
Die Oil & Gas Invest AG (OGI AG) aus Frankfurt am Main will viel Öl fördern. Dafür sammelte sie bei Anlegern Geld. Doch die Probebohrungen auf in den USA geleasten Ölfeldern kommen offenbar nur schleppend voran. Nachdem die Finanzaufsicht Bafin ein Nachrangdarlehen der OGI stoppte, wurde der anschließend aufgenommene Vertrieb einer Unternehmensanleihe im Mai überraschend eingestellt. Finanztest erklärt, welche Risiken das OGI-Investment für Anleger hat.
Nachrangdarlehen gestoppt, Vertrieb einer Anleihe eingestellt
Im ersten Anlauf hatte OGI-Vorstand Jürgen Wagentrotz, der mit Internetcasinos ein großes Vermögen aufbaute, es mit einem Nachrangdarlehen der OGI AG versucht. Mit dem Geld wollte OGI Probebohrungen auf in den USA geleasten Ölfeldern finanzieren. OGI vermutet dort Erdölvorräte von 100 Millionen Barrel im Wert von mehreren Milliarden Dollar. Doch das Geldeinsammeln mithilfe der Nachrangdarlehen scheiterte, weil die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) das Angebot stoppte. Wagentrotz bot eine persönliche Garantie, die Anlagen zurückzukaufen und in diesem Fall Zinsen von 9 bis 12 Prozent zu zahlen. Diese Garantie stufte die Bafin als ausschließlich Banken und Versicherungen vorbehaltendes „erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft“ ein. OGI musste die Darlehen rückabwickeln. Zum Glück für die Anleger. Denn Öl im nennenswerten Umfang konnte die OGI AG bis heute nicht fördern. Entsprechend dürften bisher keine Gewinne erwirtschaftet worden sein.
Neues Nachrangdarlehen ohne Garantie aufgelegt
Obwohl die OGI – offenbar vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung mit der Bafin – anschließend auf ihrer Internetseite erklärte, dass sie kein Geld mehr benötige, weil die beiden laufenden Bohrungen finanziert seien, machte sie Investoren nur kurze Zeit später ein neues Angebot mit hoher Festzinsrendite. Eine Garantie gab es diesmal nicht. Stattdessen musste sie auf Weisung der Bafin Anlegern die Risiken des neue Nachrangdarlehen darlegen. Zu dem neuen Darlehensangebot heißt es in einem Brief an Anleger: „Die Nachrangvereinbarung hat zur Folge, dass die Oil & Gas Invest AG, wenn sie sich in einer wirtschaftlichen Krise befindet und die Geltendmachung Ihres Zahlungsanspruches einen Insolvenzgrund herbeiführen würde, nicht zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet ist“. Mit anderen Worten: Für den Fall, dass die Ölbohrungen keinen Erfolg haben und die OGI pleitegeht, würden die OGI-Investoren als Nachranggläubiger bei der Verteilung von Vermögen vermutlich leer ausgehen, weil zuvor alle vorrangigen Gläubiger ausbezahlt werden.
OGI will Zahl der Anleger und Anlagevolumen nicht nennen
Im Februar 2016 legte die OGI AG dann eine Unternehmensanleihe auf, um die Probebohrungen auf den amerikanischen Ölfeldern zu finanzieren. Die Anleihe, eine unbesicherte Inhaberschuldverschreibung, ist nicht genehmigungspflichtig. Der Prospekt für das Wertpapier sei aber von der Luxemburger Finanzmarktaufsicht CSSF gebilligt worden, teilt OGI mit. Seit Februar 2016 konnten Anleihen ab 1 000 Euro für eine Laufzeit über fünf Jahre mit einer Festzinsrendite von 8,25 Prozent gezeichnet werden. Wie viele Anleger sich bis zum 18. Mai 2016 mit wie viel Geld beteiligten, will die OGI AG offenbar nicht sagen. Zwei Anfragen von Finanztest zu dieser Frage blieben unbeantwortet.
Personelle Veränderungen
Nachdem der Vertrieb der Anleihe eingestellt wurde, ist Wagentrotz, der den Vorstand zunächst an Günter Döring abgegeben hatte, wieder Vorstand der OGI AG. Hintergrund: Wagentrotz, der mit 33,5 Prozent der stimmberechtigten Aktien Großaktionär der OGI AG ist, hält das Geldeinsammeln über eine Unternehmensanleihe für zu zeitaufwendig. Die OGI AG habe genügend Eigenkapital, um die Probebohrungen selbst durchzuführen. Diese unterschiedlichen Auffassungen zur Unternehmenspolitik führten laut OGI-Pressesprecher Tilman Pradt zum Wechsel im Vorstand. Anlegern versichert Pradt: „Alle Zinszahlungen sowie Rückzahlungen der gezeichneten Nachrangdarlehen und Unternehmensanleihen werden bei Fälligkeit aus dem Eigenkapital der OGI AG getilgt.“ Sicher ist das aber aus Sicht der Experten von Finanztest nicht, wenn die OGI AG weiterhin kaum Öl findet, geschweige denn größere Mengen fördert.
