
© Lisa Rock
Wer schnell juristische Hilfe braucht, kann bei einfachen Fällen Online-Rechtsberatung nutzen. Dort gibts Rat gegen Honorar.
Ein Bußgeldbescheid von der Straßenverkehrsbehörde, der Clinch mit dem Vermieter oder falsche Gebühren auf der Telefonrechnung: Wer ein rechtliches Problem hat, möchte schnell eine Lösung, Deshalb führt der erste Weg meist nicht in die Anwaltskanzlei um die Ecke, sondern ins Internet: Erst mal googeln, wer im Recht ist.
Rechtsberatungsportale im Netz bieten mehr: Internetnutzer finden hier schnellen individuellen Rechtsrat. Sie stellen eine Frage und diese wird an einen der vielen Anwälte weitergeleitet, die auf dem Portal beraten. Er klärt den Sachverhalt gegen Honorar. Wir haben die sieben besucherstärksten Portale untersucht. Dafür haben wir uns fünf Rechtsfragen überlegt und im September 2017 auf den Internetseiten eingegeben (Testfälle). In vier von fünf Testfällen erhielten wir überwiegend richtigen und hilfreichen Rat. In einem Fall aus dem Verkehrsrecht lag nur ein Anwalt ganz richtig. Außerdem haben fünf Tester ausprobiert, wie nutzerfreundlich die Portale sind. Die Datensicherheit haben wir technisch prüfen lassen und die allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzerklärungen juristisch.
Erste Hilfe bei Rechtsproblemen
Unser Fazit: Rechtsberatungsportale eignen sich eher für einfach gelagerte Fälle. Anwälte können online zum Beispiel eine erste Einschätzung geben, ob es sinnvoll ist, sich gegen eine Forderung zu wehren oder sie besser gleich zu bezahlen, weil sonst Mehrkosten entstehen.
Eine ausführliche persönliche Beratung vor Ort kann eine Onlineberatung jedoch kaum ersetzen. Und: Sie kann nur so gut sein, wie die Frage formuliert ist. Drückt sich der Ratsuchende nicht deutlich aus oder lässt wichtige Informationen weg, kommt der Anwalt möglicherweise zu einer falschen oder unvollständigen Antwort.
Bei komplizierteren Sachverhalten müssen Anwälte oft Dokumente sichten, um sich ein Bild machen zu können. Auf den Portalen Frag-einen-anwalt.de, YourXpert und Advocado können Nutzer Dateien für den Anwalt hochladen, damit sie ihm sofort vorliegen.
Unser Rat
Rechtsfrage. Haben Sie ein juristisches Problem, versuchen Sie im Internet herauszufinden, welche Regeln aktuell gelten und wie Gerichte entscheiden. Ergibt sich kein eindeutiges Bild, kann Onlineberatung sinnvoll sein, wenn entweder keine Dokumente nötig sind oder Sie diese hochladen können.
Anwaltsportale. Unseren Testern gefielen die Informationen auf den Seiten von Juraforum am besten, Advocado und Deutsche Anwaltshotline erschienen ihnen am übersichtlichsten (Tabelle Internetportale für Online-Rechtsberatung). Alle Portale enttäuschen beim Datenschutz: Sie liefern reichlich Daten an Google und Co, die Deutsche Anwaltshotline noch am wenigsten.
Schnell und rund um die Uhr
Der Ablauf der Online-Rechtsberatung ist überall gleich unkompliziert: Frage stellen, Preis festlegen, abwarten, Rechtsrat erhalten. Das geht 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche. Wie schnell ein Berater aus dem Pool von Anwälten sich des Problems annimmt und es abschließend bearbeitet, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Ausschlaggebend dafür ist etwa, ob der Berater noch Rückfragen zum geschilderten Sachverhalt hat.
Viele Portale haben außerdem Beratungsangebote zum Festpreis. Privatpersonen können etwa bei Advocado für 199 Euro ihr Testament prüfen lassen, Unternehmen für 299 Euro einen Arbeitsvertrag erstellen lassen.
Kunden machen Preise
Auf einigen Portalen bestimmen Nutzer selbst, wie viel ihnen die Antwort wert ist. Was auf den ersten Blick kundenfreundlich erscheint, hat in der Praxis seine Tücken. Laien sind in der Regel nicht fit im komplizierten Gebührenrecht und können nur schwer einschätzen, welche Vergütung für anwaltlichen Rat üblich ist.
So viel kosten Anwälte
So viel Mindesthonorar gibt das Gesetz in unseren Testfällen vor. Online-Rechtsberatung entspricht am ehesten einer Erstberatung.
Leistung |
Preis (Euro) |
Erstberatung (in allen Fällen) |
0 bis 226 |
Fall 1: Verteidigung gegen 80 Euro Buße |
|
Außergerichtlich |
Rund 1201 |
Gerichtlich (mit Termin) |
|
Fall 2: Streit um 120 Euro Telefongebühren |
|
Außergerichtlich |
84 |
Einigung |
89 zusätzlich |
Gerichtlich (mit Termin) |
158 |
Fall 3: Streit um Erstattung von 180 Euro Kaufpreis |
|
Außergerichtlich |
84 |
Einigung |
89 zusätzlich |
Gerichtlich (mit Termin) |
158 |
Fall 4: Streit um 1 300 Euro Mietnachzahlung |
|
Außergerichtlich |
202 |
Einigung |
205 zusätzlich |
Gerichtlich (mit Termin) |
366 |
Fall 5: Kündigungsschutzklage bei 3 000 Euro Bruttogehalt |
|
Gerichtlich (mit Termin) |
1 532 |
Einigung |
603 zusätzlich |
- 1
- Ohne Verhandlungstermin bei mäßiger Schwierigkeit. Gebührenrahmen 86 bis 587 Euro.
