„Die Fahrkarten, bitte!“ Dieser Ruf treibt manchem Fahrgast in Bus oder Bahn den Schweiß auf die Stirn. Und zwar nicht nur notorischen Schwarzfahrern. Auch manch ehrlicher Fahrgast fragt sich nervös: „Mensch, wo hab ich doch gleich den Fahrausweis?“ Das Auftreten mancher Kontrolleure sorgt zusätzlich für Verunsicherung. test.de sagt, wo und in welchen Fällen ein erhöhtes Beförderungsentgelt fällig wird – obwohl ein Fahrschein gekauft wurde.
Schwarzfahren soll teurer werden
Durch Schwarzfahrer entgehen den öffentlichen Nahverkehrsunternehmen jährliche Einnahmen in Höhe von 250 Millionen Euro. Der Einsatz von Kontrolleuren kostet sie zudem 100 Millionen Euro im Jahr. Aber noch ist Schwarzfahren in Deutschland „günstiger“ als in den meisten europäischen Ländern, so der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und die Verkehrspolitiker der Großen Koalition wollen deshalb, dass Schwarzfahrer künftig mehr zahlen müssen, wenn sie erwischt werden. Statt derzeit 40 Euro sollen es künftig 60 Euro sein.
Wer kein Ticket vorweisen kann, zahlt
Allerdings gibt es immer wieder Fahrgäste, die unfreiwillig schwarzfahren: Sie haben zwar ein Ticket, können es bei der Kontrolle aber nicht vorzeigen. Auch diese ehrlichen „Schwarzfahrer“ müssen zunächst das erhöhte Beförderungsentgelt von 40 Euro zahlen. Dies gilt etwa, wenn sie das Ticket zuhause vergessen haben oder es in der Aufregung nicht finden. In der Praxis gibt es jedoch von Stadt zu Stadt Unterschiede.
Monatskarte nachträglich vorlegen
Wenn der Fahrgast sein Ticket zuhause vergessen hat oder bei der Kontrolle nicht findet, kann er es in der Regel noch nachträglich im Kundenbüro des Verkehrsunternehmens vorweisen. Dies gilt aber nur, wenn der Kunde eine persönliche, nicht übertragbare Monats- oder Jahreskarte hat. Alle anderen, nicht übertragbaren Fahrausweise werden nicht anerkannt. Bei der Berliner S-Bahn kann der Kunde seine Zeitkarte innerhalb einer Woche nach der Kontrolle vorzeigen. Es gibt allerdings in der ganzen Stadt nur ein Kundenbüro, wo dies möglich ist. Statt 40 Euro zahlt der Fahrgast dann aber immerhin noch 7 Euro. Auch darf der Kunde seine Monatskarte innerhalb eines Jahres nur einmal vergessen. Bei zweiten Mal kann er nicht mehr mit „Nachsicht“ rechnen. Die Frist von einer Woche fürs „Nachreichen“ der Monatskarte gilt auch bei der Stuttgarter S-Bahn. Bei den Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB), die den ÖPNV in der Rheinmetropole betreibt, kostet es ebenfalls 7 Euro, wenn der Fahrgast die Monatskarte später doch noch vorzeigt. Allerdings hat er hier 14 Tage Zeit, um seine nicht übertragbare Zeitkarte zu präsentieren. Die Tabelle zeigt die Regelungen für sieben ausgewählte Verkehrsverbünde.
Verkehrsverbund | Frist, innerhalb deren Ticket vorgelegt werden muss (in Tagen) | Bearbeitungsgebühr (in Euro) |
Verkehrsverbund | Frist, innerhalb deren Ticket vorgelegt werden muss (in Tagen) | Bearbeitungsgebühr (in Euro) |
BVG | 7 | 7,00 |
Bogestra | 14 | 5,00 |
HVV | 7 | 2,50 |
KVB | 14 | 7,00 |
MVV | 14 | 7,00 (S-Bahn) 5,00 (alle anderen Verkehrsmittel) |
RMV | 7 | 7,00 |
VVS | 7 | 7,00 |
Ticket doch noch gefunden
Wenn der Kunde sein Ticket in der Aufregung zunächst nicht findet, es aber dann doch noch hervorkramt und dem Kontrolleur vorzeigt, ist entscheidend, ob der ihn bereits elektronisch als Schwarzfahrer gespeichert hat. Der Kontrolleur kann die Eingabe dann stornieren. Der Fahrgast sollte darauf drängen und Zeugen hinzuziehen, die bestätigen, dass er ein Ticket hat. „Wenn der Vorgang gelöscht bzw. storniert worden ist, muss der Fahrgast kein erhöhtes Beförderungsentgelt zahlen“, so KVB-Sprecher Stephan Anemueller. Die Berliner S-Bahn machte dazu auf Anfrage von test.de keine eindeutige Aussage sondern verweist auf ihre Beförderungsbedingungen. Dort steht, dass ein erhöhtes Beförderungsentgelt fällig wird, wenn der Fahrgast „den Fahrausweis auf Verlangen nicht vorzeigt oder aushändigt“.