OGI will Probebohrungen aus Eigenkapital finanzieren
Zur möglichen weiteren Entwicklung erklärte OGI-Pressesprecher Tilman Pradt: „Wagentrotz fokussiert nun auf einen schnellen Abschluss der Probebohrungen, so dass mit der Ölförderung im 2. Halbjahr 2016 begonnen werden kann. Die OGI AG besitzt Ölvorkommen und Förderrechte, die durch unabhängige Gutachten nachgewiesen sind. Eine weitere Option neben der Förderung ist der Verkauf der Förderrechte an einen Ölkonzern. Diese Option ist jedoch nicht die präferierte“. Die OGI AG vermutet im Süden der USA riesige Erdölvorräte, die aus ihrer Sicht nur kapitalisiert werden müssen.
Anleihe: Widersprüchliche Angaben in OGI-Unterlagen
Dass die OGI tatsächlich auf riesige Ölvorkommen stößt, ist allerdings alles andere als sicher. Immer wieder gibt es im Zusammenhang mit den OGI-Anlagen Ungereimtheiten. In dem sage und schreibe 490 Seiten umfassenden Prospekt zu der jetzt eingestellten Anleihe entdeckten die Experten von Finanztest viele schlampige und fehlerhafte Ausführungen. So wurden für die Fördergebiete Jerningan Mill Creek (Snow White) und North Sardine in Alabama laut Prospekt schon für Januar 2016 Erlöse aus der Produktion von Erdöl erwartet. Dem steht eine OGI Pressemitteilung vom März 2016 entgegen, in der es heißt, dass man in Turkey Creek, Jerningan Mill, North Sardine und Koon II erst Ende 2016 mit dem Start der Erdölförderung beginnen könne.
Schreibtischgutachten soll Ölvorkommen bestätigen
Wenig überzeugend sind auch die Ausführungen des Gutachters für die Ölvorräte in den USA. Der freiberufliche Geologe, der sein Gutachten mithilfe von Unterlagen erstellt hat, die ihm von der OGI AG zur Verfügung gestellt wurden, war nicht vor Ort, sondern hat das Gutachten am Schreibtisch erstellt. Entsprechend vorsichtig formuliert der Mann, was die Wirtschaftlichkeit der Fördergebiete angeht: „Aus diesem Grunde werden keine eigenen Daten zur wirtschaftlichen Einschätzung des Jernigan Mill Creek Prospects erhoben, sondern auf die jeweiligen Darstellungen der Bearbeiter der Voruntersuchungen verwiesen.(...) Im Zuge der vorliegenden gutachterlichen Stellungnahme liegt der Schwerpunkt auf der aktuellen Zusammenfassung der fachlichen geowissenschaftlichen Daten aus den Vorerkundungen.“ Laut Wertpapierprospekt hält der Geologe für das Fördergebiet Turkey Creek in Mississippi nur rund 20 Millionen Barrel Erdölvorkommen für wahrscheinlich und für die Fördergebiete Jernigan Mill und North Sardine in Alabama gerade mal 4 Millionen Barrel. Die von der OGI AG im Prospekt für wahrscheinlich und möglich gehaltenen 100 Millionen Barrel Erdölvorkommen hat der Gutachter nicht bestätigt. Das steht auf Seite 38 des Wertpapierprospekts.
Bisher hat die OGI AG kaum Erdöl gefördert
Aus Sicht von Finanztest ist das finanzielle Engagement bei der OGI-AG für Anleger hochriskant. Denn bisher gibt es keine sicheren Anhaltspunkte dafür, dass die OGI tatsächlich auf viel Erdöl in Alabama und Mississippi stößt. Für das Erdölförderprojekt „Turkey Creek“ in Mississippi, das ein Investitionsvolumen im 3stelligen US-Dollar-Millionenbereich haben soll, hat die OGI AG für 8 Millionen US Dollar die Berechtigung erworben, Ölvorkommen auf rund 8 500 Acres zu erkunden und zu bewerten. Laut Wertpapierprospekt sollte das Erdöl ab Februar 2016 fließen. Beim Projekt „Jerningan Mill“ in Alabama heißt es unter „Projekt Highlights“, dass „das Fördergebiet in einem nachgewiesenen Gebiet mit Erdölvorkommen (liegt) und dort wurde schon in der Vergangenheit, und wird bis heute, Erdöl gefördert.“ Eine Garantie, dass dort in Zukunft größere Erdölmengen gefunden und gefördert werden können, ist das allerdings aus Sicht von Finanztest nicht Riskantes Angebot, Finanztest 4/2015. Wagentrotz erwartet dennoch hohe Reingewinne aus allen Projekten. Der seit Monaten niedrige Ölpreis stehe seinen Zielen nicht entgegen. Da aus seiner Sicht ein Ölpreis von 50 US-Dollar pro Barrel marktgerecht ist, die Gesamtkosten für die Ölförderung bis zur Raffinerie aber nur bei rund 26 US-Dollar pro Barrel lägen, ließe sich auch heute noch gutes Geld mit Erdöl verdienen.
Anlegergeld gefährdet: OGI AG weiter auf der Warnliste
Warum die OGI AG Geld von Anlegern einsammelt hat, obwohl sie nach eigenen Angaben genug Eigenkapital hat, um die Ölbohrungen selbst zu finanzieren, wissen wir nicht. Die Gefahr, dass Anleger ihr Geld verlieren, wenn die OGI AG weiterhin erfolglos bleibt, ist aus Sicht von Finanztest groß. Die OGi AG steht deshalb weiter wegen hoher Verlustrisiken für Anleger auf der Finanztest-Warnliste.
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