Filme wie Musik aus dem Internet laden – das klingt verlockend. Überzeugen kann die Konkurrenz zum Videoverleih um die Ecke noch nicht.
Das Fernsehprogramm ist mal wieder lausig und Regenwetter vermiest den Gang zur Videothek. Videoabruf übers Internet könnte den Abend retten. Bequem zuhause auf dem Sofa auswählen, genießen, ohne einen Fuß vor die Tür zu setzen – die Idee hat was.
Lizenz für 48 Stunden
Das Zauberwort heißt Video on Demand (VoD, Video auf Abruf) und ist vergleichbar mit dem Herunterladen von Musik. Durch die größere Datenmenge eines Films dauert der Download länger. Außerdem sind die Anbieter dieser neuen Art Online-Videothek weder so gut sortiert noch so preiswert wie Musikdienste. Filme werden überwiegend geliehen. Sie stehen beim Einzelabruf meist für 48 Stunden zum Ansehen zur Verfügung. Danach erlischt die Lizenz – Rückgabe überflüssig. Der Onlineverkauf ist die Ausnahme. Käufer erhalten eine zeitlich unbegrenzte Lizenz zum Filmgucken – als Datenpaket auf der Festplatte oder für erneute Abrufe aus dem Internet.
Wer ein Smart-TV besitzt, kann Videos übers Fernsehgerät laden. Smart-TVs haben einen eingebauten Zugang zu einigen Online-Videotheken. Eine weitere Technik zum Videoabruf setzt auf Settop-Boxen wie Apple-TV, auf internetfähige Blu-ray-Spieler oder Spielekonsolen.
Eine Hürde ist der Internetzugang. In Gegenden mit langsamen DSL-Verbindungen nerven Ladezeiten bis zu einigen Stunden und Bildruckler. In Großstädten ist der Internetanschluss meist schnell genug.
Eine zweite Hürde ist die Internetverbindung ins Wohnzimmer, zu Fernseher, Settop-Box oder Computer. Das geht entweder per Netzwerkkabel oder per WLan-Funk. Steht die Internetverbindung, kann es mit einem Smart-TV sofort losgehen. Übernimmt der PC oder eine Settop-Box den Filmabruf, wird das Gerät per HDMI-Kabel an den Fernseher angeschlossen.
Qualität zum Weggucken
Wir probierten neun Anbieter für Videoabruf aus. Erste Erkenntnis: So einfach wie eine DVD oder Blu-ray-Disc (BD) abspielen klappt der Videoabruf lange noch nicht. Als Nächstes stolperten wir über die Bildqualität. Unser Testanschluss verfügte über eine Bandbreite von 50 Megabit pro Sekunde (VDSL 50). Bereits mit einem Drittel davon, etwa 17 Megabit, wird die Bild- und Tonqualität einer Blu-ray erreicht. Trotz ausreichender Bandbreite sahen wir gerade mal bei drei Online-Videotheken ein sehr gutes Bild. Doch selbst bei ihnen wirkt kein heruntergeladenes Video bis ins letzte Detail so brillant wie von der Blu-ray-Disc.
Die Filme bei Lovefilm sind sogar ausgesprochen zum Weggucken: detailarmes Material mit unsauberen Kanten und grob verpixelten Bildern (Fachjargon: Blur-Effekt). Selbst DVDs machen mehr her, von einer Blu-ray-Disc ganz zu schweigen. Immerhin: Wer bei Lovefilm ordert, kann den Film parallel zum Abruf auch auf DVD oder BD ausleihen. Die Scheibe kommt per Post.
Lücken im Repertoire
Vor dem Filmgenuss steht die Auswahl. Auch in diesem Punkt wurden die Tester nicht verwöhnt. Werbung wie „Ihr Kino zu Hause“ (Acetrax Movies) oder „Wir haben, was Du sehen möchtest“ (Sony) entpuppt sich als Absichtserklärung. Wir haben das Repertoire der neun Anbieter im Test nach je 100 Kinofilmen und TV-Serien durchforstet, davon zwei Drittel Klassiker und ein Drittel aktuelle Hits.
Wer zum Beispiel nach Blockbustern wie Star Wars, Zurück in die Zukunft, nach Pulp Fiction oder Toy Story 3 sucht, wird nur in Ausnahmefällen fündig, Gleiches gilt für Serienhits wie Raumschiff Enterprise, Akte X, Mad Men oder Türkisch für Anfänger. Lovefilm bietet mehr als tausend Titel, doch kaum einen aus unserer Wunschliste zum Abruf an. Apples iTunes-Angebot schnitt mit knapp drei Viertel der gesuchten Filme am besten ab. Serien gibts hier ausschließlich zum Kauf, wir fanden 55 der 100 Titel.
Für das knappe Angebot ist die übliche Auswertereihenfolge im Filmgeschäft verantwortlich. Erst kommt der Film in die Kinos, dann erhalten Anbieter des kostenpflichtigen Videoabrufs für wenige Monate eine Lizenz zum Verleihen – bis der Film im Bezahlfernsehen startet.
Saftige Preise trotz Magerkost
Auf Blu-ray-Disc und DVD gibt es alternative Sprachfassungen und Untertitel, Bonusmaterial wie entfallene Szenen und Interviews. Das fehlt den Abrufvideos häufig. Billiger ist das Onlineangebot deshalb nicht. Bei der Videothek um die Ecke kostet eine Ausleihe deutschlandweit im Durchschnitt 2,56 Euro. Der Videoabruf startet bei 99 Cent. Aktuelle Filme in HD-Qualität sind drastisch teurer. Sie kosten im Videoabruf bis zu 6,09 Euro.
Titelsuche hakelig
Es mangelt auch an Bedienkomfort. Wer nach einem Film stöbert, muss den Suchbegriff Buchstabe für Buchstabe eingeben – meist mittels der Fernbedienung. Das geht am Computer einfacher. Hakelig sind selbst einfache Übungen wie das Vor- und Zurückspulen und der Kapitelsprung. Bei Acetrax Movies und videociety erfährt der Zuschauer nicht, welche Szene gerade geladen wird. Apple verkleinert das Bildfenster, der Zuschauer behält aber den Überblick.
Nicht auf dem rechten Weg
Eine herbe Enttäuschung erlebten wir mit den allgemeinen Geschäftsbedingungen von Apple iTunes, Lovefilm und Sony. Mit mehr als 20 Verstößen gegen gesetzliche Regeln stellt Sony einen Negativrekord auf. Meist wird nicht klar, was geregelt wird – im Zweifel erfährt der Kunde das erst, wenn er vom Dienst ausgesperrt wird.
Ungenügend ist auch der Jugendschutz. Acetrax Movies will ein Altersverifikationssystem einführen und bis dahin keine Filme ab 18 einstellen. Doch die sind schon heute ohne Nachfrage abrufbar. Blamabel: Apple, Microsoft und Sony sichern den Jugendschutz so lax, dass ihn wohl schon Sechsjährige aushebeln können.