So verkosten Sie Olivenöl selbst
Eine Olivenölverkostung kann ein wunderbarer Spaß mit Freunden sein. Hier lesen Sie, worauf Sie achten sollten. Und: Im Interview erklärt Olivenöl-Experte Dieter Oberg unter anderem, wie eine professionelle Verkostung abläuft.
So verkosten Sie Olivenöl selbst
Verschiedene Öle vergleichen

Erwärmen. Vier Esslöffel Öl in einem sich nach oben verengendem Glas mit Deckel in der warmen Hand schwenken.
Wer Nase und Gaumen schult, kann gute von schlechten Olivenölen unterscheiden und Vorlieben entdecken. Laden Sie doch Freunde ein und lassen jeden ein Öl mitbringen. Vergleichen Sie am besten verschiedene Öle – solche aus nur einem Land mit preiswerten Mischungen.
Aus dem Glas

Riechen. Wie intensiv riecht es und wonach? test-Redakteurin Swantje Waterstraat zieht den Duft tief durch die Nase ein.
Verkosten Sie nicht vom Löffel, sondern aus Gläsern – idealerweise aus farbigen, wie unsere Profis. Die Farbe des Öls soll nicht beeinflussen, sie sagt nichts über die Qualität aus. Die flüchtigen Aromakomponenten sammeln sich im oberen Teil des Glases. Sie sollten es abdecken und mit den Händen erwärmen.
Bitterkeit und Schärfe können überraschen

Schmecken. Öl in den Mund nehmen, Luft einziehen, alles „kauen“ und schlucken. Erst dann ist die Schärfe spürbar.
Riechen Sie erst und schmecken Sie dann. Gut zu wissen: Bitterkeit und Schärfe sind keine Fehler, sondern Zeichen von Frische. Neutralisieren Sie zwischen zwei Ölen mit Wasser, Brot oder Apfelschnitzen.
Interview mit einem Olivenöl-Tester

Dieter Oberg vor seiner Olivenöl-Bibliothek.
Er hat das Gespür, Unterschiede im Geruch und Geschmack von Olivenölen herauszufinden. Ein Interview mit Dieter Oberg, einem der erfahrensten deutschen Olivenöl-Tester. Für das Deutsche Olivenöl Panel verkostet er hunderte Olivenöle im Jahr.
Wann ein Öl wirklich „nativ extra“ ist
Seine Liebe für Olivenöl beginnt früh: Mit Mitte 20 besucht Dieter Oberg als Reiseleiter traditionelle Ölmühlen. Ende der 1980er Jahre widmet er sich dem Olivenöl ganz. Im Auftrag der EU macht er als Marketingexperte das flüssige Gold in Deutschland bekannter. 1999 initiiert er die Gründung des Deutschen Olivenöl Panels, das er bis 2015 leitet. Es besteht aus 20 ausgebildeten Olivenöl-Verkostern. Es ist offiziell zugelassen und vom Internationalen Olivenölrat akkreditiert. Nur solche spezialisierten Verkostergruppen mit geschulten, trainierten Prüfpersonen dürfen Olivenöl der höchsten Güteklasse sensorisch beurteilen. Sie bewerten, ob ein Öl wirklich „nativ extra“ ist und erschmecken zum Beispiel, wie intensiv fruchtig, bitter und scharf es ist.
Mit einer Geruchsprobe fängt es an

