Im Oktober 2010 standen die ersten offenen Immobilienfonds vor dem Aus, weitere folgten. Sechs Jahre sind viel Zeit, um die Immobilien zu verkaufen und den Anlegern ihr Geld zurückzugeben – zumal die Immobilienmärkte recht gut liefen. Dennoch müssen Anleger teils noch Jahre auf ihr restliches Geld warten. Warum dauert die Auflösung so lang? Finanztest hat zehn Fonds in Auflösung unter die Lupe genommen. Ihre Verluste reichen von knapp 3 bis 53 Prozent.
Immobilien lassen sich nicht so schnell verkaufen wie Aktien
Die Fonds mussten schließen, weil sie Anleger nicht auszahlen konnten, die ihre Anteile zurückgeben wollten. Den Fonds wurde zum Verhängnis, dass Immobilien sich nicht so schnell verkaufen lassen wie etwa Aktien. Geschlossen wurden unter anderem CS Euroreal und SEB Immoinvest. Beide Fonds waren einmal mehr als 6 Milliarden Euro schwer. Ihre Kündigungsfrist endet am 30. April 2017. Danach geht die Verantwortung für die Abwicklung von den Fondsgesellschaften auf Depotbanken über. Das sind die Verwahrstellen für das Fondsvermögen. Für die anderen acht der zehn untersuchten Fonds liegt die Verantwortung bereits dort.
Die Krise
- Schließung.
- In der Finanzkrise floss viel Geld aus Immobilienfonds ab. Die Fonds konnten die Immobilien nicht rasch genug verkaufen, um Anleger auszuzahlen, und stellten die Anteilsrücknahme ein.
- Auflösung.
- Kann ein Fonds nach zwei Jahren nicht wieder öffnen, muss er fristgerecht abgewickelt werden. Die Immobilien werden verkauft, das Geld ausgezahlt.
- Depotbank.
- Wird die Fondsgesellschaft mit den Verkäufen nicht rechtzeitig fertig, übernimmt die Depotbank – die Verwahrstelle für das Fondsvermögen.
Kündigungsfristen seit Jahren verstrichen
Kein einziger Fonds ist aufgelöst, obwohl die Kündigungsfristen teils seit Jahren verstrichen sind. Der CS Euroreal hatte Ende 2016 noch 29 Immobilien im Wert von 1,7 Milliarden Euro im Bestand, beim SEB Immoinvest waren es 67 Objekte im Wert von 1,9 Milliarden Euro. Auch einige kleinere Fonds haben noch Immobilien. Beim Axa Immoselect etwa sind nach rund fünf Jahren 4 von 66 Immobilien übrig, der Degi International hat noch 2 von 29 Immobilien (Die Abwicklung im Detail)
Verlustreiche Hängepartie
Für Anleger ist diese Hängepartie mehr als ärgerlich. Abgesehen davon, dass große Teile ihres investierten Geldes über Jahre eingefroren waren oder es immer noch sind, müssen sie auch während der Wartezeit noch Gebühren bezahlen, und das nicht zu knapp. Zwischen 0,6 und 1,4 Prozent pro Jahr liegt die jährliche Gesamtkostenquote.
Kein Fonds hat Plus gemacht
Finanztest hat eine kleine Bestandsaufnahme gemacht und ausgerechnet, wie groß die Einbußen sind, die Anleger durch die Auflösung erleiden. Kein Fonds hat Plus gemacht. Die Verluste reichen von minus 2,6 Prozent bis minus 52,6 Prozent (Tabelle So sind die Fonds durch die Krise gekommen). Ziemlich schlimm erwischt hat es die weltweit anlegenden Fonds Morgan Stanley P2 Value und TMW Immobilien Weltfonds. Anleger haben mit diesen Fonds seit Oktober 2008 rund die Hälfte ihres Geldes verloren. Beide Fonds wurden erst 2005 aufgelegt, sie sind daher erst kurz vor Ausbruch der Finanzkrise überhaupt in den Markt eingestiegen. Bei Degi liegt der weltweit anlegende Degi International mit 20,7 Prozent im Minus, der Degi Europa hat 37,3 Prozent verloren.
