Steuererklärung als Werbungskosten geltend machen. Zu den absetzbaren Kosten zählen unter anderem Kurs- und Prüfungsgebühren, Fachliteratur sowie Porto und Gebühren im Zusammenhang mit der Erstellung von Zeugnissen und Zertifikaten. Alle Kosten müssen durch geeignete Belege nachgewiesen sein und einen Bezug zur Berufstätigkeit haben. Das heißt, die Veranstaltung muss darauf gerichtet sein, in Zukunft steuerbare Einkünfte zu erzielen. Detaillierte Informationen enthält unser Finanztest Spezial „Steuern 2017“. (PH)
https://www.test.de/shop/steuern-recht/finanztest-spezial-steuern-2017-fs0075/
Interessant wäre es zu erfahren, ob die Kosten für ein Zertifikate über die Teilnahme an einem MOOC als Werbungskosten durch das Finanzamt anerkannt werden (sofern ein beruflicher Bezug erkennbar ist).
Gibt es hierzu Erfahrungen?
@Manuel-Feldmann: Keine Frage, dass Arbeitgeber Weiterbildungen per Mooc schätzen. Moocs sind eine gute Möglichkeit, um sich neue Wissensgebiete zu erschließen und können einen durchaus beruflich weiterbringen. Der Begriff Anerkennung bezieht sich hier aber nicht auf Wertschätzung oder Akzeptanz, sondern auf formal geregelte Verfahren zur Anerkennung von Zertifikaten oder Abschlüssen. Mit „anerkannten“ Zertifikaten sind in unserem Artikel Abschlussdokumente staatlicher oder staatlich anerkannter Universitäten oder auch öffentlich-rechtlicher Stellen wie den Handwerks- und Industrie- und Handelskammern gemeint. Manch einer muss für sein berufliches Fortkommen einen solchen Abschluss vorweisen können. Weiterbildungen per Mooc ersetzen unseres Wissens aber bislang weder ein Hochschulstudium noch eine bundeseinheitlich geregelte Weiterbildung mit Abschluss vor einer Kammer. (AK)
Warum schreiben Sie, Zertifikate seine nicht anerkannt? Im Ausland arbeiten große Global-Player bereits mit MOOC zusammen und picken sich gute Absolventen raus. Anbieter wie ALISON sind mit dem UNESCO und dem WISE AWARD ausgezeichnet worden.
UND: Seit wann ist eine professionelle Weiterbildung durch eine populäre Universität oder eine große Firma nicht anerkannt?
Bitte empirisch mit Daten belegen oder Aussage korrigieren!