Die richtige Temperatur. Bei 28 Grad Celsius kommen die Aromen von Olivenöl am besten zum Vorschein
Genaue Vorgaben. Jede Probe wird in einem Testraum verkostet, die Ergebnisse werden auf einem Prüfbogen notiert.
Erst riechen, dann schmecken. Mit geschulten Sinnen analysiert der Tester Fruchtigkeit, Bitterkeit und Schärfe.
Herr Oberg, wie verkosten Sie Olivenöl?
Das schreibt die Olivenölverordnung genau vor. Ich bringe das Öl auf 28 Grad Celsius, plus minus zwei Grad. Geprüft wird in einem blauen Glas mit Deckel. Zuerst mache ich eine Geruchsprobe. Hier geht es um die Fruchtigkeit, bitter und scharf kommen erst beim Schmecken dazu. Wie intensiv und ausgewogen diese Attribute sind, halte ich schriftlich fest, genauso die Fehler. Mindestens acht Tester machen das für jedes Öl. Die Proben sind natürlich anonymisiert.
Warum wird das Öl erwärmt?
28 Grad ist die beste Temperatur, um dem Öl möglichst das gesamte aromatische Spektrum zu entlocken. Das gilt für positive Attribute wie für negative, also Fehler.
Erntezeitpunkt führt zu unterschiedlichen Farben
Und warum ist das Glas blau?
Es muss verhindert werden, dass der Tester durch die Farbe des Öls weder positiv noch negativ beeinflusst wird. Die Farbe eines Olivenöls sagt nichts über seine Qualität aus. Es gibt Olivensorten, die von Natur aus sehr gelbes oder grünliches Öl liefern. Auch der Erntezeitpunkt der Oliven führt zu unterschiedlichen Farben. Eine intensive Farbe ist nicht gleichzusetzen mit einem intensiven Geschmack.
Was zeichnet ein gutes Olivenöl aus?
Es gibt so viele verschiedene gute Olivenöle. Das Entscheidende ist eine ausgeprägte Fruchtigkeit – Olivenöl ist wie ein Blütenstrauß mit vielen Aromen. Je nach Olivensorte riecht und schmeckt es zu Beginn der Erntezeit eher noch grünlich mit Facetten von Blattsalat, frischem Gras oder Artischocke. Bei reiferen Oliven kommen auch süßere Noten dazu wie reife Tomate, Mandel oder Banane. Das kann bis zu Honigduft gehen. Bei frischem Öl spürt man im Mund auch eine stärkere Bitterkeit und Schärfe, was nicht unbedingt jedermanns Sache ist. Schärfe und Bitterkeit lassen mit der Lagerzeit aber nach. Neutral sollte Olivenöl in keinem Fall schmecken.
Warum braucht man Verkoster, um die Güteklasse zu überprüfen?
Weil unsere Nase feiner misst als jedes Analysegerät. Nur durch Riechen und Schmecken können wir Fehler hundertprozentig entdecken. Die Chemie kann auch nichts über positive Attribute wie Fruchtigkeit sagen. Sie kann nur auf einzelne Aromastoffe testen, aber nicht erfassen, wie sie zusammenspielen und wie intensiv sie sind.
Mehr als 500 Olivenöle im Jahr
Wie schaffen Sie es, Olivenöl pur zu trinken?
Das ist für mich nicht schwierig. Heute trinke ich das Öl nicht mehr. Im Laufe der Zeit habe ich eine Spucktechnik entwickelt. Wichtig ist es, das Öl zu ziehen, wenn es im Mund ist. Es muss hinten an die Papillen kommen, damit ich auch die Schärfe richtig beurteilen kann. Es gibt in unserem Panel nach wie vor Leute, die, wie wir sagen, schlucken. Daran gewöhnt man sich. Es ist ein gesundes Öl. Das macht nichts.
Wie trainieren Sie?
Unser Panel prüft mehr als 500 Olivenöle im Jahr. Das schult die Geschmacksnerven permanent. Jedes Jahr reisen wir auch in eine Olivenanbauregion, um mit einem dortigen Panel gemeinsam zu trainieren. Es ist ein kontinuierlicher Lernprozess.
So vielfältig wie Wein
Kann ich auch zu Hause Olivenöl verkosten wie ein Profi?
Das muss gar nicht so professionell sein. Einfach ein paar Freunde einladen und statt blauen Gläsern zum Beispiel Grappagläser nehmen. Wichtig ist, dass sie abgedeckt sind, damit sich die Aromen der Öle im Glas entwickeln können. Olivenöl hat ähnlich wie Wein eine enorme Vielfalt, die man sich auch als Verbraucher erarbeiten kann, wenn man Spaß daran hat.
Wie viele Olivenöle haben Sie in der Küche?
Im Moment habe ich vier. Ein etwas einfacheres Standardöl zum Braten, dafür wäre ein ausdrucksstarkes Öl zu schade. Die anderen Olivenöle unterscheiden sich zum Beispiel in der Bitterkeit. Je nachdem, was es gibt – Salat, Mozzarella, Spaghetti – verwende ich eines davon, manchmal auch einfach aus dem Bauch heraus.
Testen Sie Olivenöl immer noch gern?
Für mich ist das immer spannend. Ich freue mich jedes Mal darauf, wenn neue Proben zum Verkosten ankommen. Das hält mich frisch – seit fast 20 Jahren.
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