- 2
- Kurzer Verhandlungstermin bei mäßiger Schwierigkeit. Gebührenrahmen 171 bis 936 Euro.
Einige Beratungsseiten helfen mit einem Schieberegler, mit dem sich Dringlichkeit und Detailtiefe der erwarteten Antwort einstellen lassen. In unserem Praxistest bekamen alle Tester Rechtsrat für den von ihnen selbst festgelegten Preis. Der höchste lag bei 85 Euro.
Anders zum Beispiel auf Advocado, wo Anwälte Preisvorschläge machen: Dort war die Beratung meist teurer und überschritt die 100-Euro-Grenze.
Wer sich für ein solches Portal entscheidet, muss das Angebot des Rechtsanwalts allerdings nicht sofort annehmen. Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz erlaubt Mandanten, das Anwaltshonorar auszuhandeln. Das gilt sowohl für klassische Rechtsberatung in der Kanzlei als auch für Onlinerat. Und: Anwälte können eine kostenlose Erstberatung anbieten.
Berechnet ein Anwalt die Erstberatung jedoch und wird er im Anschluss daran beauftragt, rechnet er die Erstberatungsgebühr auf sein Honorar an. Da ist Online-Rechtsberatung im Nachteil: Wer danach zu einem anderen Anwalt geht, kann den online bezahlten Betrag nicht anrechnen lassen.
Anwälte allein verantwortlich
Klar ist: Ein Jurist kann nicht alles wissen. Das deutsche Recht füllt ganze Bibliotheken. Nichtsdestotrotz sollte ein Rechtsanwalt seinen Beruf stets sorgfältig und zuverlässig ausüben. Tut er dies nicht, muss er in voller Höhe für den Schaden, der dem Mandanten dadurch entstanden ist, aufkommen. Für diese Fälle müssen sich Anwälte sogar versichern. Nichts anderes gilt auch für Juristen, die auf Internetportalen beraten. Nicht das einzelne Portal ist bei falscher Beratung der Ansprechpartner, sondern der Rechtsanwalt.
Gibt es dennoch Beschwerden, reagieren die Betreiber unterschiedlich: Deutsche Anwaltshotline und YourXpert etwa gewähren im Einzelfall eine kostenfreie Zweitmeinung eines anderen Anwalts. JustAnswer und Advocado werben mit einer Zufriedenheitsgarantie. Das heißt: Geld zurück bei schlechter Beratung.
Portale fallen beim Datenschutz durch
In Rechtsfragen geht es meist um äußerst sensible Daten. Nutzer müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie diese nicht nur dem beratenden Anwalt anvertrauen, sondern auch dem Internetportal. Das zeigt unser Test.
Der Datenschutz hat uns enttäuscht. Alle Portale verwenden Tracking-Dienste. Sie sammeln Informationen über den Besucher, etwa seine Verweildauer, das Betriebssystem seines Computers oder seinen Standort (Google ist dabei).
Besonders negativ fiel uns Juraforum auf. Die Internetseite hatte eine Sicherheitslücke, die Datendiebe zu Angriffen einlädt. Wir haben den Anbieter informiert. Inzwischen hat er das Leck repariert.
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- Das Internetportal Mieterengel.de vermittelt Anwälte zur Rechtsberatung und bietet Rechtsschutz. Die Stiftung Warentest hat das Angebot unter die Lupe genommen.
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- Wird Ihnen Leid zugefügt, haben Sie Anspruch auf Schmerzensgeld. Wir erklären, was hinter dem Begriff steckt und wie Sie Ihren Anspruch geltend machen.
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- Der Versicherer Roland bewirbt seinen „LawGuide“ (99 Euro jährlich) als preiswertere Alternative zur klassischen Rechtsschutzversicherung. Zielgruppe: junge Leute....
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Ich finde, es wäre an der Zeit, diese Online-Beratungsportale wieder unter die Lupe zu nehmen, um die Bewertungen zu aktualisieren.
Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Verstoß gg. Netiquette (unbewiesene Behauptungen)
Wenn ein Server fremde Script-Befehle akzeptiert und sich umfangreicher Code aus einer fremden Quelle nachladen lässt, ermöglicht das sehr mächtige Angriffe auf den betreffenden Server. Aus rechtlichen Gründen verbieten sich solche mächtigen Angriffe für uns. Wir können deshalb nicht sagen, ob tatsächlich heikle Daten in Gefahr waren oder nicht; es ist theoretisch nicht ausgeschlossen, dass der Juraforum-Server auch mächtigen Versuchen, unberechtigt auf heikle Daten zuzugreifen widerstanden hätte. Dass schon Cross-Site-Scripting als solches nicht möglich sein darf, ist allerdings unbestritten.
Test.de sagt: schwere Sicherheitslücke.
juraforum.de sagt: "theoretisches Sicherheitsrisiko, das sich nach Überprüfung durch die von Stiftung Warentest genutzte OWASP Suite jedoch nur als sehr gering zeigte"
Wie passt das denn zusammen?
Sie finden hier jetzt unsere aktuelle Untersuchung von Anwaltsportalen mit Online-Rechtsberatung. Die bisherigen Kommentare beziehen sich auf die Vorgänger-Untersuchung.