
Während sich die Koalition über die Energiewende streitet, sind andere bei diesem Thema konsequenter: Der Investmentfonds Ökovision zum Beispiel. Er hat den Atomausstieg schon vor 16 Jahren vollzogen. Der „Ökoworld Ökovision Classic“, wie er offiziell heißt, investiert weltweit in Aktien von Firmen, die seinen strengen ethischen und ökologischen Anforderungen genügen. test.de stellt den Fonds Ökovision vor.
Aus der Hausbesetzer-Szene in die Finanzwelt
Der Ökovision war der erste ethisch-ökologische Fonds, den es in Deutschland gab. Gegründet haben ihn die Öko-Pioniere Alfred Platow und Klaus Odenthal, die ihr politisches Engagement bereits Mitte der siebziger Jahre in die Finanzwelt verlagert hatten. Ihr Versicherungsbüro „Alfred & Klaus“ versicherte damals den Hausrat Hunderter besetzter Häuser. Zum Kerngeschäft avancierte ein ökologisch-alternatives Versorgungswerk. Die eingenommenen Prämien sollten nach ethisch-ökologischen Kriterien angelegt werden. Versicherungen war das Anliegen fremd, auch entsprechende Fonds gab es seinerzeit keine. So sind Alfred Platow und Klaus Odenthal auf die Idee gekommen, selbst einen solchen Fonds aufzulegen. Das war 1989.
Fonds mit Startschwierigkeiten
Den Fonds Ökovision gab es damit aber noch lange nicht. Zunächst galt es, eine Fondsgesellschaft zu finden, die ihre Idee unterstützte. Da dies nicht gelang, gründeten Platow und Odenthal am Ende ihre eigene Fondsgesellschaft, die Ökovision Lux SA, die heute Ökoworld Asset Management heißt. Doch das damals für die Zulassung eines Fonds zuständige Bundesamt für das Kreditwesen (BaKred) erlaubte keinen Fonds mit der Vorsilbe „öko“. Das würde ja heißen, dass alle anderen in Deutschland zugelassenen Fonds nicht öko wären, hieß es zur Begründung. Entmutigen ließen sich die ehemaligen Anti-Atom-Demonstranten nicht. Sie zogen mit ihrem Antrag nach Luxemburg weiter – und waren dort erfolgreich. Im Mai 1996 war es schließlich soweit. Der Fonds Ökovision ging an den Start.
Ein Ausschuss für Ethik, ein Manager für Rendite
Der Ökovision investiert weltweit vor allem in kleine und mittelgroße Firmen und nur zum Teil in ganz große. Der Fonds setzt dabei auf Firmen, die „in ihrer jeweiligen Branche und Region unter ökologischen und ethischen Aspekten führend sind und die größten Ertragsaussichten besitzen“. Ausgeschlossen sind außer der Atom- auch die Rüstungsindustrie sowie die Luftfahrtbranche. Grüne Gentechnologie ist ebenso tabu wie Kinderarbeit, Tierversuche und Pornografie. Bei der ethisch-ökologischen Auslese der Aktien hilft ein Anlageausschuss, die Auswahl nach ökonomischen Gesichtspunkten fällt das Fondsmanagement unter der Leitung von Alexander Mozer.
Tipp: Die Auswahl an sauberen Fonds ist inzwischen groß: Jeder kann damit seine gesamte Geldanlage gestalten. Hier finden sie Fonds für ein ökologisches und ein ethisches Musterdepot.
Große Fondsposten sind Starbucks, Henkel, Ebay
Seit Ende 2006 liegt der Ökovision mit 4,9 Prozent pro Jahr im Minus (Stand 31. März 2012). Damit spielt er nach vielen erfolgreichen Jahren nicht mehr in der Liga der Besten – allerdings teilt er dieses Schicksal mit den anderen ethisch-ökologisch ausgerichteten Aktienfonds Welt. Ihnen haben unter anderem die Schwierigkeiten der Erneuerbare-Energien-Branche zu schaffen gemacht. Zurzeit ist Starbucks die größte Position im Fonds, gefolgt von Henkel und Ebay.
Tipp: Mehr zu den Anlagekriterien ethisch-ökologischer Fonds finden Sie im PDF unter www.test.de/saubere-fonds.
Anleger schauen kritisch auf das Management
Ökofonds stehen unter besonderer Beobachtung der Anleger. Sind ihre Anlagekriterien streng genug? Haben sie wirklich alle Bösewichte auf die Ausschlussliste gesetzt? Und vor allem: Halten sich die Fonds an ihre selbst auferlegten Kriterien? Der Ökovision war vor wenigen Jahren wegen seines Engagements bei dem Schweizer Mischkonzern ABB in die Kritik geraten, den viele Anleger mit der Atomindustrie in Verbindung brachten. „Die bauen vom Wasserrohr bis zur Turbine alles Mögliche, manches kann auch in Atomkraftwerken verwendet werden. Ihre nukleare Sparte haben sie aber verkauft“, begründete Alfred Platow seinerzeit die Position. „ABB ist mit seinem sozialen Anspruch wesentlich besser geführt als vergleichbare Mischkonzerne. Wir wissen, dass die Firma bei ihren chinesischen Töchtern versucht, trotz politischen Widerstands gewerkschaftliche Gruppen aufzubauen.“ Inzwischen hat der Fonds sich von ABB getrennt. Dagegen wollte Platow schon damals mit der australischen Bank Westpac nichts mehr zu tun haben. „Es hat sich herausgestellt, dass sich die Bank als Spezialfinanzierer für Atomkraftwerke etabliert hat“, empört sich Alfred Platow, „das hatten sie so aber gar nicht kommuniziert.“ Die Macher des ebenfalls ethisch-ökologisch ausgerichteten Naturaktienindex NAI trennten sich zwei Jahre später von Westpac. Grund war, dass die Bank verstärkt in die Finanzierung umweltkritische Kohle- und Bergbauaktivitäten eingestiegen war.
Eine Finanzwelt jenseits von Atomkraft
Die Beispiele zeigen, wie schwierig es ist, in einer globalisierten Welt Gut von Böse zu trennen. Obwohl es nicht immer bis zur letzten Konsequenz gelingt, sind ethisch-ökologische Geldanlagen bei privaten Anlegern gefragt. Ihnen stehen dabei nicht nur Fonds zur Auswahl, die in Aktien oder Anleihen investieren. Wer will, kann sein Geld auch zu einer ethisch-ökologischen Bank bringen und es dort als Tagesgeld oder Festgeld anlegen. Und das beileibe nicht nur zu Mickerzinsen. Zwar können GLS-Bank, Ethikbank oder Umweltbank nicht mit den Spitzenzinsen ausländischer Anbieter wie zum Beispiel aktuell der Amsterdam Trade Bank oder MoneYou mithalten, doch sie sind durchaus konkurrenzfähig. Die ethisch-ökologischen Banken verwenden die Spargroschen ihrer Kunden nicht zur Finanzierung von Atomkraftwerken und haben auch die Herstellerfirmen von einem Investment ausgeschlossen.
Tipp: Weitere ethisch-ökologische Aktienfonds, die den Atomausstieg schon geschafft haben, finden Sie in der Meldung Saubere Fonds: Investieren ohne Atomstrom.