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Ist der Käse aus Rohmilch? Enthält die Wurst Sellerie? Woher kommen die Erdbeeren? Die Antworten auf diese Fragen interessieren nicht nur Allergiker oder Schwangere, für sie sind solche Informationen aber besonders wichtig. Doch wie gut sind die Infos, die Kunden zu loser Ware bekommen? Um das herauszufinden, haben wir eine Stichprobe gemacht: Wir besuchten einen Wochenmarkt, vier Einzelhändler, einen Bio- und einen Supermarkt. Nicht immer waren die angebotenen Produkte perfekt gekennzeichnet, auf Nachfrage erhielten wir aber fast immer eine zufriedenstellende Auskunft.
Auf dem Wochenmarkt
Es ist noch kühl und wenig los an diesem Morgen im Mai auf einem Berliner Wochenmarkt. Ein Obsthändler pfeift vor sich hin, während er Kisten mit Aprikosen und Spargel auspackt. Der Duft von Räucherfisch weicht dem würzigen Geruch am Käsestand. Die Verkäuferin dort verteilt Schildchen auf den halben Laiben und kleinen Stücken. „Camembert 3,45 €/100g, Rohmilch“ steht dort, neben einem symbolisierten Kuhkopf. „Lecker, aber im Moment ess ich den vorsichtshalber nicht“, sagt eine blonde Frau mit Babybauch zu ihrer Begleiterin.
Käse aus Rohmilch
Rohmilchkäse kann Krankheitserreger wie Listerien enthalten. Für werdende Mütter ist das ein Risiko. „Probieren Sie mal die: alle ohne Rohmilch. Die können Sie unbesorgt essen“, wendet sich die Händlerin verständnisvoll an die Schwangere. Sie lässt die Frauen vier Käsesorten kosten, die ein Schild als „pasteurisiert“ ausweist. Je ein Stück Nordseekäse und Le Mâitre doré landen am Ende im Bastkorb der Frauen. Sie schlendern weiter zum Obst und Gemüse. Mal sehen, woher die Gurken kommen.
Probe aufs Exempel
Was aussieht wie der Einkaufsbummel zweier Freundinnen, ist eine verdeckte Recherche von test-Mitarbeiterinnen. Charlotte Granobs, Projektleiterin für Lebensmitteltests, und Redakteurin Swantje Waterstraat sind unterwegs, um stichprobenartig zu prüfen, wie unverpackte Lebensmittel gekennzeichnet sind. Während die Lebensmittelinformationsverordnung Verpacktes streng regelt, gelten ihre Bestimmungen für lose Ware nur teilweise. Gewisse Angaben sind aber auch hier Pflicht, etwa zu Allergenen (siehe Diese Angaben sind verpflichtend).
Informieren Anbieter korrekt?
Vier Fragen interessieren die Testkäuferinnen: Erfahren Kunden, ob Käse aus Rohmilch hergestellt wurde? Weisen Bäcker darauf hin, wenn sie statt Schokolade eine preiswertere Fettglasur verwenden? Informieren Anbieter korrekt über allergieauslösende Zutaten in Wurst? Und erfahren Kunden die Herkunft von Obst und Gemüse? Um das herauszufinden, haben die beiden Kolleginnen nicht nur am Wochenmarkt Schilder und Aushänge studiert und bei den Verkäufern nachgefragt, sondern auch bei Einzelhändlern sowie im Bio- und im Supermarkt.
Tipp: Weitere Details zu den Informationspflichten finden Sie in den Meldungen Lebensmittelkennzeichnung und Was die Info-Verordnung bringt.
Viele Aushänge helfen nicht weiter
Auf dem Markt wird es langsam voller. Touristen und Einheimische bummeln gemächlich von Stand zu Stand. Unser Duo hat bei der Wurst Halt gemacht: Für einen Kindergeburtstag braucht es Wiener Würstchen. Die dürfen aber kein Selleriesalz enthalten, ein häufiges Wurstgewürz: Einer der kleinen Gäste reagiert schon auf kleinste Mengen Sellerie mit Bauchweh.
Ist Sellerie in den Wienern?
Aha, da hängt ein Schild im Stand: „Allergene in unserer Ware“. In der Tabelle stehen links die Allergene, rechts, ob die Fleischerei sie verarbeitet hat. Als Redakteurin Waterstraat weiterliest, runzelt sie jedoch die Stirn. Neben Sellerie ist zu lesen: „Ja, z. B. in manchen Gewürzen“. Ob die Wiener Sellerie enthalten, weiß sie noch immer nicht. Es gibt noch einen weiteren Aushang: Er listet die Zutaten der einzelnen Produkte auf. Bei Wiener Würstchen steht unter anderem: Gewürze, Gewürzextrakte und Würze. Wieder erfahren die Frauen nicht, ob der Metzger das Allergen verwendet hat.
Bei der Allergenangabe hapert es oft
Jetzt hilft nur noch fragen. Die Verkäuferin ist unsicher, aber hilfsbereit: „Ich ruf mal an, nicht, dass dem Kindchen was passiert.“ Nach dem Telefonat sagt sie, dass kein Sellerie verarbeitet sei. Dann folgt ein großes Aber: „In Spuren kann es trotzdem drin sein“, betont die Frau. Und nun? „Mit solchen Aussagen schützen sich Anbieter vor Haftungsansprüchen“, sagt Anne-Katrin Wiesemann, Rechtsreferentin bei der Verbraucherzentrale Sachsen. „Lebensmittelallergikern hilft das nur leider nicht weiter.“ Und von ihnen gibt es in Deutschland immerhin 1,5 Millionen, schätzt der Deutsche Allergie- und Asthmabund.
