Geruch und Geschmack sowie Preis und Etikett liefern Hinweise auf die Qualität. Hier lesen Sie, worauf zu achten ist. Im Interview erklärt Olivenöl-Tester Dieter Oberg, wann ein Öl wirklich „nativ extra“ ist.
Olivenöl im Test
Testergebnisse für 27 Native Olivenöle extra 11/2021
Eins vorweg: Ob ein natives Olivenöl extra mit einem minderwertigen Öl oder mit Öl anderer Ölsorten verfälscht wurde, können nur Labore aufdecken. Im aktuellen Test (2021) war das kein Thema. Auch kritische Schadstoffbelastungen sind für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht erkennbar. Doch wer Nase und Gaumen schult, kann geschmacklich gute Öle von schlechten unterscheiden und Vorlieben entdecken.
Nützliches Etikett. Einige Angaben, etwa zur Güteklasse, sind verpflichtend. Kein Muss, aber interessant ist das Erntejahr. So haben frische Öle eine stärkere Bitterkeit und Schärfe. Ebenfalls freiwillig sind Details zur Ernte – zum Beispiel welche Olivensorten verwendet wurden, ob handgepflückt wurde oder das Öl gefiltert ist. All das kann die Qualität beeinflussen. Ungefilterte Öle etwa sind nur kurz haltbar.
Teurer Top-Geschmack. Wer besondere Noten frischen Olivenöls sucht, sollte etwas mehr Geld ausgeben. In unseren Tests seit 2016 haben wir 132 Olivenöle geprüft. 12 davon waren sensorisch sehr gut: Das günstigste kostete 16 Euro pro Liter, im Schnitt waren es mehr als 30 Euro. Aber: Ein hoher Preis ist kein Garant für gute Qualität. Ein teures Öl im aktuellen Test ist mangelhaft.
So verkosten Sie Olivenöl selbst
Aromatisch und ausdrucksstark? Auch bitter und scharf? Oder etwa ranzig? Dem Geruch und Geschmack von Olivenöl auf die Spur zu kommen, macht Spaß! Hier lesen Sie, wie Sie am besten vorgehen, wenn Sie Olivenöl selbst verkosten möchten.
Verkosten in drei Schritten
Laden Sie doch Freunde ein und lassen jeden ein Öl mitbringen. Vergleichen Sie am besten verschiedene Öle – solche aus nur einem Land mit preiswerten Mischungen.
Profis verkosten Olivenöl aus farbigen Gläsern, damit die Farbe des Öls sie nicht in ihrem Urteil beeinflusst – die Farbe sagt nichts über die Qualität des Öls aus. Für den Test zu Hause tun es auch Grappa- oder Weingläser. Das Glas vor dem Probieren abdecken und mit den Händen erwärmen. Flüchtige Aromakomponenten sammeln sich oben im Glas.
Wie intensiv riecht es und wonach? Bei der Geruchsprobe geht es um die Fruchtigkeit. Je nach Olivensorte und Erntezeit duftet Olivenöl grün-fruchtig oder süßlich-reif. Ein gutes Olivenöl sollte möglichst intensiv und harmonisch riechen.
Ganz wichtig: Bitterkeit und Schärfe sind bei Olivenöl keine Fehler, sondern Zeichen von Frische. Sie lassen mit der Lagerzeit nach. Die begleitenden Geschmacksnuancen sind vielfältig in Art und Intensität, sie reichen von Artischocke oder grünem Apfel bis zu roten Beeren oder reifer Banane. Ein gutes Öl sollte ausgewogen sein, bittere oder scharfe Eindrücke sollten fruchtige Noten nicht überlagern. Neutralisieren Sie beim Verkosten zwischen zwei Ölen Ihren Gaumen mit Wasser, Brot oder Apfelschnitzen.
Er hat das Gespür, Unterschiede im Geruch und Geschmack von Olivenölen herauszufinden. Ein Interview mit Dieter Oberg, einem der erfahrensten deutschen Olivenöl-Tester. Für das Deutsche Olivenöl Panel verkostet er hunderte Olivenöle im Jahr.
Wann ein Öl wirklich „nativ extra“ ist
Seine Liebe für Olivenöl beginnt früh: Mit Mitte 20 besucht Dieter Oberg als Reiseleiter traditionelle Ölmühlen. Ende der 1980er Jahre widmet er sich dem Olivenöl ganz. Im Auftrag der EU macht er als Marketingexperte das flüssige Gold in Deutschland bekannter. 1999 initiiert er die Gründung des Deutschen Olivenöl Panels, das er bis 2015 leitet. Es besteht aus 20 ausgebildeten Olivenöl-Verkostern. Es ist offiziell zugelassen und vom Internationalen Olivenölrat akkreditiert. Nur solche spezialisierten Verkostergruppen mit geschulten, trainierten Prüfpersonen dürfen Olivenöl der höchsten Güteklasse sensorisch beurteilen. Sie bewerten, ob ein Öl wirklich „nativ extra“ ist und erschmecken zum Beispiel, wie intensiv fruchtig, bitter und scharf es ist.