Bisherige Bilanz unterschiedlich
Gerechnet haben wir ab Ende September 2008. Damals nahm ein offener Immobilienfonds nach dem anderen keine Anteile mehr zurück und Anleger sind seither nicht mehr an ihr Geld gekommen – wenn auch manche Fonds kurzzeitig wieder geöffnet hatten. Vergleichsweise gut hat der Kanam Grundinvest die Abwicklung gemeistert. Ende Dezember 2016 lief die Kündigungsfrist für den Fonds aus, seitdem liegt die Verwaltung bei der Depotbank M.M. Warburg. 48 von 52 Immobilien sind verkauft, der bisherige Verlust beträgt 6,7 Prozent. CS Euroreal und SEB Immoinvest stehen bislang am besten da. Da jedoch die Fonds viele ihrer Immobilien noch nicht verkauft haben, ist es für eine endgültige Bilanz zu früh.
Keiner fertig, trotz Erholung
Viele Betroffene fragen sich, warum die Fonds es noch nicht geschafft haben, alle Immobilien zu verkaufen – zumal die Märkte nicht schlecht gelaufen sind. Andere offene Immobilienfonds wie der Grundbesitz Europa der Deutschen Bank geben vorübergehend keine Anteile mehr aus. Grund sind hohe Mittelzuflüsse. Es sei schwierig, genügend geeignete Objekte zu finden, heißt es seitens der Fonds. Waren die Immobilien der Abwicklungsfonds so teuer, dass keiner sie haben wollte?
Objekte aus den Abwicklungsfonds
Tatsächlich haben einige Immobilienfonds Objekte aus den Abwicklungsfonds gekauft. Der Grundbesitz Europa zum Beispiel hat vom Degi International ein Bürohaus in Warschau erworben und vom CS Euroreal ein Einkaufszentrum in Leipzig. Auch Deka und Union Investment sind fündig geworden. Deka hat zum Beispiel die Alte Hauptpost in Erfurt vom Degi Europa erstanden. Union hat unter anderem das Luxemburger Büro- und Geschäftshaus K Point vom Axa Immoselect gekauft.
Erfolg wichtiger als Schnelligkeit
„Selbstverständlich hat das Fondsmanagement des SEB ImmoInvest die zum Teil sehr gute Konjunktur für den Verkauf der Immobilien genutzt“, heißt es bei Savills Investment Management, die nach der Übernahme von SEB Asset Management den Fonds verwaltet. Der Immobilienmarkt laufe allerdings nicht in allen Segementen gut. „Insbesondere in Frankreich, Italien, Polen und den Niederlanden wurde ein Vorkrisenniveau nicht wieder erreicht“, so Savills. Bei Credit Suisse heißt es: „Bei der Fondsauflösung besteht ein gewisser Zielkonflikt zwischen einem schnellstmöglichen Abverkauf des Portfolios und der Erzielung des bestmöglichen Ergebnisses für die Anleger.“ Man habe vorrangig ein gutes Ergebnis angestrebt, weshalb die Verkaufsaktivitäten erst 2014 intensiver angelaufen seien, als die Märkte sich von der Krise erholt hatten.
Gezahlt wird bis zum Schluss
Solange die Fonds bestehen, müssen die Anleger Gebühren zahlen. Zu den teuersten Fonds gehören der Degi International mit einer Gesamtkostenquote von 1,43 Prozent pro Jahr und der UBS 3 Sector Real Estate mit 1,37 Prozent pro Jahr. Am günstigsten sind der Axa Immoselect mit einer Gesamtkostenquote von 0,61 Prozent und der SEB Immoinvest mit 0,71 Prozent pro Jahr.
Fragwürdige Vergütungspraxis
Teilweise zahlen die Anbieter aus den Verwaltungsgebühren noch Provisionen an die Vermittler, die den Anlegern die Anteile der Fonds einmal verkauft haben. Diese würden aufgrund bestehender Vereinbarungen bezahlt, heißt es dazu beim CS Euroreal und SEB Immoinvest. Aus Sicht der Anleger ist es zumindest fragwürdig, dass die Vermittler weiter noch Geld bekommen – für den Verkauf von Fonds, die abgewickelt werden. Mit Übergang der Fonds an die Depotbanken ist damit Schluss. Die Commerzbank zum Beispiel zahlt für die beiden Degi-Fonds keine Vermittlungsprovisionen mehr, auch Caceis als Depotbank der Fonds Axa Immoselect, Morgan Stanley P2 Value, TMW Immobilien Weltfonds und UBS 3 Sector Real Estate zahlt keine solche Provision.
Erfolgsgebühr für Verkäufe
Ärgerlich aus Sicht der Anleger ist zudem, dass die Fondsgesellschaften teilweise eine Extragebühr kassieren, wenn sie eine Immobilie verkauft haben. Sie müssen ja schließlich verkaufen. Bei Kanam Grundinvest und SEB Immoinvest kamen im vergangenen Geschäftsjahr vergleichsweise geringe 0,33 Prozent beziehungsweise 0,38 Prozent zusammen. Beim CS Euroreal betrug die Transaktionsgebühr 0,57 Prozent. Beim UBS 3 Sector Real Estate, der ohnehin schon teuer ist, kamen auf diese Weise noch einmal 0,85 Prozent obendrauf.