Anbieter sollen nur tatsächlich verwendete Inhaltsstoffe angeben
Wiesemann ärgert sich zudem, dass Anbieter loser Ware oft pauschal alle Allergene auf die Inhaltsliste setzen, nur um auf der sicheren Seite zu sein. „Das ist nicht zulässig.“ Die Lebensmittelinformationsverordnung schreibt vor, nur solche Inhaltsstoffe anzugeben, die tatsächlich bei der Herstellung oder Zubereitung verwendet werden.
Info Wo Sie plastikfrei einkaufen können
Info FAQ – Ihre Rechte als Kunde
Nur der Biosupermarkt informiert gut
Bis das reibungslos klappt, wird nach Einschätzung der Expertin aber wohl noch etwas Zeit vergehen. Die Stichprobe unserer Testkäuferinnen bestätigt das. Auch da war die Kennzeichnung zu Allergenen nur einmal zufriedenstellend: Im Biosupermarkt riet ein Aushang an der Wursttheke, sich bei Fragen an die Mitarbeiter zu wenden. Die überreichten einen gut sortierten Ordner mit Infoblättern zu allen Wurstsorten, die Zutaten und Allergene auflisteten.
Lupe wäre beim Einkauf hilfreich
Unser Duo ist inzwischen im Supermarkt angekommen. An der Käsetheke reicht das Angebot von „Rostiger Ritter“ bis „Scharfer Maxx“. Der Fettgehalt steht groß auf den Schildchen am Käse. Ohne Lupe kaum zu entziffern ist jedoch die Angabe „mit Rohmilch hergestellt“. Das übersieht sogar die Verkäuferin, als sie einen Käse empfiehlt. Immerhin: Das Bewusstsein für die Rohmilchproblematik besaßen in unserer Stichprobe fast alle Händler. So vorbildlich wie auf dem Wochenmarkt war die Kennzeichnung von pasteurisiertem beziehungsweise Rohmilchkäse aber nur noch im Biosupermarkt.
Ein Besuch beim Bäcker
Nach der Käsetheke gehts zum Bäckerstand im Supermarkt. Der Einkaufsbummel hat Appetit gemacht. Jetzt was Süßes mit Schokolade! Der Donut sieht lecker aus, glänzt aber verdächtig. „Der Guß ist nie und nimmer aus Schokolade“, raunt Charlotte Granobs ihrer Kollegin zu. Laut fragt sie: „Ist das echte Schokolade?“ Die Frage scheint die Dame hinter der Theke zu überraschen: „Das ist so eine Glasur – schmeckt aber hauptsächlich wie Schokolade.“
Fettglasur ist keine Schokolade
Der Blick der Lebensmittelchemikerin sagt: „Wusst ichs doch!“ In diesem Fall hätte das Schild auf die „kakaohaltige Fettglasur“ hinweisen müssen. Stattdessen steht dort nur „Donut Dark Chocolate“. Da erwarten Verbraucher zu Recht dunkle Schokolade. Dass sie fehlt, ist ein echter Patzer. Er kam in unserer Stichprobe aber nur einmal vor. Im Bäckerladen war die Fettglasur sauber angegeben. Auf dem Markt und im Biosupermarkt waren die Mandelhörnchen laut Auskunft der Verkäufer mit echter Schokolade überzogen.
Erdbeeren und Gurke aus Deutschland
Der letzte Punkt auf der Agenda: Erdbeeren und Gurken. Wie viele Kunden schätzt auch unser Duo Lebensmittel aus der Region. Vor einem Obst- und Gemüseladen sind Äpfel, Birnen, Avocados und Trauben hübsch arrangiert. Doch woher kommen und was kosten sie? Die Schilder hat der Händler noch nicht verteilt, sie liegen neben den Limetten. Swantje Waterstraat fragt nach und erfährt: Die Erdbeeren kommen aus Baden. Im Geschäft findet sie auch Gurken aus Deutschland. Hier ist die Ware bereits vorbildlich beschildert. Auch auf dem Markt, im Bio- und Supermarkt war meist gut erkennbar, woher Obst und Gemüse kamen.
Hilfsbereite Verkäufer
Das Fazit am Ende der Tour: Viele Händler bemühen sich um eine gute Deklaration, manche müssten bei einer Prüfung durch Lebensmittelkontrolleure aber wohl mit Beanstandungen rechnen. Charlotte Granobs resümiert: „Nicht alles war perfekt gekennzeichnet, auf Nachfrage erfuhren wir aber fast immer, was wir wissen wollten. Die Verkäufer reagierten meist hilfsbereit und freundlich.“
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@Peter: Bei dieser stichprobenartigen Untersuchung lag der Fokus auf der Kennzeichnung unverpackter Lebensmittel. (PF)
Wurde denn auch überprüft , ob die Angaben stimmen?
Es gab schon umverpacktes Fleisch etc.
Die Verkäufer müsen ja auch darauf vertrauen, was Ihnen vom arbeitgeber gesagt wird.
Ich habe einfach die Befürchtung, dass das nicht kmmer stimmt.
Nach meiner Erfahrung gibt es bei unverpacktem Brot ohne Nachfragen selten eine Antwort auf diese Frage. Nur Lidl hat einen Aushang mit dieser Information.
Meine Frau ist schwanger und wir lesen stets ob ein Käse aus Rohmilch ist. Wir haben gelernt, dass Rohmilch nicht immer drauf stehen muss, auch wenn sie drin ist, etwa bei gelagertem Bergkäse. Das irritiert sehr, was soll das? Interessanterweise hilft es, die Zutaten in anderen Sprachen zu lesen...