Das schreibt die Olivenölverordnung genau vor. Ich bringe das Öl auf 28 Grad Celsius, plus minus zwei Grad. Geprüft wird in einem blauen Glas mit Deckel. Zuerst mache ich eine Geruchsprobe. Hier geht es um die Fruchtigkeit, bitter und scharf kommen erst beim Schmecken dazu. Wie intensiv und ausgewogen diese Attribute sind, halte ich schriftlich fest, genauso die Fehler. Mindestens acht Tester machen das für jedes Öl. Die Proben sind natürlich anonymisiert.
Warum wird das Öl erwärmt?
28 Grad ist die beste Temperatur, um dem Öl möglichst das gesamte aromatische Spektrum zu entlocken. Das gilt für positive Attribute wie für negative, also Fehler.
Erntezeitpunkt führt zu unterschiedlichen Farben
Und warum ist das Glas blau?
Es muss verhindert werden, dass der Tester durch die Farbe des Öls weder positiv noch negativ beeinflusst wird. Die Farbe eines Olivenöls sagt nichts über seine Qualität aus. Es gibt Olivensorten, die von Natur aus sehr gelbes oder grünliches Öl liefern. Auch der Erntezeitpunkt der Oliven führt zu unterschiedlichen Farben. Eine intensive Farbe ist nicht gleichzusetzen mit einem intensiven Geschmack.
Was zeichnet ein gutes Olivenöl aus?
Es gibt so viele verschiedene gute Olivenöle. Das Entscheidende ist eine ausgeprägte Fruchtigkeit – Olivenöl ist wie ein Blütenstrauß mit vielen Aromen. Je nach Olivensorte riecht und schmeckt es zu Beginn der Erntezeit eher noch grünlich mit Facetten von Blattsalat, frischem Gras oder Artischocke. Bei reiferen Oliven kommen auch süßere Noten dazu wie reife Tomate, Mandel oder Banane. Das kann bis zu Honigduft gehen. Bei frischem Öl spürt man im Mund auch eine stärkere Bitterkeit und Schärfe, was nicht unbedingt jedermanns Sache ist. Schärfe und Bitterkeit lassen mit der Lagerzeit aber nach. Neutral sollte Olivenöl in keinem Fall schmecken.
Warum braucht man Verkoster, um die Güteklasse zu überprüfen?
Weil unsere Nase feiner misst als jedes Analysegerät. Nur durch Riechen und Schmecken können wir Fehler hundertprozentig entdecken. Die Chemie kann auch nichts über positive Attribute wie Fruchtigkeit sagen. Sie kann nur auf einzelne Aromastoffe testen, aber nicht erfassen, wie sie zusammenspielen und wie intensiv sie sind.
Mehr als 500 Olivenöle im Jahr
Wie schaffen Sie es, Olivenöl pur zu trinken?
Das ist für mich nicht schwierig. Heute trinke ich das Öl nicht mehr. Im Laufe der Zeit habe ich eine Spucktechnik entwickelt. Wichtig ist es, das Öl zu ziehen, wenn es im Mund ist. Es muss hinten an die Papillen kommen, damit ich auch die Schärfe richtig beurteilen kann. Es gibt in unserem Panel nach wie vor Leute, die, wie wir sagen, schlucken. Daran gewöhnt man sich. Es ist ein gesundes Öl. Das macht nichts.
Wie trainieren Sie?
Unser Panel prüft mehr als 500 Olivenöle im Jahr. Das schult die Geschmacksnerven permanent. Jedes Jahr reisen wir auch in eine Olivenanbauregion, um mit einem dortigen Panel gemeinsam zu trainieren. Es ist ein kontinuierlicher Lernprozess.
So vielfältig wie Wein
Kann ich auch zu Hause Olivenöl verkosten wie ein Profi?
Das muss gar nicht so professionell sein. Einfach ein paar Freunde einladen und statt blauen Gläsern zum Beispiel Grappagläser nehmen. Wichtig ist, dass sie abgedeckt sind, damit sich die Aromen der Öle im Glas entwickeln können. Olivenöl hat ähnlich wie Wein eine enorme Vielfalt, die man sich auch als Verbraucher erarbeiten kann, wenn man Spaß daran hat.