Wie lange geht es noch?
Drei Jahre nach Übergang an die Depotbank sollen die Immobilien verkauft sein, sagt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Doch die Fonds müssen noch Geld bereithalten, falls ein Immobilienkäufer Schäden reklamiert oder Finanzämter Steuern nachfordern. Erst wenn es keine Ansprüche seitens Dritter mehr geben kann, können die Fonds endgültig aufgelöst werden. Das kann noch Jahre dauern.
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Giasigna hat Recht. Auch Deutsche-Bank-Partner DVAG hat die Testberichte von Stiftung Warentest zum SEB Immoinvest als rechtvertigung genommen, dass der Finanzvertrieb für die Probleme nichts könne.
Mir wurde der SEB Immoinvest 2007 von der DVAG als so sicher wie Festgeld vermittelt. 2012 konnte ich meine über die DVAG bei der SEB Bank (heute Santander) laufenden Darlehen nicht planmäßig abbezahlen. 2009 wurde ein Teil der Gelder auf Rat des Vermögensberaters aus dem SEB Immoinvest in den DWS Immoflex umgeschichtet. Dieser ist aber sowohl am SEB Immoinvest als auch am CS Eureal beteiligt.
Die DVAG erhielt für den erfolgreichen DWS-Vertrieb Anteile an der Deutsche-Bank-Tochter.
Die Kunden schauen in die Röhre. Denn die DVAG wird nicht von der BaFin überwacht. Trotz der nachweislichen Verluste der DVAG-Kunden wirbt das Unternehmen weiter mit "Vermögensaufbau für jeden". Das hat die gleiche Qualität wie der Dieselskandal. Das Finanzministerium ignoriert die Entwicklung.
@Giasinga_KBVermögensverwaltung: Obwohl wir gerade mit Ihnen telefoniert haben, erlauben wir uns anbei noch ein paar Ausführungen für die mitlesende Allgemeinheit.
@alle: Wir möchten für alle noch einmal festhalten, dass Finanztest offene Immobilienfonds nur zur Beimischung empfiehlt, und zwar mit etwa 10 Prozent Anteil am Depot. Diese Empfehlung kennen unsere Leser schon seit vielen Jahren, lange bevor es zu den Fondsschließungen und -auflösungen kam. Im Übrigen ist die Gefahr, dass sich diese Ereignisse wiederholen, durch die neuen Kündigungs- und Haltefristen deutlich verringert. Dadurch gibt jetzt keinen Anreiz mehr, offene Immobilienfonds als Geldparkplatz zu missbrauchen. (maa)
Dieser Artikel schockt mich total
Für mich war es bisher unvorstellbar, dass Finanztest nach dem Debakel um die in Abwicklung befindlichen Immobilienfonds, es zu einem Testergebnis kommen könnte, dass diese Anlageform eine solide Anlage ist.
Artikel als Werbemittel bei Deutscher Bank
Der Artikel zu offene Immobilienfonds "Stabiler als gedacht" liegt als Sonderdruck bei allen Filialen der Deutschen Bank aus.
Dies war mein Kommentar auf einen Artikel in Finanztest im Mai 2013
Glückwunsch, noch vor ein bis zwei Jahren waren Titel wie: "offene Immobilienfonds besser als gedacht",
bei Finanztest zu lesen und als Sonderdruck bei den Banken in den Vorräumen, bei den Geldautomaten, zu finden. Nun endlich ein realistisches Bild. Allerdings muss man bedenken, dass die Fonds, die nur 2,6 % und 3,7 % Verluste ausweisen, noch sehr viele Immobilien im Bestand haben und das sind nicht die besten Immobilien die die Fonds hatten. Von daher wird die Tabelle mit den Verlusten bei diesen Fonds sich wohl den anderen Fonds zumindest annähern.
Warum sind eigentlich die offenen Immobilienfonds, die noch im Vertrieb stehen, alle durch die Gutachter höher bewertet worden. Gibt es da evtl. Unterschiede zwischen Gutachterwerten und tatsächlichen Marktpreisen? Haben die noch vertriebenen offenen Immobilienfonds dadurch evtl. ein enormes Risiko, weil der aktuelle KAG Wert zu hoch angesetzt ist und demzufolge mehr Geld für den Kauf der Anteile bezahlt werden muss?