Wie viele Olivenöle haben Sie in der Küche?
Im Moment habe ich vier. Ein etwas einfacheres Standardöl zum Braten, dafür wäre ein ausdrucksstarkes Öl zu schade. Die anderen Olivenöle unterscheiden sich zum Beispiel in der Bitterkeit. Je nachdem, was es gibt – Salat, Mozzarella, Spaghetti – verwende ich eines davon, manchmal auch einfach aus dem Bauch heraus.
Testen Sie Olivenöl immer noch gern?
Für mich ist das immer spannend. Ich freue mich jedes Mal darauf, wenn neue Proben zum Verkosten ankommen. Das hält mich frisch – seit fast 20 Jahren.
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Grundsätzlich finde ich die Tests die sowohl von Stiftung Warentest und von Ökotest durchgeführt werden gut. Im Fall des Olivenöltest aber schwierig für den Verbraucher. Denn bei so unterschiedlichen Ergebnissen ist die Verunsicherung groß und trägt auf keinen Fall zur Aufklärung bei. Ich habe den Kommentar von Stiftung Warentest gelesen und stimme dem zu. Ökotest schürt mit diesem Test wieder nur Ängste und Angst war noch nie ein guter Berater.
@andy69: Bei unserer Bewertung der Mineralölrückstände haben wir den sog. Orientierungswert für pflanzliche Öle herangezogen. Dieser Wert beträgt derzeit 13 mg/kg und basiert auf einer statistischen Auswertung von Analysedaten durch Lebensmittelüberwachung und -wirtschaft. Er ist kein gesetzlicher Grenzwert. Wird er überschritten, sollte der Anbieter Maßnahmen ergreifen, um die Belastung zu verringern. Schöner wäre es sicherlich gewesen, wenn wir unsere Bewertung wie auch sonst auf toxikologische Daten hätten stützen können. Leider liegen hierzu bisher keine Daten vor wie z.B. eine tolerierbare Tageszufuhr (TDI). Es kann also derzeit niemand genau sagen, ab welcher Dosis eine schädliche Wirkung zu befürchten ist. Auch ob eine Schadwirkung überhaupt eintritt, ist noch umstritten. Für uns genügt jedoch der Umstand der Anreicherung im Körper, um diese Substanzen kritisch zu bewerten. Von den 27 getesteten Olivenölen hatten im letzten Test 4 Öle diesen Orientierungswert überschritten. Öko-Test legte seiner Beurteilung einen deutlich strengeren Maßstab zugrunde als diesen Orientierungswert. Dadurch lassen sich die meisten Bewertungs-Unterschiede erklären. Wie dieser strengere Wert hergeleitet wurde, ist uns nicht bekannt. Konsens ist, dass möglichst wenig und am besten gar keine Mineralölrückstande enthalten sein sollten. Konsens ist auch, dass ein toxikologisch "wahrer Wert" derzeit einfach nicht abgeleitet werden kann. Man steht also vor einem Dilemma: Nimmt man einen eher hohen Wert zur Beurteilung, dann kann man sich dem Vorwurf der Verharmlosung ausgesetzt sehen. Nimmt man einen eher niedrigen Wert, dann riskiert man die kritische Rückfrage, ob es angemessen ist, bei einer Stoffgruppe mit unklarer Schadwirkung so strenge Maßstäbe zu setzen, dass erwartbar der Großteil der Öle durchfällt. Letztlich erwarten die Leserinnen und Leser von einer Testveröffentlichung, dass sie dabei hilft, die gefühlten Risiken von den tatsächlichen besser zu unterscheiden. Solange es keine eindeutigen toxikologischen Daten dazu gibt, bleibt das im Falle der Mineralöl-Rückstände leider schwierig.
Weshalb haben Sie viele gute Olivenöle gefunden, während Ökotest in Ihrer neuesten Ausgabe durchweg Mineralölbestandteile in den Ölen gefunden hat? z.B. Bertolli Öl. Das haben Sie gut getestet und Ökotest mangelhaft. Wie kann das sein. Das werde ich natürlich auch Ökotest fragen. Danke für Ihre Antwort
@boerge: Wir haben im aktuellen Testbericht über den Vogelschutz bei der Olivenölernte berichtet. Laut der Organisation zum Schutz von Vögeln der „Birdlife International“ einem Netzwerk nationaler Partnerorganisationen waren die Vögel in den Ernten von Herbst 2020 bis Frühjahr 2021 nicht mehr bedroht. So haben z.B. Spanien und Portugal die Nachternte inzwischen verboten.
Liebes Team der Stiftung Warentest, vielen Dank, dass Sie immer wieder Olivenöl testen. Ich würde mir wünschen, dass in Zukunft auch das Thema Vogelschutz bei der Olivenernte berücksichtigt wird. Über die großen Probleme in diesem Punkt sollten die Verbraucher:innen von Ihnen informiert werden. Danke und viele Grüße
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Grundsätzlich finde ich die Tests die sowohl von Stiftung Warentest und von Ökotest durchgeführt werden gut. Im Fall des Olivenöltest aber schwierig für den Verbraucher. Denn bei so unterschiedlichen Ergebnissen ist die Verunsicherung groß und trägt auf keinen Fall zur Aufklärung bei. Ich habe den Kommentar von Stiftung Warentest gelesen und stimme dem zu. Ökotest schürt mit diesem Test wieder nur Ängste und Angst war noch nie ein guter Berater.
@andy69: Bei unserer Bewertung der Mineralölrückstände haben wir den sog. Orientierungswert für pflanzliche Öle herangezogen. Dieser Wert beträgt derzeit 13 mg/kg und basiert auf einer statistischen Auswertung von Analysedaten durch Lebensmittelüberwachung und -wirtschaft. Er ist kein gesetzlicher Grenzwert. Wird er überschritten, sollte der Anbieter Maßnahmen ergreifen, um die Belastung zu verringern.
Schöner wäre es sicherlich gewesen, wenn wir unsere Bewertung wie auch sonst auf toxikologische Daten hätten stützen können. Leider liegen hierzu bisher keine Daten vor wie z.B. eine tolerierbare Tageszufuhr (TDI). Es kann also derzeit niemand genau sagen, ab welcher Dosis eine schädliche Wirkung zu befürchten ist. Auch ob eine Schadwirkung überhaupt eintritt, ist noch umstritten. Für uns genügt jedoch der Umstand der Anreicherung im Körper, um diese Substanzen kritisch zu bewerten. Von den 27 getesteten Olivenölen hatten im letzten Test 4 Öle diesen Orientierungswert überschritten.
Öko-Test legte seiner Beurteilung einen deutlich strengeren Maßstab zugrunde als diesen Orientierungswert. Dadurch lassen sich die meisten Bewertungs-Unterschiede erklären. Wie dieser strengere Wert hergeleitet wurde, ist uns nicht bekannt.
Konsens ist, dass möglichst wenig und am besten gar keine Mineralölrückstande enthalten sein sollten. Konsens ist auch, dass ein toxikologisch "wahrer Wert" derzeit einfach nicht abgeleitet werden kann. Man steht also vor einem Dilemma: Nimmt man einen eher hohen Wert zur Beurteilung, dann kann man sich dem Vorwurf der Verharmlosung ausgesetzt sehen. Nimmt man einen eher niedrigen Wert, dann riskiert man die kritische Rückfrage, ob es angemessen ist, bei einer Stoffgruppe mit unklarer Schadwirkung so strenge Maßstäbe zu setzen, dass erwartbar der Großteil der Öle durchfällt. Letztlich erwarten die Leserinnen und Leser von einer Testveröffentlichung, dass sie dabei hilft, die gefühlten Risiken von den tatsächlichen besser zu unterscheiden. Solange es keine eindeutigen toxikologischen Daten dazu gibt, bleibt das im Falle der Mineralöl-Rückstände leider schwierig.
Weshalb haben Sie viele gute Olivenöle gefunden, während Ökotest in Ihrer neuesten Ausgabe durchweg Mineralölbestandteile in den Ölen gefunden hat? z.B. Bertolli Öl. Das haben Sie gut getestet und Ökotest mangelhaft. Wie kann das sein. Das werde ich natürlich auch Ökotest fragen. Danke für Ihre Antwort
@boerge: Wir haben im aktuellen Testbericht über den Vogelschutz bei der Olivenölernte berichtet. Laut der Organisation zum Schutz von Vögeln der „Birdlife International“ einem Netzwerk nationaler Partnerorganisationen waren die Vögel in den Ernten von Herbst 2020 bis Frühjahr 2021 nicht mehr bedroht. So haben z.B. Spanien und Portugal die Nachternte inzwischen verboten.
Liebes Team der Stiftung Warentest,
vielen Dank, dass Sie immer wieder Olivenöl testen. Ich würde mir wünschen, dass in Zukunft auch das Thema Vogelschutz bei der Olivenernte berücksichtigt wird. Über die großen Probleme in diesem Punkt sollten die Verbraucher:innen von Ihnen informiert werden.
Danke und viele Grüße